LAG Sachsen, Urteil vom 8.9.2023, 2 Sa 197/22

Wenn eine Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber vor Erstellung eines Schichtplans mitteilt, dass aufgrund einer anstehenden Operation für einen bestimmten Zeitraum eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zu erwarten ist und plant der Arbeitgeber den Arbeitnehmer deshalb für diesen Zeitraum nicht mit Schichten ein, kann dies unbillig sein. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob und inwieweit ohne die Mitteilung eine Einplanung zu erwarten war.

Sachverhalt

Die Klägerin, die auf dem Gebiet der ambulanten Pflege und Betreuung tätig ist, arbeitet bei der Beklagten im Schichtdienst. Die Schichten richten sich insb. nach dem mit dem Betriebsrat abgestimmten Dienstplan. Für die monatliche Grundvergütung von 1.901 EUR legte die Beklagte ein monatliches Stundensoll von 173,17 Stunden zugrunde. Die Klägerin hatte der Beklagten – noch vor Erstellung des Dienstplanes – mitgeteilt, dass aufgrund einer anstehenden Zahnoperation eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 20. bis 26.5.2021 zu erwarten ist. Die Zeiten wurden deshalb im Dienstplan mit dem Eintrag "wunschfrei" vermerkt. Die Klägerin war dann über den ursprünglich angegebenen Zeitraum hinaus auch am 27.5.2021 und 28.5.2021 arbeitsunfähig erkrankt. Für diese beiden Tage erhielt die Klägerin Entgeltfortzahlung, nicht hingegen für die Tage davor.

Sie verlangte nun von der Beklagten, später dann klageweise, Entgeltfortzahlung für 40 Stunden oder eine Gutschrift auf ihr Arbeitszeitkonto.

Die Entscheidung

Die Klage hatte vor dem LAG teilweise Erfolg.

Das Gericht urteilte zunächst, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe; denn dieser Anspruch bestehe nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung war. Im vorliegenden Fall sei die Erbringung der Arbeitsleistung jedoch wegen des Dienstplans nicht nötig gewesen.

Die Klägerin hat nach Auffassung des Gerichts aber einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, da dieser den Dienstplan im Monat Mai 2021 nicht nach billigem Ermessen erstellt hatte und hierdurch der Klägerin ein Schaden entstanden war. Begründet hat das LAG dies damit, dass durch die Nichteinteilung der Klägerin ihr die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entgangen sei, welche ihr bei pflichtgemäßer Ausübung des Weisungsrechts und entsprechender Einteilung im Dienstplan zugestanden hätte; denn vorliegend hatte die Beklagte die Klägerin nur wegen ihrer angekündigten Arbeitsunfähigkeit nicht eingeplant. Auch wenn Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine bestimmte Planung hätten, so das Gericht, sei vorliegend die bisherige Handhabung, die Klägerin im Durchschnitt an drei Tagen pro Woche einzusetzen, zu berücksichtigen. Hier hatte die Beklagte jedoch bei der Dienstplanerstellung allein seine eigenen betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen verfolgt. Insbesondere sei auch zu beachten, dass der Klägerin ihr Entgeltfortzahlungsanspruch entgangen war, weil sie ihre Ausfallzeit (im Interesse des Arbeitgebers) vorab mitgeteilt hatte. Dies widerspreche jedoch dem Rechtsgedanken des § 612a BGB, so dass die unterbliebene Einsatzplanung unbillig war.

Folge davon sei, dass die Klägerin im Wege des Schadensersatzanspruches so zu stellen ist, als wäre das Leistungsbestimmungsrecht nach billigem Ermessen ausgeübt worden. Und hier hätte die Beklagte die Klägerin in der fraglichen Zeit mit drei und nicht mit nur einer Schicht eingeplant.

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