Kündigung Grimalda IfW Klimaforscher Flugverweigerung

Kann ein Arbeitgeber verlangen, dass sein Arbeitnehmer per Flugzeug die Rückreise von einer Dienstreise antritt? Der Sozialwissenschaftler und Klimaaktivist Dr. Gianluca Grimalda wollte nur auf andere Weise zurückreisen – und wurde daraufhin gekündigt. Mit seiner Kündigungsschutzklage ist er nun nach eigenen Angaben vor dem Arbeitsgericht Kiel gescheitert.

Arbeitgeber forderte Rückreise per Flugzeug binnen 5 Tagen

Insgesamt 7 Monate befand sich Dr. Grimalda auf einer Studienreise in Papua-Neuguinea. Seine Studien verzögerten sich, wie er mitteilte, auf Grund verschiedener Probleme um 6 Wochen. Er sei schließlich von seinem Arbeitgeber aufgefordert worden, binnen 5 Tagen zurückzufliegen. Dies habe er jedoch aus Gewissensgründen - er verzichte bereits seit 15 Jahren auf Flugreisen - abgelehnt und stattdessen wie ursprünglich geplant die 6-wöchige Heimreise auf dem klimafreundlicheren Land- bzw. Wasserweg angetreten. Seinem Arbeitgeber habe er zudem angeboten, währenddessen von unterwegs zu arbeiten. Doch das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) war hiervon offenbar nicht überzeugt: Es kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis.

Grimalda: Richter sieht keinen Anspruch auf langsames Reisen

Die hiergegen vor dem Arbeitsgericht Kiel erhobene Kündigungsschutzklage wurde nun nach Angaben von Dr. Grimalda im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 22.2.2024 abgewiesen. Der Richter habe ihm gesagt, dass langsames Reisen unzulässig sei, wenn der Arbeitgeber damit nicht einverstanden ist, so Grimalda.

Arbeitsrechtliche Grundsätze – was gilt bei Dienstreisen?

Grundsätzlich liegt der Arbeitsort im Betrieb des Arbeitgebers, sofern keine anderweitige Vereinbarung getroffen wird. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 NachwG sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Bestimmungen über den Arbeitsort schriftlich niederzulegen. Das Wegerisiko, sich in eigener Person und zur richtigen Zeit ordnungsgemäß am Arbeitsort einzufinden, trägt dann grundsätzlich der Arbeitnehmer.

Ob und in welcher Weise dabei Dienstreisen vom Arbeitnehmer geschuldet sind, kann sich zunächst aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Oftmals finden sich hierin allerdings keine bzw. nur sehr allgemeine Regelungen. Selbst bei Fehlen einer Vereinbarung kann eine Dienst- bzw. Flugreise jedoch geschuldet sein, wenn sich dies schon aus dem Inhalt der Tätigkeit ergibt. Bspw. könnte ein Pilot oder Außendienstmitarbeiter seine Arbeitsleistung gar nicht erbringen ohne die Reisetätigkeit.

Im Übrigen gilt innerhalb der bestehenden Vereinbarungen das Weisungsrecht des Arbeitgebers, welches sich aus § 106 GewO ergibt. Danach kann der Arbeitgeber unter Beachtung des billigen Ermessens die Dienstreise konkret anordnen sowie den Zeitraum festlegen und die Verkehrsmittel auswählen.

Daneben gilt es insbesondere bei Dienstreisen ins Ausland auch sozialversicherungsrechtliche und lohnsteuerrechtliche Vorgaben zu beachten. Beispielsweise kann sich die steuerliche Ansässigkeit ändern, wenn der Arbeitnehmer während eines Steuerjahres länger als 183 Tage in dem Drittstaat arbeitet.

Verstößt der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, kann der Arbeitgeber grundsätzlich Sanktionen von der Abmahnung bis hin zur Kündigung ergreifen. Dabei ist zu beachten, dass eine Abmahnung entbehrlich ist, wenn der Arbeitnehmer in Kenntnis der Vertragswidrigkeit bereits ernsthaft erklärt hat, sich weiterhin nicht vertragsgerecht verhalten zu wollen. Denn dann kann mit der Abmahnung keine Verhaltensänderung erzielt werden, sodass diese kein geeignetes Mittel darstellt.

Ausgang des Rechtsstreits noch offen

Dr. Grimalda zeigte sich vom Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens enttäuscht und kann das Vorgehen seines Arbeitgebers in Anbetracht der Auswirkungen des Klimawandels sowie auf Grund der vielfältigen Möglichkeiten im digitalen Zeitalter dennoch nicht nachvollziehen. Immerhin habe der Richter zwar anerkannt, dass zumindest eine fristlose Kündigung unzulässig gewesen sei und habe einen Vergleich mit einer Abfindung von 2 Monatsgehältern angeboten. Den Vergleich habe er jedoch abgelehnt, da es ihm um die rechtliche Verankerung der Flugverweigerungsmöglichkeit gehe. Ob er gegen das Urteil in Berufung geht, ließ Grimalda in einer Äußerung auf der Onlineplattform X bislang offen: Seine Anwälte müssten zunächst die Erfolgsaussichten bewerten – und er die Kosten.

Pressemitteilung Dr. Gianluca Grimalda vom 22.2.2024