Lehrkräfte Eingruppierung von Seiteneinsteiger TV-L

Der Anspruch auf eine höhere Vergütung entsteht bei "Seiteneinsteigern" in Brandenburg bereits mit dem Ablegen der Staatsprüfung. Das gilt selbst dann, wenn der Vorbereitungsdienst erst später beendet wird. Tarifbeschäftigte Lehrkräfte rutschen automatisch in die höhere Entgeltgruppe, sobald sie als "Erfüller" anzusehen sind.

Geklagt hatte eine Lehrerin aus Brandenburg, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in der Fassung für das Land Brandenburg sowie nach dem Tarifvertrag über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L) bestimmte.

Die Lehrerin unterrichtete an einem Oberstufenzentrum und war seit ihrer Einstellung in EG 11 TV-L eingruppiert. Mit dem beklagten Land stritt sie über den Zeitpunkt ihrer Höhergruppierung von EG 11 nach EG 13.

Was sind Seiteneinsteiger?

Die Lehrerin war als sogenannte "Seiteneinsteigerin“ eingestellt worden. Dabei handelt es sich nach dem Brandenburgischen Lehrerbildungsgesetz (BbgLeBiG) um Lehrkräfte ohne Lehrbefähigung, die berufsbegleitend am Vorbereitungsdienst teilnehmen und schließlich die Staatsprüfung ablegen. Voraussetzung ist der Nachweis eines Hochschulabschlusses, der aus fachwissenschaftlicher oder künstlerischer Sicht den Einsatz in mindestens 2 Fächern gestattet (vgl. § 7 Abs. 1 BbgLeBiG).

Hintergrund: Eingruppierung von Lehrkräften im TV-L

Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 2 TV-L i.V.m. § 3 TV EntgO-L, worin wiederum auf die Anlage zum TV EntgO-L verwiesen wird. Nach der Anlage zum TV EntgO-L ist für die Eingruppierung grds. darauf abzustellen, wie die Lehrkraft bei Übernahme in ein Beamtenverhältnis im jeweiligen Eingangsamt besoldet wäre.

In diesem Fall wäre die Lehrerin nach dem Brandenburgischen Besoldungsgesetz als Studienrätin für das Lehramt der Sekundarstufe II (berufliche Fächer) in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft. Jedoch wird in der Anlage zum TV EntgO-L unterschieden zwischen sogenannten "Erfüllern" und "Nichterfüllern", je nachdem, ob bei der Lehrkraft die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind oder nicht.

Bei Einstellung in den Lehrdienst lagen diese Voraussetzungen unstreitig noch nicht vor, da die Lehrerin weder den Vorbereitungsdienst noch die Staatsprüfung absolviert hatte. Die Lehrkraft wurde daher nach Abschnitt 2 Ziffer 3 der Anlage zum TV EntgO-L in die EG 11 eingruppiert, denn dort ist für "Nichterfüller" unter anderem geregelt:  "Es entspricht der Besoldungsgruppe A 13 die Entgeltgruppe 11".

Sobald die Lehrerin jedoch als "Erfüllerin" anzusehen ist, richtet sich ihre Eingruppierung nach Abschnitt 1 der Anlage zum TV EntgO-L – und dort ist geregelt: "Es entspricht der Besoldungsgruppe A 13 die Entgeltgruppe 13".

Wann liegen fachliche und pädagogische Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vor?

Diese Eingruppierungssystematik führte zu der streitentscheidenden Frage, ab welchem Zeitpunkt die Lehrerin als "Erfüllerin" anzusehen ist: Ab dem Zeitpunkt der absolvierten Staatsprüfung oder erst ab Beendigung des Referendariats?

Die Lehrerin hatte am 20.5.2021 die „Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II“ (berufliche Fächer) abgelegt. Ihrer Ansicht nach hätte sie deshalb bereits ab dem 1.6.2021 höher eingruppiert werden müssen. Das Land wollte die Höhergruppierung hingegen erst nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes zum 1.8.2021 vornehmen. Denn dieser dauert bei "Seiteneinsteigern" nach der Regelung in § 7 Abs. 3 BbgLeBiG abweichend 24 Monate und endete somit erst zum 31.7.2021.

Das LAG Berlin-Brandenburg gab der Lehrerin Recht: Maßgeblicher Zeitpunkt ist das Ablegen der Staatsprüfung am 20.5.2021, sodass die Höhergruppierung ab dem Folgemonat vorzunehmen war.

Bestimmungen der jeweiligen Landesgesetze sind maßgeblich

Nach Ansicht des LAG ist für die Frage der Eingruppierung in diesem Fall unerheblich, wann der Vorbereitungsdienst endete oder abgeschlossen war. Unter welchen Voraussetzungen eine Lehrkraft als „Erfüller“ i.S.d. Anlage zum TV EntgO-L angesehen werden kann, bestimmt sich nach den jeweiligen Landesgesetzen – hier dem Brandenburgischen Besoldungsgesetz in Verbindung mit dem BbgLeBiG. Und § 8 Abs. 1 S. 3 BbgLeBiG regelt insoweit eindeutig: "Mit dem Bestehen der Staatsprüfung erwirbt die Lehramtskandidatin oder der Lehramtskandidat die Befähigung für ein Lehramt gemäß § 2 Absatz 1." Diese Regelung gilt für "Seiteneinsteiger" entsprechend, wie § 8 Abs. 1 S. 4 BbgLeBiG bestimmt.

Damit war die Lehrerin seit Ablegung der Staatsprüfung "automatisch" vom Anwendungsbereich des 2. Abschnitts der Anlage TV EntgO-L in den des 1. Abschnitts gerutscht und als "Erfüllerin" in EG 13 einzugruppieren. Dass bei einer beamtenrechtlichen Handhabung ggf. noch formelle Voraussetzungen hinzukommen müssen, spielte aus Sicht des Gerichts im Übrigen keine Rolle, da dies jedenfalls im Anwendungsbereich des TV-L keine Voraussetzung ist.


(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 5.10.2023, 10 Sa 356/23)

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