Bei Solaranlagen ist stets das Staatsziel des Klimaschutzes gegen das des Denkmalschutzes abzuwägen. Freilich ist derzeit nicht zu prognostizieren, wie sich die Rechtsprechung vor dem Hintergrund des GEG 2024 und vor allem auch die Gesetzgebung entwickeln wird. Derzeit gilt jedenfalls noch, dass der Klima- bzw. Umweltschutz keinen Vorrang vor dem Denkmalschutz genießt. Der Klima- bzw. Umweltschutz ist in Art. 20a GG verankert: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung."

Grundgesetz./. Denkmalschutz

Zunächst besteht unzweifelhaft ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Vermeidung von CO2-Emissionen gerade auch im Bereich der Beheizung von Gebäuden. Das mit Art. 20a GG verfassungsrechtlich verbriefte öffentliche Interesse am Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen überwiegt aber das öffentliche Interesse an der unveränderten Erhaltung eines Denkmals nicht schon dann, wenn eine Solarthermieanlage an einer Dachfläche einen Beitrag zur Verringerung der CO2-Belastung leistet.[1] Dem Denkmalschutz als öffentliche Aufgabe kommt ein hoher Stellenwert zu, der dem Interesse an einer sicheren und umweltfreundlichen Energieversorgung nicht grundsätzlich nachsteht.[2]

Bei der Gewichtung der beiden sich gegenüberstehenden öffentlichen Interessen des Klima- bzw. Umweltschutzes und des Denkmalschutzes ist zu beachten, dass Art. 20a GG darauf ausgerichtet ist, die natürlichen Lebensgrundlagen insgesamt sicherzustellen. Der Norm kann indes nicht entnommen werden, welches Schutzniveau für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen erreicht werden soll und wie dieses Ziel umzusetzen ist.[3] Art. 20a GG, der den Staat zum Klimaschutz verpflichtet, genießt keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen, sondern ist im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen, wobei allerdings das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zunimmt.[4] Aus Art. 20a GG ergibt sich daher auch kein unbedingter Vorrang des Staatsziels Umweltschutz gegenüber dem in den Bundesländern ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten Denkmalschutz, vielmehr ist ein gerechter Ausgleich herzustellen.[5]

Abwägung im Einzelfall

Im Fall von Solaranlagen ist allerdings eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung aus Gründen der verfassungsrechtlich normierten Stellung des Klimaschutzes nur dann zu versagen, wenn durch deren Montage eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung des Denkmals erfolgt.[6] Maßstab ist in subjektiver Hinsicht das Empfinden eines für die Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters, weshalb die Interessen des Denkmalschutzes mit denen des Gebäudeeigentümers einzelfallbezogen abzuwägen sind.[7] Nicht zu beachten ist bei der Abwägung der ökologische Nutzen einer Solaranlage.[8] Im Übrigen existiert kein allgemeiner Grundsatz, dass der Denkmal- dem Umweltschutz stets vorzugehen hätte.[9]

So ist bei der Installation von Solaranlagen auf einem denkmalgeschützten Gebäude selbst für ungeschulte Betrachter der historische Bestand unproblematisch zu trennen von der technischen Neuerung, sodass nur der Anschauungswert, nicht aber der Zeugniswert des Baudenkmals von der Installation berührt wird. Weiter ist eine Beeinträchtigung des Anschauungswerts eines Baudenkmals durch Solaranlagen weniger gravierend, wenn die betroffene Dachfläche für Passanten schlecht einsehbar ist und der Urzustand der betroffenen Gebäudeseite bereits durch frühere Umbaumaßnahmen verwässert worden ist.[10] Blickrichtung und Einsehbarkeit spielen nicht nur bei Ensembledenkmalen eine Rolle,[11] sondern auch bei Einzeldenkmalen ist zu berücksichtigen, welche Position ein Betrachter naheliegenderweise einnehmen wird. Ob alle Gebäudeseiten die gleiche Bedeutung für den Denkmalwert haben, ist eine Frage des Einzelfalls.[12]

[1] OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 10.6.2022, 2 L 21/20.Z, juris.
[2] OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 8.1.2020, 10 A 921/19, juris.
[3] OVG RP, Beschluss v. 16.8.2011, 8 A 10590/11, juris.
[5] OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 10.6.2022, 2 L 21/20.Z, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 1.3.2017, OVG 2 N 68.14, juris.
[6] VGH Mannheim, Urteil v. 1.9.2011, 1 S 1070/11, NVwZ-RR 2012, 222.
[7] MHdWE/Skrobek/Drasdo, 8. Aufl. 2023, § 81 Rn. 25 m. w. N.
[8] VGH Mannheim, Urteil 1.9.2011, 1 S 1070/11, NVwZ-RR 2012, 222; AG Kiel, Urteil v. 11.8.2011, 108 C 24/11, ZMR 2012, 201; a. A. VG Berlin, Urteil v. 9.9.2010, VG 16 K 26.10, ZUR 2011 Heft 2, 93.
[9] Riecke/Schmid/Drasdo, WEG, 5. Aufl. 2019, EnEV Rn. 48a.
[10] VG Braunschweig, Urteil v. 10.11.2021, 2 A 13/21, juris.
[11] VG Braunschweig, Urteil v. 6.3.2019, 2 A 176/17, nicht veröffentli...

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