Arbeitskampfmaßnahmen müssen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Zunächst rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahmen können rechtswidrig werden, wenn Art und Umfang der Maßnahmen dazu führen, dass die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, die für eine rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahme maßgebend sind.

Sympathie-, Solidaritäts- oder Unterstützungsstreiks zur Durchsetzung der im Hauptarbeitskampf verfolgten Forderungen sind nach neuerer Rechtsprechung des BAG nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil der mit diesem Streik überzogene Arbeitgeber selbst nicht in der Lage ist, die Hauptforderung zu erfüllen. Die Zulässigkeit eines Sympathie-, Solidaritäts- oder Unterstützungsstreiks ist im Einzelfall nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen (vgl. BAG vom 19.6.2007, 1 AZR 396/06 = AP Nr. 173 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Entsprechende Streikmaßnahmen sind rechtswidrig, wenn sie unangemessen sind oder zur Unterstützung der Erreichung des mit dem Hauptarbeitskampf verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet oder nicht erforderlich sind. Anhaltspunkte für einen unangemessenen Unterstützungsstreik können neben der Dauer und dem Umfang der Maßnahmen z. B. auch die Rechtmäßigkeit des Hauptarbeitskampfes oder auch die Neutralität des betroffenen Arbeitgebers sowie dessen Nähe und Bezug zum Hauptarbeitskampf sein.

Bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Arbeitskampfmaßnahme, sollte zur Klärung dieser Frage, weil sie für die Rechtsfolgen und die zu treffenden Abwehrmaßnahmen von Bedeutung ist, Verbindung mit der vorgesetzten Behörde aufgenommen werden.

Mit dem Urteil vom 26.7.2016, 1 AZR 160/14 - hatte das BAG die Rechtswidrigkeit eines Streiks der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) festgestellt und auf Schadensersatzanspruch für die Betreibergesellschaft des Flughafens erkannt. Das Kampfziel des Streiks war zum Teil auf die Durchsetzung von Forderungen gerichtet, die noch nicht kündbar waren und die damit der tarifvertraglichen Friedenspflicht unterlagen. Das Gericht hat nicht zwischen Haupt- und Nebenforderungen der streikenden Gewerkschaft unterschieden, wie dies bislang von einem Teil der Literatur geschehen ist. Nach Auffassung des BAG war der Streik als einheitliche und unteilbare Handlung zu beurteilen. Damit macht bereits eine einzige unzulässige Tarifforderung aus dem Forderungspaket den gesamten Arbeitskampf rechtswidrig. Ein Abrücken der Gewerkschaft von der unzulässigen Forderung nach Beginn des Streiks ließ dessen Rechtswidrigkeit nicht rückwirkend entfallen.

Die eigenmächtige Benutzung von Räumlichkeiten und Gegenständen (z. B. Fahrzeuge und Geräte) des Arbeitgebers im Zusammenhang mit Arbeitskampfmaßnahmen ist rechtswidrig und daher unzulässig. Die eigenmächtige Benutzung von Kraftfahrzeugen des Arbeitgebers stellt sich darüber hinaus als unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen im Sinne von § 248 b des Strafgesetzbuches (StGB) dar (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil v. 24.1.1990,12 Sa 1169/89 -). Rechtswidrig sind Streikausschreitungen, z. B. die Blockade der Zugangs-/Zufahrtswege bzw. Abgangs-/Abfahrtswege durch Menschenketten, Fahrzeuge usw., die Behinderung von arbeitswilligen Beschäftigten oder Besuchern sowie tätliche Übergriffe oder Angriffe auf arbeitswillige Beschäftigte oder Besucher (z. B. Körperverletzungen oder Beleidigungen) und die Beschädigungen von betrieblichen Einrichtungen (vgl. BAG, Urteil v. 21.6.1988, 1 AZR 651/86 = AP Nr. 108 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, ZTR 1988 S. 464 - und v. 8.11.1988, 1 AZR 417/86 = AP Nr. 111 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, ZTR 1989 S. 276). Derartige Handlungen führen jedoch nicht zu einer Rechtswidrigkeit des Streiks insgesamt, sondern können allenfalls Schadensersatzansprüche und Unterlassungsansprüche wegen der Einzelmaßnahmen begründen.

Der Zutritt eines Gewerkschaftsbeauftragten zum Zwecke des Streikaufrufs ist nur ausnahmsweise zu gestatten, da es sich um eine gegen den Arbeitgeber gerichtete Kampfhandlung im Arbeitskampf handelt. Der Arbeitgeber kann nicht verpflichtet werden, solche gegen ihn gerichtete Handlungen durch die Gewährung von Zutritt zu unterstützen. Dies gilt insbesondere für betriebsfremde Gewerkschaftsbeauftragte, die den Betrieb aufsuchen, um dort für den Streik zu werben, diesen zu organisieren oder um arbeitswillige Beschäftigte zur Streikteilnahme aufzufordern (vgl. LAG Hamm vom 23. April 1997 - 18 Sa 164/97 = LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 66).

In seinem Urteil vom 22. September 2009 - 1 AZR 972/08 - hat das BAG festgestellt, dass eine Gewerkschaft im Rahmen eines Arbeitskampfes auch zu einer sogenannten "Flashmob-Aktion" aufrufen kann. Dabei werden in Form kurzfristiger und überraschender Aktionen betriebliche Abläufe gestört. Im entschiedenen Fall wurden u.a. durch das Blockieren des Kassenbereichs durch gleichzeitiges Kaufen von Cent-Artikeln durch mehrere Menschen die Abläufe in einer Einzelhandelsfiliale gezielt gestört. Eine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen.

Wegen der Folgen...

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