1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die erleichterte Kündigungsmöglichkeit des Vermieters findet dem Wortlaut nach und aufgrund des fehlenden Verweises in § 578 nur für unbefristete Mietverhältnisses über Wohnräume, nicht hingegen für gewerblich genutzte Räume Anwendung. Ausgenommen sind die in § 549 Abs. 2 genannten Wohnräume und befristete Mietverhältnisse. Dieses Kündigungsrecht kann auch formularvertraglich ausgeschlossen werden (LG Aschaffenburg, Urteil v. 11.1.2018, 22 S 116/17, WuM 2018, 83). Eine mietvertragliche Individualabrede, wonach Eigenbedarfs- und Verwertungskündigung ausgeschlossen sind, schließt regelmäßig auch ein vorzeitiges Kündigungsrecht nach § 573a aus (LG Heidelberg, Urteil v. 20.10.2014, 5 S 12/14, WuM 2015, 173).

2 Sonderkündigungsrecht des Vermieters nach Abs. 1

 

Rz. 2

Voraussetzung für die erleichterte Kündigungsmöglichkeit des Vermieters im Sinne von § 573a Abs. 1 ist, dass die Wohnung des Mieters in dem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude liegt und das Gebäude über nicht mehr als zwei Wohnungen verfügt.

 
Hinweis

Beginn des Mietverhältnisses entscheidend

Die Voraussetzungen für die Kündigung einer derartigen Wohnung müssen bereits bei der Begründung des Mietverhältnisses vorliegen, soweit es auf die Lage der Mieträume in einem Gebäude mit zwei bzw. drei Wohnungen ankommt. Dagegen braucht der Vermieter nicht schon bei Abschluss des Mietvertrages in dem betreffenden Haus zu wohnen (OLG Koblenz, RE v. 25.5.1981, 4 W-RE 277/81, GE 1981, 761; BayObLG, RE v. 31.1.1991, RE-Miet 3/90, GE 1991, 399; OLG Karlsruhe, RE v. 25.11.1991, 9 REMiet 1/91, WuM 1992, 49; LG Memmingen, Urteil v. 15.01.1992, 1 S 1964/91, NJW-RR 1992, 523).

Wohnung ist jeder zum Wohnen (insbesondere Schlafen, Essen, Kochen, dauernde private Benutzung) bestimmte Innenteil eines Gebäudes, welcher die Führung eines selbstständigen Haushalts ermöglicht (BGH, Urteil v. 17.11.2010,VIII ZR 90/10,GE 2011, 50). Dazu gehört eine Kocheinrichtung, Wasseranschluss und eine – nicht notwendigerweise in der Wohnung liegende – Toilette. Komfort und Standard von Versorgungseinrichtungen sind von untergeordneter Bedeutung, wenn sie nur vorhanden sind (LG Bonn, Urteil v. 19.9.1991, 6 S 112/91, WuM 1992, 24). Wird das Dachgeschoss eines Hauses, das bereits zwei Wohnungen aufweist, mit Dusche, Toilette, Wohnküche und zwei Zimmern ausgebaut, dann handelt es sich um ein Drei-Familien-Haus, ungeachtet der steuerlichen Behandlung als Zwei-Familien-Haus (LG Hildesheim, Urteil. v. 24.6.1992, 7 S 71/92, NJW-RR 1993, 585). Verbindet dagegen der Vermieter in einem Wohngebäude die Räume des Dachgeschosses mit den Räumen des Obergeschosses zum Zwecke einer gemeinsamen Nutzung für sich und seine Familie, so handelt es sich nicht um zwei Wohnungen, sondern nur um eine einheitliche Wohneinheit; der Umstand, dass die Räume in verschiedenen Geschossebenen liegen, ist ohne Bedeutung (LG Memmingen, Urteil v. 15.1.1992, 1 S 1964/91, NJW-RR 1992, 523).

 
Hinweis

Reihen- und Doppelhaus

Reihenhäuser oder Doppelhaushälften werden als selbstständig angesehen (BGH, Urteil v. 25.6.2008, VIII ZR 307/07, GE 2008, 1118; AG Hamburg, Urteil v. 27.2.2013, 46 C 103/12, ZMR 2013, 812); auf die Eigentumsverhältnisse kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob die Gebäude gemeinsam mit Wärme oder Wasser versorgt werden (LG Berlin, Urteil v.8.12.2009, 65 T 153/09, GE 2011, 823).

Der Vermieter kann auch dann gem. § 573a kündigen, wenn in dem von ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen weitere Räume vorhanden sind, die sich für eine Nutzung als (dritte) Wohnung eignen und früher auch als Wohnung genutzt wurden (BGH, Urteil v. 25.6.2008, VIII ZR 307/07, a.a.O.; AG Dortmund, Urteil v. 2.6.2020, 425 C 3346/19, ZMR2020, 759). Ein Wohnhaus, in dem sich neben je einer Wohnung im Erdgeschoss und im Obergeschoss eine selbstständig als Wohnung nutzbare Einliegerwohnung befindet, ist jedoch dann kein Gebäude mit nicht mehr als "zwei Wohnungen" im Sinne des § 573a Abs. 1, wenn der Vermieter neben der Erdgeschosswohnung auch die Einliegerwohnung nutzt (BGH, Urteil v. 17.11.2010, VIII ZR 90/10, GE 2011, 50).

Das Haus braucht nicht mehr überwiegend als Wohngebäude genutzt zu werden. Daher besteht auch kein Kündigungsschutz für den Mieter, wenn sich in dem Wohngebäude außer zwei Wohnungen, die vom Mieter und Vermieter bewohnt werden, Gewerberäume befinden, die der Vermieter oder andere Mieter für eigene betriebliche Belange selbst benutzen (Blank/Börstinghaus, § 573a Rn. 13). Es kommt dagegen nicht darauf an, ob eine Wohnung leer stand; leer stehender Wohnraum, der zu Beginn des Mietverhältnisses über die später gekündigte Wohnung im Haus als sog. Trinkhalle genutzt wurde, gilt als Wohnung i.S.d.§ 574a (LG Essen, Urteil v. 5.6.1992, 1 S 91/92, WuM 1993, 54). Das Sonderkündigungsrecht ist dagegen ausgeschlossen, wenn in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude neben zwei Wohnungen Räume vorhanden sind, in denen eine eigenständige Haushaltsführung möglich ist, auch wenn diese als Gewerberaum vermietet sind, es sei denn, sie wurden schon vor Abschluss des Mietv...

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