DIN-Normen meistens der teuerste Standard beim Wohnungsbau

Mit einfacheren DIN-Standards ließen sich günstiger und mehr bezahlbare Wohnungen bauen – und das rechtssicher und nutzerfreundlich, wie ein Gutachten zeigt, das die Immobilienwirtschaft vorgelegt hat. Nicht alle Normen seien auch tatsächlich notwendig. Man müsste aber ans Bauvertragsrecht ran.

DIN-Normen gelten beim Wohnungsbau fast automatisch als die anerkannten Regeln der Technik (aRdT). Die Abkehr von diesem Standard ist kaum rechtssicher zu vereinbaren und Bauherren und Projektentwickler sehen sich enormen Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt. Dabei sind nicht alle Regelungen notwendig, wie ein Rechtsgutachten des ehemaligen BGH-Richters Stefan Leupertz zeigt. Er kommt zu dem Ergebnis: Es kann im Bauvertragsrecht gelingen, günstiger mit einfacheren Standards zu bauen – und so zu mehr bezahlbaren Wohnungen zu kommen.

Änderungen im Bauvertragsrecht notwendig

Die Reduzierung technischer Anforderungen wäre ohne nennenswerte Einschränkung der Wohnqualität möglich ist, heißt es in dem Gutachten, das die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) in Auftrag gegeben hat, und wäre nach dem heutigen Stand der bauvertragsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur zwar bereits möglich, die praktische Umsetzung wirft jedoch Probleme auf.

"Zwischen dem einzuhaltenden technischen Mindestniveau und dem, was heute aufgrund technischer Regelwerke von den Bauanbietern zu leisten ist, besteht ein erheblicher Spielraum, der problemlos genutzt werden könnte – mit nennenswerten Effekten für günstigere Preise", sagt der BID-Vorsitzende und GdW-Präsident Axel Gedaschko. Manche Normen erhielten eine faktische Rechtskraft für Bauverträge, die nicht immer notwendig und begründet seien.

Noch werden die hohen Standards oft hingenommen, um Gewährleistungsrisiken zu vermeiden, was am Ende die Kosten beim Wohnungsbau treibt. Der Jurist schlägt deshalb gesetzliche Änderungen im Bauvertragsrecht vor, die es in Bauverträgen möglich machen sollen, mit Verbrauchern einen unter den geltenden aRdT liegenden Ausführungsstandard rechtssicher zu vereinbaren.

Werkvertragliche Leistungsverpflichtungen von aRdT entkoppeln

"Allerhöchster Standard bei gleichzeitig geringen Kosten ist unmöglich", erklärt der stellvertretende BID-Vorsitzende und Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) Dirk Salewski. "Es muss uns gelingen, Wege zu eröffnen für kostengünstigere Neubauten. Das bedeutet, dass wir ein klares Regelwerk für vertragliche Vereinbarungen von Bauleistungen brauchen."

Konkret heißt das: Die aktuelle bestehende feste Koppelung werkvertraglicher Leistungsverpflichtungen an die allgemein anerkannten Regeln der Technik müssten zwingend gelöst werden. Die im Gutachten vorgeschlagene gesetzliche Konstruktion könnte laut BID ohne großen Aufwand umgesetzt und in das bestehende System des Werkvertragsrechts integriert werden und einfachere, kostengünstigere und nachhaltigere Lösungen ohne drohende Mängelproblematik ermöglichen.

Im Rechtsgutachten stellt Professor Leupertz allerdings auch fest: "Die Umsetzung dieser Vorschläge würde naturgemäß allein kaum ausreichen, um die derzeitige Spannungssituation im Wohnungsbau zu bereinigen. Sie wäre aber zweifellos ein wesentlicher Bestandteil für eine Lösung in absehbarer Zeit."

Rechtsgutachten zu neuen Regelungskonzepten für die kostengünstige und nachhaltige Durchführung von Bauvorhaben im Bereich des Wohnungsbaus


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dpa
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