Leitsatz (amtlich)
Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch Sachverständigengutachten.
Normenkette
ZPO § 558 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 11.10.2012; Aktenzeichen 2 S 306/11) |
AG Geilenkirchen (Urteil vom 15.06.2011; Aktenzeichen 10 C 149/11) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Aachen vom 11.10.2012 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als bezüglich einer Erhöhung der Nettomiete auf 386,31 EUR monatlich zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Insoweit wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG Geilenkirchen vom 15.6.2011 zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4 zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagte ist seit dem Jahr 2007 Mieterin eines Reihenhauses der Klägerin in Geilenkirchen-Neutevern. Bei diesem Ortsteil von Geilenkirchen handelt es sich um eine im Jahr 1953 errichtete ehemalige Soldatensiedlung, die zum unmittelbar benachbarten heutigen NATO-AWACS-Flughafen gehörte und sich nunmehr insgesamt im Eigentum der Klägerin befindet. Die Nettomiete für das 87,6 m2 große Haus betrug zuletzt 4,24 EUR je m2.
Rz. 2
Mit Schreiben vom 23.9.2009 verlangte die Klägerin von der Beklagten unter Bezugnahme auf den Mietspiegel von Geilenkirchen die Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlichen Nettomiete auf 4,86 EUR je m2. Die Beklagte erteilte die Zustimmung nicht.
Rz. 3
Das AG hat der auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung gerichteten Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten teilweise geändert, die Beklagte zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf monatlich nur 376,68 EUR (4,30 EUR je m2) verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Rz. 4
Die Revision hat zum Teil Erfolg.
I.
Rz. 5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 6
Die Kammer habe die ortsübliche Vergleichsmiete unter Heranziehung des Mietspiegels für die Stadt Geilenkirchen entsprechend § 287 ZPO geschätzt. Das vom AG eingeholte Sachverständigengutachten könne nicht in allen Punkten zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden, weil es an der erforderlichen Transparenz und Nachvollziehbarkeit fehle. Im gerichtlichen Verfahren könne auf eine Offenlegung der Miete und der Anschrift sowie der sonstigen Angaben über die Beschaffenheit der Vergleichswohnungen nicht verzichtet werden. Da der Sachverständige die Mitteilung der erforderlichen Angaben im Wesentlichen verweigert habe, sei sowohl für das Gericht als auch für die Parteien keine Möglichkeit gegeben, sich mit der Vergleichbarkeit der Wohnungen auseinander zu setzen.
Rz. 7
Das Mietobjekt der Beklagten liege, wie auch die Klägerin selbst in ihrem Mieterhöhungsverlangen angenommen habe, in einer einfachen Wohnlage. Mit dem Begriff der Lage i.S.v. § 558 BGB sei der Bezug zum Wohngebiet gemeint, z.B. Zentral- oder Randlage, Wohn-, Misch- oder Gewerbegebiet, Infrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten, kulturelle Einrichtungen, Schulen), Verkehrsanbindung, Straßenbild und -gepräge, Umweltbelästigung und Lärm. Die Wohnlage werde im Mietspiegel der Stadt Geilenkirchen nach folgenden typisierenden Kategorien unterschieden:
- Einfache Wohnlage, z.B. besonders dichte Bebauung, Baugebiete mit gemischter Benutzung/Industrieanlagen, Beeinträchtigungen durch Abgase, Staub, Rauch und Verkehr, starke Mängel bei Belichtung, Sonneneinstrahlung und Belüftung, keine öffentlichen Verkehrsmittel bzw. Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe, wenig oder keine Schulen, kulturelle Einrichtungen und/oder Freizeitmöglichkeiten.
- Mittlere Wohnlage, z.B. Wohngebiete ohne besondere Vor- und Nachteile, sowohl Innenstadt als auch Vorort; ausreichende (bis ca. fünf Minuten Fußweg) Verkehrsanbindung zu Einkaufszentren und öffentlichen Einrichtungen, Durchgangsverkehr, in der Regel kompakte Bauweise mit geringen Freiflächen, durchschnittliche Immissionsbelastung.
Rz. 10
Eine gute Wohnlage sei nach Darstellung beider Parteien nicht in Betracht zu ziehen.
