bAV: Späteheklauseln in der Hinterbliebenenversorgung

Das BAG hat zuletzt mehrfach zu Einschränkungen bei der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung – insbesondere durch Späteheklauseln – entschieden. Unser Autor Thomas Frank beleuchtet in seinem Überblick, mit welchen Klauseln der Arbeitgeber die Leistungspflicht wirksam ausschließen kann. 

Der Arbeitgeber übernimmt durch Versorgungsleistungen an Witwen und Witwer ein unbekanntes finanzielles Risiko. Schließlich ist ihm – und möglicherweise sogar dem Mitarbeiter – in dem Zeitpunkt, zu dem die Zusage auf betriebliche Altersversorgung (bAV) erteilt wird, die abgesicherte Person unbekannt. Daher werden Witwen- oder Witwerrenten regelmäßig nur unter bestimmten Voraussetzungen gezahlt. 

Arbeitgeber dürfen Leistungspflicht gegenüber Ehepartnern beschränken

Entsprechende Klauseln sind weit verbreitet, denn sie werden in Direktzusagen, die nach wie vor den bedeutendsten Durchführungsweg darstellen, verwendet. In einer Direktzusage verpflichtet sich der Arbeitgeber, die Versorgungsleistung bei Fälligkeit unmittelbar an den Versorgungsberechtigten zu zahlen, ohne Einschaltung eines Dritten wie zum Beispiel das Versicherungsunternehmen oder eine Pensionskasse. Daher sollen die Klauseln die Leistungspflicht des Arbeitgebers gegenüber Witwen und Witwern beschränken, was im Grundsatz vom Bundesarbeitsgericht (BAG) anerkannt wird. Versorgungszusagen, die durch Versicherungsverträge finanziert werden, sehen solche Einschränkungen dagegen meist nicht vor. Dort hat der Versicherer die Risikokalkulation in seinem Tarif bereits berücksichtigt.

Allein im ersten Halbjahr 2019 hat sich das BAG nun in sechs Urteilen mit entsprechenden Klauseln auseinandergesetzt. Dies soll Anlass sein, um einen Überblick zu geben, welche Leistungseinschränkungen durchsetzbar sind.

Späteheklauseln: Viele verstoßen nicht gegen das AGG

Weit verbreitet in Versorgungsordnungen oder in individuellen Pensionszusagen sind sogenannte Spätehenklauseln. Diese schließen Leistungen an Witwen oder Witwer aus, wenn der Arbeitnehmer erst in einer späten Lebensphase die Ehe eingeht. Das BAG hat zuletzt viele solcher Klauseln als wirksam bestätigt und eine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters abgelehnt. Ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) lag nicht vor.

Es ist zulässig, eine Witwen- oder Witwerrente auszuschließen für den Fall, dass:

  • die Ehe erst nach Eintritt des Versorgungsfalls (also nach Beginn des Ruhestands des Mitarbeiters) geschlossen wird (BAG, Urteil vom 15.10.2013, Az. 3 AZR 707/11 und 3 AZR 294/11),
  • die Ehe erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird (BAG, Urteil vom 15.10.2013, Az. 3 AZR 653/11),
  • die Ehe erst nach Vollendung des 62. Lebensjahrs geschlossen wird und die Vollendung des 62. Lebensjahres die maßgebliche Altersgrenze ist, zu der die Zahlung der Altersrente nach der Versorgungsordnung beginnen sollte (BAG, Urteil vom 22.1.2019, Az. 3 AZR 560/17 und 3 AZR 293/17),
  • die Ehe erst nach Vollendung des 65. Lebensjahrs geschlossen wird, was zugleich die Altersgrenze nach der Versorgungsordnung ist (BAG, Urteil vom 14.11.2017, Az. 3 AZR 781/16).

Feste Altersgrenze muss angemessen sein

Das BAG erkennt das Interesse des Arbeitgebers an, seine Leistungspflicht zu begrenzen. Es fordert aber, dass Spätehenklauseln dafür angemessen und erforderlich sind. Die Angemessenheit ist gewahrt, wenn die maßgebliche Altersgrenze an "betriebsrentenrechtliche Strukturprinzipien" anknüpft, etwa wenn für die Spätehenklausel die in der Versorgungsordnung vorgesehene feste Altersgrenze maßgeblich ist. Denn das Erreichen der festen Altersgrenze nach der Versorgungsordnung stellt eine Zäsur dar. Daher darf der Arbeitgeber auf diesen Zeitpunkt abstellen, um Risiko und Aufwand aus der Versorgungszusage zu begrenzen. Er ist berechtigt, die Lebensgestaltung des Arbeitnehmers in der Zeit danach bei der Abgrenzung seiner Leistungspflichten unberücksichtigt zu lassen.

Wann Altersgrenzen unzulässig sind

Entsprechend kann eine Spätehenklausel auch an die Regelaltersgrenze anknüpfen. Jedoch ist nicht willkürlich jede Altersgrenze für den Ausschluss einer Witwen- oder Witwerrente zulässig. Die Wahl der Altersgrenze von 62 Jahre (BAG, Urteil vom 18.2.2019, Az. 3 AZR 215/18) oder etwa von 63 Jahre für Männer und 60 Jahre für Frauen (BAG, Urteil vom 19.2.2019, Az. 3 AZR 198/18 und
3 AZR 219/18) ist unzulässig, wenn dies nicht zugleich die Altersgrenze für die Betriebsrente gemäß der Versorgungsordnung ist.

Eine wirksame Spätehenklausel ist im Übrigen auch gegenüber einem eingetragenen Lebenspartner durchsetzbar, selbst wenn es diesem gesetzlich nicht möglich war, eine Lebenspartnerschaft früher einzugehen (BAG, Urteil vom 15.9.2009, Az. 3 AZR 797/08). Denn durch das Lebenspartnerschaftsgesetz erfolgte keine rückwirkende Gleichstellung mit der Ehe.

Altersabstand, Mindestehedauer, zweiter Ehepartner...

Ein Ausschluss der Witwen-oder Witwerrente ist zudem üblich, wenn der Altersabstand der Eheleute ungewöhnlich groß ist. Kritischer sieht das BAG die Forderung nach einer Mindestdauer der Ehe. Die Zusage einer Witwen-oder Witwenrente darf nach BAG-Auffassung nicht auf den Partner beschränkt werden, der im Zeitpunkt der Zusage mit dem Arbeitnehmer verheiratet ist.


Den ungekürzten Beitrag und mehr dazu, unter welchen Voraussetzungen Altersabstands- oder Mindesteheklauseln in der Hinterbliebenenversorgung zulässig sind, lesen Sie im Personalmagazin 10/2019. Lesen Sie die gesamte Ausgabe auch in der Personalmagazin-App