Dass Aussperrungen tatsächlich praktiziert wurden, liegt schon längere Zeit zurück. Wenn es dazu kam, weigerten sich Arbeitgeber vorübergehend bei an sich fortbestehender arbeitsvertraglicher Verbindung zu ihren Mitarbeitern, diese zu beschäftigen und Arbeitsentgelt zu zahlen. Die für die Arbeitgeber ansonsten fortgeltenden Pflichten sollten nur teilweise und auf Zeit aufgehoben sein und nach Ende der Auseinandersetzung wieder aufleben. Man bezeichnet eine solche Aktion als eine – arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten – suspendierende Aussperrung.

Ausnahmsweise könnten Arbeitgeber aber auch das Ziel haben, die Arbeitsverhältnisse zur Druckausübung insgesamt zu beenden und so die Rechtsgrundlage ihrer Beschäftigungs- und Entgeltzahlungspflicht zu beseitigen. Auch in einem solchen Fall stellt der Arbeitgeber, der sich ja nicht aus dem Wirtschaftsleben zurückziehen will, die Wiedereinstellung der ausgesperrten Arbeitnehmer nach Kampfende in Aussicht. Er will aber in seiner Entscheidung frei sein, wen und wie viele er unter den als Verhandlungsergebnis entstandenen neuen Bedingungen wieder einstellt, und zu welchem Zeitpunkt dies geschieht. Diese seit Jahrzehnten nicht mehr praktizierte, in § 25 KSchG aber immer noch angesprochene und aus dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommene Kampfform mit erheblich stärkerer Druckausübung, bezeichnet man als lösende Aussperrung.

Ein anderes Begriffspaar knüpft an die Ziele an, um derentwillen die Aussperrung erfolgt: Die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bisher einzig praktizierte Form der Aussperrung ist die Abwehraussperrung, also eine Aussperrung in Reaktion auf einen Streik, um die Kampfforderungen der streikenden Arbeitnehmer abzuwehren. Der durch den Streik gebildete Kampfrahmen wird so erweitert. Entweder es werden weitere Beschäftigte aus dem Kampfgebiet, die bisher nicht zum (Teil-)Streik aufgerufen worden waren oder sich jedenfalls nicht an ihm beteiligt haben, in den Kampf einbezogen; oder streikende Beschäftigte werden zusätzlich ausgesperrt mit der Konsequenz, dass es jetzt nicht mehr allein in der Hand der streikleitenden Gewerkschaft liegt, durch Beendigung des Streiks die Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Man spricht dagegen von einer Angriffsaussperrung, wenn der oder die Arbeitgeber in einem Tarifgebiet den Arbeitskampf eröffnen und dabei ein eigenes kollektivvertragliches Regelungsziel verfolgen.[1] Auf diese Weise könnten theoretisch die bisherigen tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen grundlegend geändert und für die Arbeitnehmerseite verschlechtert werden. Man hat es zeitweise für möglich gehalten, dass es zu Angriffsaussperrung kommt, wenn der Gesetzgeber bestimmte, für die Arbeitgeber relativ einschneidende gesetzliche Arbeitsbedingungen schafft, sie aber unter einen Tarifvorbehalt stellt. Als der Gesetzgeber, wie etwa im Arbeitnehmerüberlassungsrecht in Tarifverträgen Verschlechterungen des gerade gesetzlich eingeführten Niveaus zulasten der Arbeitnehmer zuließ, erschien es denkbar, dass die hiervon betroffenen Arbeitgeber mit Hilfe von ihnen ausgehender Kampfmaßnahmen, also Angriffsaussperrungen, versuchen würden, derartige tarifvertragliche Erleichterungen durchzusetzen. Dazu ist es indes nicht gekommen. Das Institut der Angriffsaussperrung ist unverändert und bis auf Weiteres nur von theoretischem Interesse.

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