Rz. 11
Für eine Eingruppierung des von der Beklagten gemieteten Reihenhauses in die einfache Wohnlage sprächen folgende Kriterien: Die Häuser der Siedlung hinterließen in ihrer großen Mehrheit ein deutlich in die Jahre gekommenes, nicht ganz selten äußerst schlichtes, wenig phantasiereiches Einheitsbild, auch wenn sich #eine nennenswerte Zahl von Bewohnern alle Mühe gegeben habe, vereinzelte Grundstücke liebevoll zu gestalten. Die ursprüngliche Zweckbestimmung als Kaserne sei indes nach wie vor prägend. Den Mittelpunkt bilde ein grauer barackenartiger Block mit Lagercharakter. Unmittelbar angrenzend befinde sich der stark gesicherte Eingang zum AWACS-Gelände. An jeweils getrennt liegenden Garagenreihen mit deutlichem Kasernenhofcharakter fehle offenkundig äußere Pflege. Die relativ schmalen Straßen der Siedlung befänden sich teilweise in einem schlechten, von einer Vielzahl von Schlaglöchern gekennzeichneten Zustand. Die Siedlung grenze unmittelbar an das AWACS-Flughafengelände mit entsprechendem Fahrzeug- und Personalverkehrsaufkommen. Der Fluglärm - bis zu 20 Starts und Landungen von großen, technisch alten Maschinen pro Wochentag, die die Siedlung in sehr geringer Höhe überflögen - wirke jedenfalls tagsüber erheblich beeinträchtigend. Es gebe in Neutevern keine oder jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang Geschäfte, keine Schule, keinen Kindergarten, keine kulturellen Einrichtungen, keine Kirche, keine ärztliche Versorgung. Die Verkehrsanbindung sei ungünstig, der Ort liege wegen des hermetisch abgeriegelten Flughafens praktisch am Ende einer Sackgasse und werde nur über eine einzige Straße erschlossen. Der nächste Autobahnanschluss sei mehr als zehn km entfernt. Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sei schlecht; insb. am Wochenende sei eine äußerst eingeschränkte Frequenz zu verzeichnen.
Rz. 12
Die Kammer verkenne nicht, dass es durchaus auch Wohnwertmerkmale gebe, die tendenziell für eine bessere Eingruppierung sprechen könnten, insb. die relativ großen Grünflächen mit Spielplätzen, der fehlende Durchgangsverkehr, die ausreichend vorhandenen Stellplätze, die im Kern fast reine Wohnbebauung und die landschaftlich geprägte Umgebung des Ortes in drei Himmelsrichtungen (den Flughafen ausgenommen). Der Begriff der einfachen Wohnlage sei allerdings auch nicht mit "schlechter Wohnlage" gleichzusetzen, vielmehr führten die vorhandenen positiven Lagemerkmale in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Wohnlage innerhalb der Spanne im obersten Bereich einzuordnen sei.
Rz. 13
Demnach erschließe sich der Kammer nicht, womit der Sachverständige begründe, dass bei einer Gesamtbetrachtung eine mittlere Wohnlage anzunehmen sei, zumal er diese Einstufung als "rein akademisch" bezeichnet habe. Dem Sachverständigengutachten fehle jegliche Auseinandersetzung mit dem Mietspiegel. Zuzustimmen sei dem Sachverständigen nur insoweit, als es sich innerhalb der Kategorie der "einfachen Wohnlage" um eine Lage mit einzelnen guten Wohnwertmerkmalen handele.
Rz. 14
Zur Ausstattung zähle alles, was der Vermieter dem Mieter zur ständigen Nutzung zur Verfügung stelle, also z.B. Heizung, Bad, sanitäre Anlagen, Trockenräume, Isolierung des Gebäudes. Den diesbezüglichen Angaben des Gutachters I. folgend sehe die Kammer bei dem Objekt der Beklagten - gemessen an der Baualtersklasse - keine herausragenden Wohnwertmerkmale, die einen entscheidenden Einfluss auf den Wohnwert hätten, wenngleich gemessen an der Wohnaltersklasse die Ausstattung leicht gehoben erscheine.
