Gewos: Umsatz mit Immobilien geht erstmals seit 2009 zurück

Das Jahr 2021 war ein Rekordjahr am Immobilienmarkt. Mehrfamilienhäuser wurden besonders gut gehandelt, doch die Bedingungen haben sich gedreht. Das Gewos-Institut erwartet für 2022 einen sinkenden Umsatz über alle Segmente hinweg – erstmals seit der Finanzkrise 2009.

Die Rahmenbedingungen am deutschen Immobilienmarkt haben sich seit Jahresbeginn grundlegend verändert, schreibt das Hamburger Gewos-Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung. Demnach wird der Umsatz mit Wohnungen, Häusern, Gewerbeimmobilien und Grundstücken in diesem Jahr erstmals seit der Finanzkrise 2009 zurückgehen – um sieben Prozent auf 313,5 Milliarden Euro, schätzt Gewos. Die Zahl der Käufe dürfte bis Ende des Jahres unter die 900.000-Marke sinken. Gründe seien die hohe Inflation, steigende Zinsen und trübe Konjunkturaussichten, so die Analysten.

Für seine Immobilienmarktanalyse IMA hat Gewos Daten der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ausgewertet, also nur tatsächlich abgeschlossene Veträge. Betrachtet wurde das Jahr 2021 und zudem Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2022, auf denen auch die Prognose beruht.

Wohnimmobilien: Mehrfamilienhäuser performen (noch)

Im vergangenen Jahr lag der Geldumsatz über alle Teilmärkte hinweg bei rund 337 Milliarden Euro, das ist ein Anstieg um 14,5 Prozent gegenüber 2020. Fast 80 Prozent der Deals betrafen Wohnimmobilien: Bundesweit wurde im Jahr 2021 in Summe der vier Wohnsegmente Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen, Mehrfamilienhäuser und Wohnbauland im Wert von rund 253,9 Milliarden Euro gehandelt, das ist ein Plus von 14,3 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor, wie Gewos berichtet. Die Verkäufe sind insgesamt um 0,9 Prozent auf rund 728.400 zurückgegangen, was die Experten auf Preissteigerungen zurückführen.

Einen Boom erlebte im Jahr 2021 das Mehrfamilienhaus-Segment mit einem Plus beim Geldumsatz von 27,4 Prozent (was 10,6 Milliarden Euro entspricht) auf rund 49,3 Milliarden Euro. Die Zahl der Käufe legte – nach einem Rückgang im Jahr zuvor – ebenfalls wieder leicht um 6,1 Prozent auf rund 44.000 Transaktionen zu. In den zehn bevölkerungsreichsten Städten wurden rund 4.700 Käufe von Mehrfamilienhäusern registriert, das ist ein Anstieg um 7,7 Prozent gegenüber 2020.

"Das investorengeprägte Mehrfamilienhaussegment weist eine insgesamt größere Volatilität auf als andere Marksegmente, dennoch ist der erhebliche Zuwachs des vergangenen Jahres außergewöhnlich", sagt Sebastian Wunsch vom Gewos-Institut. Verantwortlich für den sprunghaften Umsatzanstieg seien vor allem große Paketverkäufe in einigen Top-Städten, vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2021. Auch allgemeine Nachholeffekte spielten eine Rolle: So wurden für 2020 geplante Ankäufe wegen Corona-bedingter Einschränkungen und Unsicherheiten teilweise erst im Folgejahr realisiert.

Doch auch die anderen Marktsegmente legten zu: Der Umsatz mit Eigentumswohnungen stieg um rund 16 Prozent auf 92,5 Milliarden Euro, der Geldumsatz mit Ein- und Zweifamilienhäusern rund sieben Prozent auf 89,9 Milliarden Euro.

Prognose: Umsätze und Preise im Wohnsegment sinken

Der Markt für Wohnimmobilien dürfte sich auch im laufenden Jahr etwas positiver als der Gesamtmarkt entwickeln. Gewos prognostiziert, dass die Umsätze mit Wohnimmobilien 2022 um 5,6 Prozent auf bundesweit rund 239,7 Milliarden Euro zurückgehen dürften, die Zahl der Kauffälle dürfte in der Summe der vier Marktsegmente (Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen, Mehrfamilienhäuser und Wohnbauland) um 5,5 Prozent auf rund 688.500 sinken.

Der Druck am Wohnungsmarkt wird dem Beratungs- und Forschungsinstitut zufolge angesichts der wieder hohen Nettozuwanderung nach Deutschland und einer Zusatznachfrage durch Geflüchtete aus der Ukraine hoch bleiben – speziell in den Städten, auf die sich die Zuzüge überwiegend richten dürften. Dazu kommen verzögerte Baufertigstellungen in den Städten. "Ein flächendeckender Preisrückgang, geschweige denn ein plötzlicher Preisverfall – wie er vielfach beschworen wurde – ist in den uns vorliegenden Transaktionszahlen bislang nicht erkennbar", so Wunsch. Dass die Preisdynamik auf Jahressicht nachlässt und die Preise für Wohnimmobilienpreise nur noch geringfügig zulegen werden, davon geht auch das Institut aus.

Den stärksten Umsatzrückgang prognostiziert Gewos 2022 bei den Mehrfamilienhäusern: Von einem Minus von 15,1 Prozent auf rund 41,9 Miliarden Euro ist die Rede. Auch Eigentumswohnungen dürften Federn lassen (minus 5,2 Prozent auf rund 87,6 Milliarden Euro). Die Umsätze mit Ein- und Zweifamilienhäusern werden nach der Prognose im laufenden Jahr voraussichtlich um zwei Prozent auf rund 88,1 Milliarden Euro sinken. Für den Teilmarkt "Wohnbauland" wird wiederum nur einen geringfügiger Rückgang des Geldumsatzes um 0,4 Prozent auf rund 22,1 Milliarden Euro erwartet – allerdings bei rückläufigen Kauffällen und Flächenumsätzen.


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Schlagworte zum Thema:  Immobilienmarkt, Wohnimmobilien, Transaktion