1 Leitsatz

  1. Eine Türnische ist bei der Wohnflächenberechnung nicht zu berücksichtigen.
  2. Es ist zu prüfen, ob eine Türnische im Sinne der Wohnflächenverordnung vorliegt.
  3. Liegt die tatsächliche Wohnfläche mehr als 10 % – wenn auch nur geringfügig mehr – unter der vereinbarten Wohnfläche, ist die Wohnung mangelhaft und eine Mietminderung gerechtfertigt.

2 Normenkette

§ 536 Abs. 1 Satz 2 BGB; § 3 Abs. 3 Nr.3 WoFlV

3 Das Problem

Der Vermieter und die Mieterin einer Wohnung streiten im Rahmen einer Räumungsklage über die tatsächliche Wohnfläche. Die Mieterin hatte die Miete gemindert, weil sie der Meinung war, die tatsächliche Wohnfläche unterschreite die vereinbarte Wohnfläche um mehr als 10 %. Daher liege ein erheblicher Mangel vor. Der Vermieter erkennt die Minderung nicht an und kündigte das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs.

Im 2013 abgeschlossenen Mietvertrag ist eine Wohnfläche von 48 m2 vereinbart. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger ermittelte eine tatsächliche Wohnfläche von 43,38 m2, was einer Abweichung von 9,63 % entspricht. Da die Erheblichkeitsschwelle von mehr als 10 % Abweichung nicht erreicht sei, sah das Landgericht, wie zuvor bereits das Amtsgericht, keinen zur Minderung berechtigenden Mangel und gab der Räumungsklage statt.

Bei der Berechnung der Wohnfläche, der das Landgericht gefolgt ist, hat der Sachverständige auch die Grundfläche zweier nebeneinander liegender Durchgänge zwischen Wohnzimmer und Schlafzimmer mit jeweils 0,10 m2 berücksichtigt. An den Durchgängen befinden sich keine Türrahmen und keine Türen.

Zwar bleiben nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 WoFlV die Grundflächen von Türnischen außer Betracht. Das Landgericht sah die Durchgänge jedoch mangels Türrahmen und Türen nicht als Türnischen an. Auch die Anordnung nebeneinander spreche dagegen, dass die Wandöffnungen zum Einbau von Türen vorgesehen gewesen seien; sie dienten vielmehr raumgestalterisch der Offenheit und Durchlässigkeit zwischen beiden Zimmern.

Die Mieterin meint hingegen, die Grundfläche der Durchgänge sei bei der Berechnung der Wohnfläche nicht zu berücksichtigen, denn es handle sich hierbei um Türnischen i. S. v. § 3 Abs. 3 Nr. 3 WoFlV. Ohne Hinzurechnung der Durchgänge wäre die tatsächliche Wohnfläche 43,18 m2, was einer Abweichung von 10,04 % von der vereinbarten Wohnfläche entspräche.

4 Die Entscheidung

Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.

Mehr als 10 % Wohnflächenabweichung ist ein Mangel

Weicht die tatsächliche Wohnfläche von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 % ab, liegt ein Mangel der Mietsache vor. Dieser führt gemäß § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Minderung der Miete in dem Verhältnis, in dem die tatsächliche Wohnfläche die vereinbarte Wohnfläche unterschreitet. Eine weitere Maßtoleranz besteht im Interesse der Praktikabilität und Rechtssicherheit nicht.

Für die Frage, ob die Wohnung im vorliegenden Fall mangelhaft ist, kommt es daher darauf an, ob die Grundfläche der beiden Durchgänge zwischen Wohn- und Schlafzimmer bei der Berechnung der Wohnfläche berücksichtigt werden muss oder nicht.

Wohnflächenverordnung ist Grundlage der Wohnflächenberechnung

Der Begriff der "Wohnfläche" ist auch bei frei finanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der Bestimmungen auszulegen, die für den preisgebundenen Wohnraum gelten. Wenn die Parteien dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall keine andere Bedeutung beimessen oder ein anderer Berechnungsmodus ortsüblich oder nach der Art der Wohnung naheliegender ist, ist die bei Vertragsschluss geltende Wohnflächenverordnung maßgeblich.

Damit ist die Wohnfläche hier anhand der bei Abschluss des Mietvertrags geltenden Wohnflächenverordnung vom 25.11.2003 (WoFlV) zu ermitteln.

Was ist eine Türnische im Sinne der Wohnflächenverordnung?

Nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 WoFlV bleiben Türnischen bei der Ermittlung der Grundfläche einer Wohnung außer Betracht. Es kommt somit darauf an, ob die beiden Durchgänge zwischen Wohnzimmer und Schlafzimmer als Türnischen einzuordnen sind.

Eine Türnische im Sinne der genannten Vorschrift ist eine Öffnung in einer Wand, die einen Durchgang durch diese ermöglicht. Es kommt nicht darauf an, ob in die Wandöffnung eine Tür oder ein Türrahmen eingebaut ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Grundfläche ein eigener Wohnwert zugutekommt. Das ist bei einer Wandöffnung, die den Durchgang zwischen 2 Zimmern ermöglicht, grundsätzlich nicht der Fall. Die Grundfläche einer solchen Öffnung hat keinen eigenen Wohnwert, weil sie einer Nutzung zu Wohnzwecken nicht oder allenfalls gemindert zur Verfügung steht.

Der Umstand, dass es in der Wand zwischen Wohn- und Schlafzimmer nicht nur eine, sondern zwei Öffnungen nebeneinander gibt, schließt für sich genommen nicht aus, die beiden Öffnungen oder auch nur eine der beiden als Türnischen einzuordnen.

Auf das tatsächliche Nutzungsverhalten des konkreten Mieters kommt es nicht an. Es ist daher unerheblich, ob der Mieter in die Öffnung etwa ein Regal eingebaut oder sonstige Einrichtungsgegenstände dort hingestellt hat.

Die Öffnungen in der Wand...

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