Rz. 15
Bei der Art des Mietobjektes sei neben der Struktur des Hauses (z.B. Reihenhaus) das Alter zu berücksichtigen. Spätere umfassende Modernisierungen könnten grundsätzlich zu einer Verschiebung in eine neuere Baualtersklasse führen, wenn es sich um einen wesentlichen Bauaufwand handele, der mindestens einem Drittel des Aufwandes für eine vergleichbare Neubauwohnung entspreche (vgl. Ziff. 2 des Mietspiegels). Hier könne indes trotz einzelner Modernisierungsmaßnahmen nur ein Baujahr bis 1960 zugrunde gelegt werden. Insgesamt gehe die Kammer anhand der Beschreibungen der Parteien und der Angaben des Sachverständigen I. davon aus, dass bei geringfügigen Verbesserungen Art und Beschaffenheit des Hauses baualtersgerecht insgesamt im gehobenen Durchschnitt lägen, also keine besonderen Vor- und Nachteile aufwiesen, jedoch auch modernen Wohnbedürfnissen schon annähernd genügten.
Rz. 16
Ein Zuschlag "Naherholung im Naturschutzgebiet 5 %" sei schon deshalb nicht möglich, weil ein solcher Wohnwertvorteil jedenfalls durch den unmittelbar benachbarten AWACS-Flugplatz mehr als kompensiert werde. In welcher Höhe ein Zuschlag für den Charakter als Einfamilienhaus (Ziff. 7 des Mietspiegels) anzuerkennen sei, könne dahinstehen. Denn selbst bei einem Zuschlag von 2,5 %, dem niedrigsten hier in Betracht kommenden Wert, würde der höchste Wert, den die Spanne des Mietspiegels zulasse, nämlich 4,30 EUR je m2, bereits überschritten. Der Höchstwert der Mietspiegelspanne sei jedoch in der Regel auch der höchstmögliche Wert für die Einzelvergleichsmiete. Da zu den qualitativen Kriterien i.S.v. § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB auch der Charakter des Mietobjekts als Einfamilienhaus zähle, bestehe auch kein Anlass, ausnahmsweise den Höchstwert der Mietspiegelspanne zu überschreiten.
Rz. 17
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Wohnwertmerkmale schätze die Kammer die Basismiete ohne Zu- und Abschläge innerhalb der Spanne auf 4,20 EUR je m2 am weit oberen Rand der Spanne. Allerdings stelle der obere Spannenwert die Kappungsgrenze dar, so dass sich unter Berücksichtigung der Zuschläge die Einzelvergleichsmiete auf 4,30 EUR je m2 belaufe.
II.
Rz. 18
Diese im Wesentlichen zutreffende Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Einfamilienhauszuschlag nicht durch den oberen Wert der Spanne des entsprechenden Mietspiegelfeldes begrenzt.
Rz. 19
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das Gutachten des Sachverständigen I. als Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für das von der Beklagten gemietete Reihenhaus ungeeignet ist.
Rz. 20
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind (§ 558 Abs. 2 BGB). Nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist ein objektiver Maßstab anzulegen, der einen repräsentativen Querschnitt der üblichen Entgelte darstellen soll (BVerfGE 53, 352, 358). Die ortsübliche Vergleichsmiete darf im Prozess daher nur auf der Grundlage von Erkenntnisquellen bestimmt werden, die die tatsächlich und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbare Wohnungen in einer für die freie tatrichterliche Überzeugungsbildung (§ 286 ZPO) hinreichenden Weise ermittelt haben (BGH, Urt. v. 16.6.2010 - VIII ZR 99/09, NJW 2010, 2946 Rz. 9; vgl. BVerfGE 37, 132, 143).
Rz. 21
Diesen Anforderungen genügt das vom Sachverständigen I. erstellte Gutachten nicht. Der Sachverständige muss bei der Ermittlung der Einzelvergleichsmiete ein breites Spektrum von Vergleichswohnungen aus der Gemeinde berücksichtigen. Diese Anforderung ist nicht erfüllt, wenn - wie hier - nur Vergleichswohnungen aus einer einzigen Siedlung, die im Eigentum ein und desselben Vermieters steht, Berücksichtigung finden.
