In den letzten Jahren wurde unter dem Schlagwort der Compliance die Gesamtheit aller Maßnahmen diskutiert, die das regelkonforme Verhalten eines Unternehmens, seiner Organisationsmitglieder und Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen ausmachen. Ein Compliance Management richtet ein System an Regeln und Überprüfungen ein, um die Einhaltung der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Hierunter fallen sowohl öffentliche Gesetze als auch branchenspezifische und unternehmensinterne Richtlinien und Verordnungen. Als Compliance Kultur werden die Grundeinstellungen und Verhaltensweisen bezeichnet, die vom Management konzipiert und implementiert werden. Die Compliance Kultur soll allen intern Beteiligten und Kunden sowie Lieferanten vermitteln, dass das Unternehmen der Regelbeachtung eine hohe Bedeutung beimisst. Alle Beteiligten sollen zu einem regelkonformen Verhalten angehalten werden.

Die Verpflichtung der Unternehmensleitung und ihrer Mitarbeiter auf die Befolgung der gesetzlichen Regelungen wurde in Deutschland insbesondere durch das Neubürger-Urteil des Bundesgerichtshofs im Jahr 2013 herausgestellt.[1] Das Gericht ahndete fortgesetzte Korruptionsfälle bei der Siemens AG.

Unternehmen als juristische Personen müssen Gesetze ebenso wie Bürgerinnen und Bürger als natürliche Personen einhalten. Unternehmen und Unternehmensverantwortliche sind über die §§ 9, 30 und 130 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) gefordert, dafür Sorge zu tragen, dass aus dem Unternehmen heraus keine Gesetzesverstöße erfolgen. Werden entsprechende Organisations- und Aufsichtsmaßnahmen nicht ergriffen, können Unternehmensleitung und auch das Unternehmen selbst durch Bußgelder oder eine Gewinnabschöpfung bestraft werden, wenn es aus dem Unternehmen zu Gesetzesverstößen gekommen ist. Beredtes Beispiel sind die gegen Automobilhersteller und deutsche Banken in den letzten Jahren verhängte Strafzahlungen in Milliardenhöhe.

Infolge dieser Diskussion und rechtlichen Auseinandersetzungen stehen die Korruptionsprävention und Maßnahmen zur Gesetzestreue der Unternehmen im Mittelpunkt. Nicht zuletzt bei öffentlichen Unternehmen und ihren Vergabeabteilungen haben sich früh Compliance-Grundsätze durchgesetzt. Die Compliance erstreckt sich auf folgende Aspekte:[2]

 
Korruptionsprävention in der öffentlichen Verwaltung
Vorbildfunktion für die Gesellschaft
Ermittlung der Schwachstellen in der Verwaltung
Definition korruptionsgefährdeter Arbeitsgebiete
Prävention und Aufdeckung durch ein Hinweisgebersystem
Korruptionsregister und Melde- und Informationsstellen für Vergabesperren
Integrität, Fairness und Organisationskultur einer Behörde

Abbildung 5: Antikorruption im öffentlichen Sektor

Für das Gesundheitswesen wurde eine neue Vorschrift in das Strafgesetzbuch eingefügt, die die Korruption im Sozialbereich erstmals gesetzlich definiert:

 

§ 299a StGB Bestechlichkeit im Gesundheitswesen[3]

Wer als Angehöriger eines Heilberufs … im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er

  • bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten,
  • bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder
  • bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb
  • in unlauterer Weise bevorzuge,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Mit dieser gesetzlichen Vorschrift reagiert der Gesetzgeber auf in der Presse diskutierte Vorwürfe der Bestechung, etwa bei der Arzneimittelbeschaffung.

Im öffentlichen Bereich und bei Banken sind Antikorruptionsrichtlinien (so genannter Code of Conduct) sehr stringent eingeführt worden. Als vorbildliches Beispiel kann der Leitfaden zur Prävention und Bekämpfung von Korruption des Kindernothilfe e. V. aus dem Jahre 2008 angeführt werden.[4]

In diesem Zusammenhang ist schließlich noch die Tax-Compliance zu erwähnen. Sie ist laut Erlass der Finanzverwaltung Pflicht für steuerpflichtige Unternehmen geworden. Dies ergibt sich aus dem am 23. Mai 2016 überarbeiteten Anwendungserlass zu § 153 der Abgabenordnung. Regeln zur Sicherung einer adäquaten Steuerzahlung (Steuer-Compliance) sind seit 2016 ausdrücklich in den Finanzverwaltungsrichtlinien für alle Steuerpflichtigen vorgesehen.

[2] Vgl. Kai-D. Bussmann (2015) Compliance Realität und Korruptionsprävention in der öffentlichen Verwaltung, in: Rolf Stober / Nicola Ohrtmann (Hrsg.) Compliance Handbuch für die öffentliche Verwaltung, Stuttgart, S. 115 ff. bzw. Rolf Stober / Nicola Ohrtmann (Hrsg.) (2015) Compliance: Handbuch für die öffentliche Verwaltung, Kohlhammer, Stuttgart.
[3] § 299a StGB wird durch § 299b StGB (Bestechung im Gesundheitswesen) ergänzt. Beide Vorschriften sind a...

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