Zusammenfassung

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), § 26 Erholungsurlaub, Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit

HIER Folgerungen aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), insbesondere die Rechtssachen Schultz-Hoff, KHS und Dominguez sowie Erläuterungen zur aktuellen europarechtskonformen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

BEZUG Mein Rundschreiben vom 31. Mai 2012, Az.: D 5 - 220 210-2/26 - (lange Fassung)

A Vorbemerkung

Mit Bezugsrundschreiben wurden Durchführungshinweise gegeben, wie in Fällen fortdauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), die im Anschluss an die Grundsatzentscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in den Rechtssachen "Schultz-Hoff" und "KHS" zur Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben ergangen ist, urlaubsrechtlich zu verfahren ist. In der Zwischenzeit hat das BAG seine neue Rechtsprechung zur Übertragung und Abgeltung von Urlaubsansprüchen in einer Vielzahl weiterer grundlegender Entscheidungen weiterentwickelt und präzisiert. Das Bezugsrundschreiben vom 31. Mai 2012 ist in Teilaspekten deshalb bereits wieder überholt und wird aufgehoben. Das vorliegende Rundschreiben verfolgt das Ziel, die aktuelle Rechtslage im Urlaubsrecht zusammenfassend darzustellen. Die neue Rechtsprechung des BAG ist eingearbeitet und die Durchführungshinweise sind entsprechend ergänzt bzw. berichtigt worden. Die aktualisierte Neufassung ersetzt somit das Bezugsrundschreiben vollständig. Dabei gilt unverändert, dass im Urlaubsrecht mit weiteren Änderungen zu rechnen ist. Auch zum jetzigen Zeitpunkt liegt noch nicht zu allen Folgefragen, die sich aufgrund der verbindlichen Auslegung der unionsrechtlichen Vorgaben durch den EuGH ergeben, höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Es ist somit absehbar, dass die Entwicklung des seit der Schultz-Hoff-Entscheidung in Bewegung geratenen deutschen Urlaubsrechts noch nicht abgeschlossen ist.

Die Weiterentwicklung der urlaubsrechtlichen Rechtsprechung, die sich seit der letzten Aktualisierung der Durchführungshinweise vollzogen hat, betrifft im Wesentlichen die Regelungen zur Abgeltung und zum Verfall von tariflichen Mehrurlaubsansprüchen sowie die Höchstbegrenzung des Übertragungszeitraumes für den gesetzlichen Mindesturlaub. Hervorzuheben sind insbesondere folgende Entscheidungen des BAG, die in den Abschnitten D und E genauer erläutert werden:

  • Abgeltung tariflicher Mehrurlaubsansprüche richtet sich auch nach der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 4 BUrlG (BAG vom 22. Mai 2012 - 9 AZR 618/10 -). Der Anspruch auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs ist nicht davon anhängig, ob der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsfähig ist oder seine Arbeitsfähigkeit bis zum Ende des tariflichen Übertragungszeitraums wieder erlangt.
  • Urlaubsabgeltung entsteht auch bei Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers als reiner Geldanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses - vollständige Aufgabe der Surrogatstheorie (BAG vom 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 -). Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubsanspruchs setzt nicht mehr die Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem fiktiv fortbestehenden Arbeitsverhältnis voraus.
  • Verfall gesetzlicher Mindesturlaubsansprüche bei fortdauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf eines verlängerten Übertragungszeitraums von längstens fünfzehn Monaten. § 7 Abs. 3 BUrlG wird im Anschluss an die KHS-Entscheidung des EuGH nunmehr im Wege der unionsrechtskonformen Auslegung unmittelbar ausgelegt (BAG vom 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 -).
  • Urlaubsansprüche im ruhenden Arbeitsverhältnis aufgrund des Bezugs einer zeitlich befristeten Erwerbsminderungsrente, der eine Erkrankung zugrunde liegt (ebenfalls BAG vom 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 -). Die Kürzungsvorschrift des § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD findet in diesen Fällen nur auf den tariflichen Mehrurlaub Anwendung.
  • Anspruchskonkurrenz zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub. Unterscheidet eine Regelung in Bezug auf den Umfang des Urlaubsanspruchs nicht zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub, werden mit der Freistellung des Arbeitnehmers auch ohne Tilgungsbestimmung beide Ansprüche ganz oder teilweise erfüllt (BAG vom 7. August 2012 - 9 AZR 760/10 -).

B Vorabentscheidungen des EuGH zum Erhalt des nach Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie unionsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf bezahlten Mindesturlaub in Fällen einer fortdauernden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit

Die Vorabentscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 in den verbundenen Rechtssachen - C-350/06 - (Schultz-Hoff) und C-520/06 (Stringer) – (im Folgenden: "Schultz-Hoff") hatte tiefgreifende Folgen für das deutsche Urlaubsrecht. Der EuGH hat darin u. a. auf Grundlage der ihm vom LAG Düsseldorf vorgelegten Auslegungsfragen die Bestimmungen des Unionsrechts zum bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Art 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9) – (im Folgenden: "Arbeitszeitrichtlinie") - anhand von abstrakten Rechtssätzen präzisiert. ...

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