Rz. 22
Entgegen der Auffassung der Revision ist das nicht deshalb anders zu beurteilen, weil der Ortsteil, in dem sich die Wohnung der Beklagten befindet, gewisse Besonderheiten aufweist und sich dort eine Reihe fast identischer Vergleichsobjekte befindet. Diese Umstände nötigen auch nicht dazu, eine Art "Spezialmietspiegel" für diesen Ortsteil aufzustellen. Denn Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete ist das Mietniveau in der gesamten Gemeinde. Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete können deshalb auch Objekte herangezogen werden, die nach Ausstattung, Art, Größe und Lage nur ungefähr vergleichbar sind. Einzelnen Unterschieden bei den Vergleichswohnungen kann ggf. durch Zu- oder Abschläge Rechnung getragen werden. Im Übrigen kann der Vermieter nach der Rechtsprechung des Senats zwar zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens nach § 558a BGB auf den eigenen Bestand zurückgreifen (BGH, Urt. v. 19.5.2010 - VIII ZR 122/09, NZM 2010, 576 Rz. 12). Ferner hat es der Senat nicht beanstandet, dass der gerichtliche Sachverständige die Vergleichswohnungen nur durch Befragungen verschiedener Vermieter ermittelt (BGH, Urt. v. 21.10.2009 - VIII ZR 30/09, NJW 2010, 149 Rz. 13). Eine Auswahl von Wohnungen, die sämtlich dem die Mieterhöhung begehrenden Vermieter gehören, stellt aber keine repräsentative Stichprobe für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Prozess dar. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht nicht den vom Sachverständigen I. auf diese Weise ermittelten Wert zugrunde gelegt. Ob das Gutachten zusätzlich auch wegen der fehlenden Offenlegung der Vergleichswohnungen (vgl. dazu BVerfG NJW 1995, 40, sowie BGH, Urt. v. 15.4.1994 - V ZR 286/92, NJW 1994, 2899) unverwertbar ist, bedarf hier keiner Klärung.
Rz. 23
2. Auch die weitere Vorgehensweise des Berufungsgerichts, die ortsübliche Einzelvergleichsmiete für die Wohnung der Beklagten in der Weise zu ermitteln, dass die Wohnung anhand der Angaben der Parteien und der Beschreibung des Sachverständigen zur Ausstattung und zu den Besonderheiten der Lage und Infrastruktur der ehemaligen Soldatensiedlung in die einschlägige Mietspiegelspanne eingeordnet und ihr unter Heranziehung von § 287 ZPO ein konkreter Wert zugeordnet wird, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Senat hat bereits entschieden, dass dem einfachen Mietspiegel im Prozess eine Indizwirkung zukommt und es von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob der Mietspiegel für die Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmiete einer konkret zu beurteilenden Wohnung ausreicht (BGH vom 16.6.2010 - VIII ZR 99/09, a.a.O., Rz. 12 ff.; v. 21.11.2012 - VIII ZR 46/12, WuM 2013, 110 Rz. 16). Insbesondere kommt es darauf an, welche Einwendungen von den Parteien gegen den Erkenntniswert der Angaben des Mietspiegels erhoben werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.6.2010 - VIII ZR 99/09, a.a.O., Rz. 13). Aus dem Berufungsurteil ist nicht ersichtlich, dass die Parteien konkrete Einwendungen gegen den Mietspiegel von Geilenkirchen erhoben hätten. Übergangenen Sachvortrag der Klägerin zeigt die Revision insoweit auch nicht auf. Der pauschale Einwand der Revision, einfache Mietspiegel enthielten in der Mehrzahl keine aussagekräftigen Daten, sondern würden "ausgehandelt" oder "einvernehmlich festgelegt", ist nicht geeignet, die Indizwirkung des Mietspiegels von Geilenkirchen zu erschüttern.
Rz. 24
Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, das Reihenhaus der Beklagten sei der "einfachen Wohnlage" im Sinne des Mietspiegels der Stadt Geilenkirchen zuzuordnen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Auffassung der Revision stehen die Ausführungen des Sachverständigen I. einer solchen Einordnung nicht entgegen. Denn der Sachverständige hat das zu beurteilende Mietobjekt nicht in den Mietspiegel der Stadt Geilenkirchen eingeordnet, sondern die von ihm genannte Vergleichsmiete allein aus einem Vergleich mit anderen Reihenhäusern der Klägerin ermittelt, die ebenfalls zu der ehemaligen Soldatensiedlung Neutevern gehören. Da es nach der Vorgehensweise des Sachverständigen auf die Einordnung in eine bestimmte Wohnlage nicht ankam, hat er die von ihm erwogene Einstufung in eine "mittlere Wohnlage" selbst als "akademisch" bezeichnet und seine Einschätzung zudem dahin relativiert, dass nach anderen ihm bekannten Mietspiegeln eine Einstufung in die "mittlere Wohnlage" möglich sei. Dass das Berufungsgericht bei der vorgenommenen Einordnung als "einfache Lage" im Sinne des Mietspiegels von Geilenkirchen von falschen Voraussetzungen ausgegangen wäre, lässt sich den Angaben des Sachverständigen zur Beurteilung der Wohnlage somit nicht entnehmen. Soweit die Revision die Nähe des Mietobjekts zu einem Naturschutzgebiet hervorhebt, hat das Berufungsgericht diesen Gesichtspunkt berücksichtigt, ihm aber neben anderen Faktoren wie der Nähe zum Militärflughafen rechtsfehlerfrei nicht dasselbe Gewicht beigemessen wie die Revision.
