§ 2 Abs. 2 MiLoG trifft eine Sonderregelung für Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet werden. Bei derartigen Mehrarbeitsstunden kann die Fälligkeit des Mindestlohns unter bestimmten Voraussetzungen durch Einrichtung eines MiLoG-Arbeitszeitkontos um 12 Monate hinausgeschoben werden.

 
Hinweis

Diese besondere gesetzliche Fälligkeitsregelung für über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehende Arbeitsstunden hat nur Bedeutung für die Fälle, bei denen nicht bereits mit dem verstetigten Arbeitsentgelt für sämtliche geleisteten Arbeitsstunden einschließlich Mehrarbeits- und Überstunden usw. der gesetzlich geschuldete Mindestlohn erbracht wird. Nur in diesem Fall wird die Fälligkeitsregelung des § 24 Abs. 1 Satz 4 TVöD durch die Fälligkeitsregelung des MiLoG verdrängt.

Als verstetigtes Arbeitsentgelt bezeichnet man das Monatsentgelt auf der Basis einer vorgegebenen Stundenzahl unabhängig von der Anzahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die vorgegebene Stundenzahl auf dem anzuwendenden Tarifvertrag beruht (wie z. B. die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gem. § 6 Abs. 1 TVöD, § 8 Abs. 1 TV-V) oder ob sie sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt (wie z. B. bei einer Teilzeitbeschäftigung).

Bei der Prüfung, ob durch das verstetigte Monatsentgelt der Mindestlohn eingehalten wird, ist die Anzahl der tatsächlich in dem Kalendermonat geleisteten Arbeitsstunden mit dem jeweiligen Mindestlohn zu multiplizieren. Ist die Summe des in diesem Kalendermonat bezahlten verstetigten Entgelts mindestens genauso hoch, bleibt es bei der tariflichen Fälligkeitsregelung.

Alternative Berechnung: das verstetigte Monatsentgelt ist durch die Anzahl der in diesem Monat konkret geleisteten Arbeitsstunden zu dividieren. Der sich ergebende Stundenlohn muss mindestens den aktuell gültigen Mindestlohn betragen.

 

Beispiel

Vollbeschäftigter mit Überstunden (Tabellenwerte 1.3.2024)

Ein Vollzeitbeschäftigter leistet im Monat Oktober 2024 dienstplanmäßig 154 Arbeitsstunden sowie 9 Überstunden. Zur Prüfung, ob mit dem verstetigten Arbeitsentgelt auch für die Überstunden der Mindestlohn erreicht wird, ist die Anzahl der Stunden mit 12,41 EUR zu multiplizieren. Dies ergibt einen Mindestlohn von 2.022,83 EUR. (Andere Berechnung: das verstetigte Arbeitsentgelt des Monats Oktober 2024 durch 163 geleistete Arbeitsstunden zu dividieren.)

Da das verstetigte Grundgehalt in EG 1 Stufe 2 2.355,52 EUR beträgt, würde in diesem Beipiel unter Zugrundelegung von 163 Stunden das verstetigte Monatsentgelt über dem Mindestlohn liegen.

Gegenbeispiel TVöD:

Würde der Beschäftigte jedoch aufgrund von Arbeitsspitzen 192 Stunden/Monat arbeiten müssen, dann wäre der Mindestlohn- sollte nur das verstetigte Monatsentgelt ausbezahlt werden – unterschritten (192 Stunden x 12,41 = 2.382,72 EUR).

Zu den Lösungsansätzen s. unten.

Gegenbeispiel TV-L: teilt man jedoch das Entgelt der EG 1 Stufe 2 durch die regelmäßige Arbeitszeit/Monat wäre der Mindestlohn unterschritten:

Beispiel: Beschäftigter in Hamburg mit einer 39 Stunden -Woche

2.094,49 EUR: 169,57 (39 Stunden pro Woche x 4,348 (§ 24 Abs. 3 Satz 3 TV-L) ergibt 12,35 EUR.

In diesem Fall wäre das Tabellenentgelt auf den Mindestlohn aufzustocken.

Allgemeingültige Aussagen, wann auch bei Ableistung von Mehrarbeits- oder Überstunden der Mindestlohn durch das verstetigte Arbeitsentgelt abgegolten wird, lassen sich nicht treffen.

Wenn wie in der Abwandlung mit dem verstetigten Arbeitsentgelt der Mindestlohn nicht erreicht wird, stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist. Der Arbeitgeber hat nun 2 Optionen:

  • Zahlung des Mindestlohnes spätestens am letzten Bankarbeitstag des nächsten Monats oder
  • Einrichtung eines Arbeitszeitkontos nach § 2 Abs. 2 MiLoG.

Entscheidet er sich für die 1. Option, sind die geleisteten Mehrarbeits- bzw. Überstunden usw. nur in dem Umfang mit dem Mindestlohn von aktuell 12,41 EUR je Zeitstunde vorgezogen abzugelten, bis mittels des verstetigten Arbeitsentgelts die Mindestlohngrenze wieder erreicht oder überschritten ist.

Dem Arbeitgeber steht es allerdings auch frei, um eine Aufteilung der abzugeltenden Mehrarbeits- oder Überstunden in eine "Vorfälligkeitszahlung" entsprechend des MiLoG und in eine weitere Zahlung entsprechend der tariflichen bzw. betrieblichen Fälligkeitsregelung zu vermeiden, diese über die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden insgesamt nach der Fälligkeitsregelung des MiLoG auszuzahlen.

Die 2. Option ist die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos nach § 2 Abs. 2 MiLoG.

§ 2 Abs. 2 MiLoG regelt abweichend von der in Abs. 1 geregelten Fälligkeit des Mindestlohns, dass bei verstetigten Arbeitseinkommen die Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet worden sind, auf ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden können. In diesem Fall muss eine geleistete Arbeitsstunde nicht zum in Abs. 1 geregelten Fälligkeitstermin mit dem Mindestlohn vergütet w...

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