Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Vereinbarung der Kündigungsmöglichkeit der Stimmrechtsbindung im Gesellschaftsvertrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Statusfeststellung. Rechtsmacht
Leitsatz (amtlich)
Ein geschäftsführender Gesellschafter eines Unternehmens ist auch dann sozialversicherungspflichtig, wenn im Gesellschaftsvertrag zu seinen Gunsten eine Stimmrechtsbindung vereinbart ist, die aber kündbar ist, und er einen Gesellschaftsanteil von nur 10 % inne hat.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl BSG vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R = SozR 4-2400 § 7 Nr 28 und B 12 KR 13/14 R = SozR 4-2400 § 7 Nr 26.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1, § 7a
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10.06.2015 wird zurück gewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Der im Jahr 1979 geborene Kläger ist Tischlermeister und hat im Jahr 2009 10 % am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) von 230.700 € in Höhe von 23.070 € erworben. Weitere Gesellschafter sind Herr B. mit einem Anteil von 171.730 €, E. Sch mit einem Anteil von 10.250 €, R. M mit einem Anteil von 10.250 € und V. E mit einem Anteil von 15.400 €.
Die Beigeladene zu 1) betreibt nach ihrem Gesellschaftsvertrag vom 02.07.1990 den Betrieb einer Tischlerei für die Herstellung von Möbeln und Einbauteilen für den Innenausbau.
Nach § 10 des Gesellschaftsvertrags entscheidet die Gesellschafterversammlung über die von den Gesellschaftern in Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen und Entscheidungen, unter anderem über die Feststellung der Jahresbilanz, der Verwendung des Reingewinns oder -verlustes, Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen, Einziehung bzw. Teilung von Geschäftsanteilen, Bestellung, Abberufung und Entlassung der Geschäftsführer, Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung. Die Gesellschafterversammlung wird durch den oder die Geschäftsführer einberufen. Die Gesellschafterversammlung entscheidet danach mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht das Gesetz eine größere Mehrheit vorschreibt.
Mit notariellem Vertrag vom 19.12.2012 änderten die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag und führten u.a. einen § 3 ein:
“Die Beteiligten zu 1) bis 5) schließen folgende Vereinbarung zur Stimmrechtsbindung: Wir üben die uns jeweils zustehenden Stimmrechte als Gesellschafter der vorgenannten GmbH nur abgestimmt, das heißt, nur einstimmig aus. Diese Vereinbarung dient dem Erreichen und Erhalten einer gleichberechtigten Entscheidung im gemeinsamen Unternehmen und ist Ausdruck der gegenseitigen Treuepflichten. Zur Bekräftigung der Ernsthaftigkeit der Stimmbindung und zum Zwecke des Nachweises erfolgt die Stimmbindungsvereinbarung in dieser Form.
Diese Vereinbarung ist durch jeden der Beteiligten mit einer Frist von vier Wochen kündbar. Die Kündigung bedarf der Schriftform und hat schriftlich gegenüber den jeweils anderen Beteiligten bzw. deren gesetzlichen Vertreter zu erfolgen.
Da die Herren B W und Herr M K die Geschäftsführer der GmbH sind, ist diese Vereinbarung der Gesellschaft hiermit offengelegt und zu beachten.„
Mit Vertrag vom 19.12.2012 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Der Gesellschaftsvertrag enthält folgende Regelungen:
§ 3 Bezüge
Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit eine jährliche Bruttovergütung von derzeit 60.000 €, das in 12 gleichen Raten unter Einbehalt etwaiger gesetzlicher Abzüge zum Ende des Kalendermonats gezahlt wird. Ein Anspruch auf eine gesonderte Vergütung von Mehr-, Sonn- oder Feiertagstätigkeit sowie Gratifikationen besteht nicht. Die Vergütung wird gemäß der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmt und mindestens einmal jährlich neu zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft festgelegt.
Der Geschäftsführer erhält für die Dauer dieses Vertrages einen angemessenen Dienstwagen zur Verfügung, der auch zu Privatfahrten genutzt werden kann. Betriebs- und Unterhaltskosten trägt die Gesellschaft. Die Versteuerung des geldwerten Vorteils für die private Nutzung trägt der Geschäftsführer.
Der Geschäftsführer erhält sämtliche Aufwendungen, die ihm in Ausübung seiner Tätigkeit entstehen, einschließlich Reise- und Bewirtungskosten in nachgewiesener Höhe, ansonsten entsprechend den jeweils geltenden steuerlichen Höchstsätzen ersetzt.
Der Geschäftsführer erhält eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung.
Ferner erhält der Geschäftsführer eine Tantieme in Höhe von 15 % des Jahresüberschusses der Steuerbilanz nach Verrechnung mit dem Verlustvortrag, jedoch vor Abzug der Körperschafts- und Gewerbeertragssteuer sowie dieser und aller anderen Tantiemen (max. ein Drittel der Vergütung gem. Abs. 1). Nachträgliche Än...