Rz. 25
Auch die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, dass für das Mietobjekt der Beklagten innerhalb der für die einfache Wohnlage und die einschlägige Baualtersklasse ausgewiesenen Spanne von 3,30 EUR je m2 bis 4,30 EUR je m2 ein Wert von 4,20 EUR je m2 anzunehmen sei, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Rz. 26
3. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, der in Ziff. 7 des Mietspiegels von Geilenkirchen vorgesehene Einfamilienhauszuschlag von bis zu zehn Prozent dürfe nicht zur Überschreitung der Spanne führen. Dies kann der Senat selbst beurteilen, denn die Auslegung eines Mietspiegels (§§ 558a Abs. 2 Nr. 1, 556c, 558c BGB) unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung (BGH, Urt. v. 4.5.2011 - VIII ZR 227/10, NJW 2011, 2284 Rz. 12). Mit einem solchen Zuschlag sollen ersichtlich Umstände berücksichtigt werden, die in den ausgewiesenen Spannen selbst keinen Niederschlag gefunden haben. Der Zuschlag für Einfamilienhäuser beruht auf der Einschätzung, dass der Nutzungswert eines solchen Objekts regelmäßig höher ist als derjenige einer Wohnung von im Übrigen vergleichbarer Größe, Ausstattung und Lage, weil zusätzlich das Grundstück (Garage oder Einstellplatz, Garten usw.) zur Verfügung steht. Der Zuschlag ist deshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch den oberen Spannenwert begrenzt. Dies entspricht auch der Auskunft der Stadt Geilenkirchen, die den Mietspiegel in Abstimmung mit den Interessenverbänden erstellt hat, in ihrem Schreiben vom 21.8.2012, auf das die Revision zutreffend Bezug nimmt.
III.
Rz. 27
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit es einen Einfamilienhauszuschlag wegen der von ihm angenommenen Begrenzung durch den oberen Spannenwert verneint hat; insoweit ist es aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet über den Zuschlag in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Nach den Erläuterungen des Mietspiegels ist es innerhalb des Einfamilienhauszuschlages als negativ zu berücksichtigen, wenn - wie hier - weder Garage noch Einstellplatz auf dem Grundstück vorhanden sind. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich hier nicht um ein freistehendes Einfamilienhaus, sondern um ein Reihenhaus handelt. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte schätzt der Senat den Zuschlag auf fünf Prozent zu dem vom Berufungsgericht ermittelten Mietwert von 4,20 EUR je m2, so dass sich eine ortsübliche Vergleichsmiete von 4,41 EUR je m2 oder - umgerechnet auf die Wohnfläche des Reihenhauses der Beklagten - eine monatliche Nettomiete von 386,31 EUR ergibt. Das Berufungsurteil ist mithin insoweit aufzuheben, als es hinter diesem Betrag zum Nachteil der Klägerin zurückbleibt. Insoweit ist die Berufung der Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil zurückzuweisen. Die weitergehende Revision der Klägerin ist zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 5081558 |
BGHZ 2014, 366 |
NJW 2013, 2963 |
EBE/BGH 2013, 266 |
NZM 2013, 610 |
WM 2013, 2081 |
ZAP 2013, 925 |
JZ 2013, 548 |
MDR 2013, 1024 |
NJ 2013, 10 |
WuM 2013, 551 |
GuT 2013, 140 |
Info M 2013, 271 |
MietRB 2013, 285 |
NJW-Spezial 2013, 546 |
BBB 2013, 60 |
DS 2013, 208 |
DS 2013, 318 |
GuG 2013, 47 |
GuG 2014, 118 |