Es ist wichtig, ein Zielbild für die agile Organisation zu entwickeln. Wie weit soll es gehen mit der Agilität? Wie soll die Agilität aussehen? Welche agilen Prinzipien sind für die Organisation besonders wichtig? Wie stellen wir uns die Ausprägung in den 6 Dimensionen der agilen Transformation für unser Unternehmen vor? Wie sieht unser Zielbild für eine agile Organisation zum Beispiel strukturell oder kulturell aus? Wie ist unser Führungsverständnis?

Ein griffiges Zielbild fällt selten einfach vom Himmel. In der Regel bedeutet es harte Arbeit und längere, teils über Monate reichende kontinuierliche Weiterentwicklung, bis ein Zielbild entstanden ist, das

  • emotional,
  • bildlich vorstellbar,
  • für jeden verständlich,
  • spezifisch für die Organisation,
  • orientierend über das, was getan, aber vor allem auch nicht (mehr) getan werden soll und
  • prägnant in wenigen Zeilen zusammengefasst ist.

Warum ist ein Zielbild so wichtig? Ein besonderes Prinzip von Agilität ist die Selbstorganisation. Die Führungskraft gibt also die Aufgabe, zu sagen, wer was wann und wie zu tun hat, an die Mitarbeiter ab. Doch wer sagt mir nun, was ich wann und wie zu tun habe? Wie kann ich Entscheidungen treffen, ob ich rechts herum oder links herum gehe? Diese wichtige Funktion übernimmt neben der Kultur zukünftig das Zielbild. Daher ist es so wichtig, dass es die oben genannten Kriterien erfüllt. Nur so kann man sich als Teil der Organisation damit identifizieren und seine Entscheidungen danach treffen.

Gleichzeitig ist das Zielbild sinngebend. Menschen sind, anders als die klassische Managementliteratur behauptet, nicht nur Nutzenmaximierer. Wir sind vor allem Sinnmaximierer[2]. D. h., man ist nur bereit, sich für eine Sache zu engagieren, wenn man sich damit identifizieren kann und einen Sinn darin sieht. Aber dann ist man auch bereit, sich mit seinen ganzen Fähigkeiten und seinem ganzen Engagement einzubringen. Und genau darum geht es in einer Transformation: die Mitarbeiter im Unternehmen für die Transformation zu gewinnen.

Oft lautet die Frage, wer dieses agile Zielbild definieren sollte. Und wie es bei so vielen Dingen rund um das Thema Agilität ist, ist auch diese Frage komplex und daher nicht eindeutig zu beantworten. Es gibt gute Argumente, die besagen, dass das Zielbild von der Spitze der Organisation kommen muss. So werde dadurch z. B. das Commitment des Top Managements zum Transformationsprozess symbolisiert oder es stelle sicher, dass das Zielbild radikal genug ist. Man kann auch einfach der Meinung sein, dass es die Aufgabe des Top Managements ist usw.

Es gibt genauso Belege dafür, dass die Identifikation mit einem Zielbild besser ist, wenn dieses von der Belegschaft selbst formuliert wird – und wir kennen auch Beispiele, in denen das Zielbild bottom-up entwickelt wurde. Gleichzeitig gibt es Erfahrungen, die zeigen, dass die gemeinschaftliche Ausarbeitung mit der Belegschaft auf ganzer Linie scheitern kann, weil viele Mitarbeiter noch gar kein Wissen über Agilität haben, geschweige denn Erfahrung, um sich zielführend beteiligen zu können. Insofern können wir hier keine pauschale Empfehlung aussprechen, sondern nur empfehlen, auf Größe, Reifegrad, Kultur, Commitment des Top Managements usw. zu schauen, um dann ein erstes Experiment zur Formulierung des Zielbilds zu wagen. Auch dieses kann dann iterativ weiterentwickelt werden.

Häufig ist es hilfreich, die Formulierung des agilen Zielbilds sehr früh im Transformationsprozess anzugehen, um daraus erste Ideen für Maßnahmen zu entwickeln und die richtigen Prioritäten setzen zu können.

[2] Vgl. Pink, Daniel H. (2010): Drive. The surprising truth about what motivates us. Canongate Books, Edinburgh.

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