Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer sexuellen Belästigung hat die Arbeitgeberin vor Ausspruch einer Kündigung nach allgemeinen kündigungsrechtlichen Grundsätzen und § 4 Ziffer 1 BeschäftigtenschutzG zu prüfen, ob als mildere Maßnahme der Ausspruch einer Abmahnung in Frage kommt.

2. Eine (echte) Druckkündigung setzt voraus, dass sich die Arbeitgeberin schützend vor den Arbeitnehmer stellt, dessen Entlassung verlangt wird. Dieses ist der Arbeitgeberin auch dann zuzumuten, wenn der Arbeitnehmer eine sexuelle Belästigung begangen haben soll.

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2004 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Koch/Griller zu beschäftigen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert beträgt Euro 5.600,–.

Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt mit der Klage die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung und Beschäftigung.

Der verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist 37 Jahre alt und seit dem 4. April 2001 bei der Beklagten zu einem durchschnittlichen Monatsentgelt von zuletzt EUR 1400,– brutto als Koch/Griller beschäftigt. Mit dem Kläger am 4. Mai 2004 zugegangenem Schreiben vom 3. Mai 2004, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K 1 zur Klagschrift (Bl. 4 d.A.) verwiesen wird, erklärte die Beklagte eine fristlose Kündigung, die hilfsweise zum 30. Juni 2003 wirken sollte.

Der Kläger war ausschließlich in dem Restaurant der Beklagten am M. in H. beschäftigt, in dem regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tätig sind.

Die Beklagte hatte gegenüber dem Kläger bereits mit Schreiben vom 10. September 2003 und 22. September 2003 fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigungen und mit Schreiben vom 7. Oktober 2003 eine fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt. In dem Verfahren 18 Ca 195/03 stellte das Arbeitsgericht Hamburg die Unwirksamkeit dieser Kündigungen fest. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde vom Landesarbeitsgericht Hamburg mit Urteil vom 4. November 2004 ohne Zulassung der Revision zurückgewiesen. Über eine von der Beklagten beim Bundesarbeitsgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist noch nicht entschieden.

Am 2. Mai 2004 wollte der Kläger nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg die Tätigkeit bei der Beklagten wieder aufnehmen.

Das Amtsgericht Hamburg erließ gegen den Kläger am 3. Mai 2004 einen rechtskräftigen Strafbefehl über 50 Tagessätze zu je EUR 20 wegen Beleidigung, weil der Kläger am 31. August 2003 eine Kollegin am Gesäß, am Bauch und an der Brust berührt habe, um der Kollegin seine Nicht- und Missachtung zum Ausdruck zu bringen.

Die danach geschädigte Kollegin des Klägers und eine weitere Kollegin gaben Erklärungen zu dem Vorfall am 31. August 2003 ab, wegen deren Einzelheiten auf die Anlagen B 5 und B 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 27. Dezember 2004 (Bl. 48 f d.A.) verwiesen wird.

Drei Mitarbeiterinnen des Restaurants der Beklagten, unter anderem die nach dem Strafbefehl geschädigte Kollegin des Klägers, teilten mit Datum vom 18. bzw. 24. April 2004 mit, dass sie bei einer Wiedereinstellung des Klägers die Arbeit nicht antreten und fristlos kündigen würden. Wegen der Einzelheiten der Erklärungen wird auf die Anlagen B 1 bis B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 27. Juli 2004 verwiesen.

Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam und trägt vor, dass es am 31. August 2003 zu einem Wortwechsel zwischen ihm und der Kollegin gekommen sei. Im Rahmen eines eher scherzhaften Gesprächs habe die Kollegin gesagt, dass sie einmal einen Millionär heiraten werde. Der Kläger habe daraufhin seinen Arm gehoben, ihn mit der erhobenen, nach vorne gerichteten flachen Hand in Richtung der Brust und anschließend des Pos von Frau X vorgestreckt und sinngemäß gesagt, warum ein Millionär sie heiraten solle, dieser würde sich eine schöne Frau suchen. Der Kläger habe die Kollegin dabei nicht berührt.

Der Kläger beantragt,

1) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 3. Mai 2004 noch durch die vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 3. Mai 2004 beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht;

2) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Koch/Griller weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die Kündigung für wirksam und trägt vor, dass die drei Mitarbeiterinnen des Restaurants sich vor dem 2. Mai 2004 an die Beklagte gewandt und fristlose Kündigungen für den Fall angedroht hätten, dass der Kläger in den Betrieb zurückkehre. Die schriftlichen Erklärungen der Mitarbeiterinnen hätten diese selbst und freiwillig abgegeben. Die Sachverhaltsschilderungen im Strafbefehl des Amtsgerichts und den Stellungnahmen der Kolleginnen in Anlagen B 5 und B 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 27. Dezember 2004 seien zutreff...

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