Coronainfektion eines Polizisten ist kein Dienstunfall

Die bloße Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung im Dienst ist als Beweis für das Vorliegen eines Dienstunfalls nicht ausreichend. Dies entschied das Verwaltungsgericht Aachen in Bezug auf die Coronainfektion eines Polizeibeamten.

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde:

Polizist steckte sich wahrscheinlich bei dienstlichem Einsatz im Ausland an

Der Polizeibeamte war am 6. August 2020 nach Albanien gereist, um einen Straftäter zu überstellen. Vor einer Taxifahrt in Tirana am 7. August habe ein anderer Fahrer auf den ihn befördernden Taxifahrer gezeigt und "Corona" gesagt. Während der Fahrt habe der Fahrer seinen Mundschutz nicht ordnungsgemäß getragen. Nach Rückkehr habe der Polizist am 14. August 2022 Herzrasen bekommen und am Montag, dem 17. August 2020, einen positiven Coronatest bescheinigt bekommen. Er verbrachte anschließend mit einer Herzmuskelentzündung und einer Lungenentzündung 10 Tage stationär im Krankenhaus.

Polizeibehörde: Ansteckung ist allgemeines Lebensrisiko

Die Polizeibehörde lehnte die Anerkennung als Dienstunfall ab.

Zwischen der vermeintlichen Infektion am 7. August 2020 und den ersten coronatypischen Symptomen sei eine Woche verstrichen, so dass nicht auszuschließen sei, dass es zu einer außerdienstlichen Infektion gekommen sei.

Der Polizeibeamte habe eine Infektion gerade in Albanien nicht beweisen können. Bei einer Pandemie zähle die Ansteckung zum allgemeinen Lebensrisiko. Der Polizist berief sich auf eine Beweislastumkehr, wie sie für Beschäftigte im Gesundheitswesen gelte, die einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt seien. Gleiches gelte für seine Tätigkeit in Albanien.

VerwG: Kein ausreichender Kausalzusammenhang

Das Gericht schloss sich der Argumentation des Polizeibeamten nicht an.

Die bloße Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung in Albanien reiche nicht aus, um den geforderten Beweis zu erbringen. Maßgebend sei, ob der Schaden, wie er konkret im dienstlichen Zusammenhang eingetreten ist, hypothetisch ohne Weiteres und in absehbarer Zeit auch im privaten Bereich hätte eintreten können.

Für die Anerkennung als Dienstunfall nach § 36 Abs. 1 LBeamtVG fehle es, so das Gericht, bereits an der örtlichen und zeitlichen Bestimmbarkeit der Ansteckung. Jede Verwechslung mit einem anderen Ereignis müsse ausgeschlossen sein. Die bloße Wahrscheinlichkeit der Ansteckung genügte nach Auffassung des Gerichts nicht den strengen Anforderungen an die örtliche und zeitliche Bestimmbarkeit.

Vorübergehender Einsatz nicht mit der Tätigkeit im Gesundheitsdienst vergleichbar

Der vorübergehende Einsatz des Polizisten sei auch nicht mit der Tätigkeit im Gesundheitsdienst oder einem Labor vergleichbar.

Nach Auffassung des Gerichts ist zu prüfen, ob den Beamten die von ihm konkret auszuführende dienstliche Verrichtung unter den besonderen zur Zeit der Krankheitsübertragung bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Begleitumständen der Gefahr der betreffenden Erkrankung besonders aussetzte. Es komme darauf an, ob der von dem einzelnen Beamten zur Zeit der Infektion ausgeübten Tätigkeit eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade dieser Erkrankung anhafte.

Die generelle Ansteckungsgefahr, der ein Beamter ausgesetzt sein kann, wenn er im Dienst mit anderen Menschen in Kontakt kommt, genüge insoweit nicht (VerwG Aachen, Urteil v. 8.4.2022, 1 K 450/21).

Die Frage, ob eine Coronainfektion als Dienstunfall anerkannt werden kann, wird durchaus unterschiedlich beurteilt:

Verwaltungsgericht Augsburg: Corona-Infektion eines Polizeibeamten als Dienstunfall

Corona-Erkrankung von NRW-Polizei erstmals als Dienstunfall anerkannt

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