1 Einführung

Bereits am 31.7.2019 trat die "Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union" in Kraft. Ziel der Arbeitsbedingungenrichtlinie 2019/1152/EU ist

  • die Erweiterung der bereits in der Nachweisrichtlinie vorgesehenen Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung über die wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses (sog. Nachweispflichten),
  • die Festlegung von Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen in Bezug auf die Höchstdauer einer Probezeit, Mehrfachbeschäftigung, Mindestvorhersehbarkeit der Arbeit, Ersuchen um einen Übergang zu einer anderen Arbeitsform sowie Pflichtfortbildungen,
  • die Einführung sog. horizontaler Bestimmungen zur Durchsetzung der vorgenannten Bestimmungen.

Mit der Richtline soll somit der Katalog der arbeitgeberseitigen Unterrichtungspflichten erweitert, materielle Arbeitnehmerschutzvorschriften implementiert und die Durchsetzbarkeit der Transparenzanforderungen gestärkt werden.

Die Richtline sieht eine Frist zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben in nationales Recht bis zum 31.7.2022 vor.

Zur Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie legte die Bundesregierung am 6.4.2022 einen Regierungsentwurf vor, der insbesondere das Nachweisgesetz (NachwG), jedoch auch weitere Gesetze wie das Berufsbildungsgesetz (BBiG), das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sowie das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) – die Aufzählung ist nicht abschließend – betrifft. Der Bundestag hat am 23.6.2022 in 2. und 3. Lesung das "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts und zur Übertragung von Aufgaben an die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau" verabschiedet (nachfolgend verkürzt bezeichnet mit "Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen"). Es handelt sich um ein sog. Einspruchsgesetz. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 8.7.2022 keinen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gestellt, das Gesetz also passieren lassen.

 
Wichtig

Die für die Praxis wichtigen Änderungen im Nachweisgesetz, im Teilzeit- und Befristungsrecht und in weiteren Gesetzen treten bereits zum 1.8.2022 in Kraft.

2 Änderung des Nachweisgesetzes

2.1 Erhebliche Ausweitung der nachzuweisenden Arbeitsbedingungen

2.1.1 Überblick über die Änderungen im NachwG

Das "Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen" bringt wesentliche Änderungen im NachwG.

Das NachwG spielte in der bisherigen arbeitsrechtlichen Praxis eine untergeordnete Rolle. Meist wurden die wesentlichen Arbeitsbedingungen in den Arbeitsvertrag aufgenommen (§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 NachwG in der Fassung bis 31.7.2022). Zudem sah das NachwG bisher keine unmittelbaren Sanktionen bei einem Verstoß vor.

Ab dem 1.8.2022 dürfte dem Nachweisgesetz aufgrund der erheblichen Ausweitung der nachzuweisenden Arbeitsbedingungen, der Verkürzung der Nachweisfristen und der im Gesetz enthaltenen Sanktionen in der betrieblichen Praxis eine bedeutsamere Rolle zukommen.

§ 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG bestimmt:

"Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen."

Die nachfolgende Übersicht gibt anhand des (sprachlich verkürzten) Gesetzestextes einen Überblick über die geänderten sowie die neu aufgenommenen Arbeitsbedingungen, über welche zu unterrichten ist. Die Änderungen sind kursiv gedruckt und durch Unterstreichungen hervorgehoben.

Übersicht über die Änderungen in § 2 NachwG

 
Nr.  Nachweispflicht Möglichkeit der Ersetzung durch Hinweis auf
1. der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,  
2. der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,  
3. bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oderdie vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,  
4. der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählenkann,  
5. eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,  
6. sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit, TV, BV/DV, AVR
7. die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden,der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts,die jeweils getrennt anzugeben sind,und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung, TV, BV/DV, AVR
8. die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen TV, BV/DV, AVR
9. bei Arbeit auf Abruf … die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, d...

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