BGH: Nutzungsentschädigung nur bei Rücknahmewillen

Will der Vermieter eine Wohnung nach Ende des Mietverhältnisses nicht zurücknehmen, kann er keine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten oder ortsüblichen Miete nach § 546a Abs. 1 BGB verlangen. Der Mieter muss dann nur für eine tatsächliche Nutzung der Wohnung oder eine sonstige Bereicherung aufkommen.

Hintergrund: Vermieterin erkennt Kündigung nicht an

Die Vermieterin einer Wohnung verlangt vom Mieter die Zahlung rückständiger Miete/Nutzungsentschädigung.

Der Mieter hatte die Wohnung im Jahr 2000 allein angemietet und gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnt. 2010 zog er aus der Wohnung aus und überließ diese mit sämtlichen Schlüsseln seiner Ehefrau, von der er sich sodann scheiden ließ. Die Miete zahlte er bis Juni 2014 weiter. Im Mai 2014 kündigte er den Mietvertrag zum 31.8.2014. Daraufhin teilte die Vermieterin mit, seine „alleinige Kündigung“ sei unwirksam und forderte weiter die Mietzahlungen. Bis einschließlich Dezember 2014 zahlte der Mieter jeweils die Hälfte der vereinbarten Miete und stellte dann die Zahlungen ein.

Die Vermieterin verlangt nun vom Mieter die Zahlung der restlichen Mieten für 2014 und künftige Mietzahlung ab dem 1.1.2015.

Entscheidung: Allenfalls Bereicherungsanspruch denkbar

Das Mietverhältnis wurde durch die Kündigung zum 31.8.2014 beendet, da die Ehefrau des Mieters nicht Partei des Mietvertrages war und deshalb auch keine Kündigungserklärung abgeben musste. Der Mieter schuldete daher die Miete nur bis August 2014.

Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB ab September 2014 kann die Vermieterin aber nicht verlangen; allenfalls nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen kann der Vermieterin ein Anspruch zustehen.

Kein Nutzungsentschädigung, weil Rücknahmewille fehlt

Wenn der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Nutzungsentschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist. Dieser Anspruch auf Nutzungsentschädigung ergibt sich aus § 546a Abs. 1 BGB. Allerdings hat der Mieter der Vermieterin die Wohnung nicht vorenthalten im Sinne dieser Vorschrift, auch wenn er die Wohnung nicht zurückgegeben hat.

Die Mietsache wird dem Vermieter dann im Sinne des § 546a Abs. 1 BGB vorenthalten, wenn der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters widerspricht. Dabei reicht es aus, wenn der Vermieter grundsätzlich Rückerlangungswillen hat. Hieran fehlt es aber, wenn der Wille des Vermieters nicht auf die Rückgabe der Mietsache gerichtet ist, etwa weil er vom Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht. Denn solange der Vermieter den Mietvertrag nicht als beendet ansieht, will er keine Räumung verlangen und damit die Mietsache nicht zurücknehmen. Warum der Vermieter den Mietvertrag nicht als beendet ansieht, ist für den Rückschluss auf einen fehlenden Rücknahmewillen ohne Bedeutung. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Vermieter die Rücknahme „kategorisch“ ablehnt.

Nach diesen Grundsätzen hatte die Vermieterin, die die Wirksamkeit der Kündigung in Abrede gestellt hat, keinen Rücknahmewillen. Eine Vorenthaltung der Mietsache ist auch nicht deswegen zu bejahen, weil der Mieter nicht in der Lage war, die Wohnung zurückzugeben, da er seiner früheren Ehefrau die Wohnungsschlüssel überlassen hatte. Auch in diesem Fall muss der Vermieter zur Rücknahme bereit sein, um eine Vorenthaltung annehmen zu können.

Bereicherungsanspruch kommt in Betracht

Die Vermieterin kann aber möglicherweise nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen Ansprüche gegen den Mieter haben.

Nutzt ein Mieter die Sache über die vereinbarte Laufzeit hinaus, so ist er ohne rechtlichen Grund um den tatsächlich gezogenen Nutzungswert bereichert und zu dessen Herausgabe verpflichtet. Eine solche Verpflichtung kann grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn der Mieter die Sache nicht selbst nutzt, sondern sie einem Dritten überlassen hat und hierdurch eine ungerechtfertigte Bereicherung des Mieters eingetreten ist.

Der (ehemalige) Mieter muss danach dem Vermieter - jedenfalls wenn die Mietsache diesem, wie im vorliegenden Fall, mangels eines Rücknahmewillens nicht vorenthalten wird - grundsätzlich nur dann Nutzungsersatz nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung leisten, wenn er die Wohnung in dem vorbezeichneten Sinne auch genutzt hat und auf diese Weise um den gezogenen Nutzungswert bereichert ist. Der bloße (unmittelbare oder mittelbare) Besitz an der Wohnung reicht für einen solchen Bereicherungsanspruch nicht aus.

Da der Mieter die Wohnung nicht mehr selbst genutzt hat, kommt ein Bereicherungsanspruch nur in Betracht, wenn er durch die Überlassung der Wohnung an seine geschiedene Ehefrau Einkünfte erzielt oder eigene Aufwendungen, etwa in Form von sonst zu zahlendem Unterhalt - erspart hat. Ob dies der Fall ist, muss das Landgericht klären, an das der BGH den Rechtsstreit zurückverwiesen hat.

(BGH, Urteil v. 12.7.2017, VIII ZR 214/16)


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(1) Gibt der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist.

(2) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

Schlagworte zum Thema:  Mietrecht