Steuerliche Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts

Das Beibehaltungswahlrecht beim Übergang zu den Regelungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) gilt auch für steuerliche Zwecke. Dies hat der BFH mit Urteil vom 9.3.2023 (IV R 24/19) klargestellt.

Streitig ist, welche Rechtsfolgen sich aus der Ausübung des Beibehaltungs­wahlrechts nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Handels­gesetzbuch (EGHGB) in der Handelsbilanz der Klägerin für die Bewertung einer Nachsorgerückstellung in deren Steuerbi­lanz  ergeben.

Praxis-Hinweis: Anwendung der Beibehaltungsregelung

Das BilMoG hat seinerzeit verschiedene Änderungen im HGB mit sich gebracht. Dies gilt u. a. auch für die Berechnung von Rückstellungen. Diese sind seit dem BilMoG auch in der Handelsbilanz nach § 253 Abs. 2 HGB abzuzinsen, sofern es sich um Rückstellungen mit einer Laufzeit von über einem Jahr handelt. Da diese neue Berechnungsmethode für Unternehmen erhebliche Auswirkungen haben konnte, hat der Gesetzgeber in Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB vorgesehen, dass die alten Rückstellungsbeträge beibehalten werden dürfen, sofern der aufzulösende Betrag bis 31.12.2024 wieder zugeführt werden müsste. Die Anwendung der Beibehaltungsregelung ist im Anhang oder Konzernanhang anzugeben. Diese Bestimmung gilt nach der Entscheidung des BFH auch für die steuerliche Gewinnermittlung, da die Handelsbilanz immer noch maßgeblich für die Steuerbilanz ist. Aufgrund der recht langen Zeit seit der Einführung des BilMoG dürfte die Entscheidung nur noch im Einzelfall genau auf einen strittigen Sachverhalt Anwendung finden. Wichtig ist es indes zu erkennen, dass immer noch die Handelsbilanz den Ausgangspunkt auch für die steuerliche Gewinnermittlung ist. Bei den diversen Durchbrechungen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes, die der Gesetzgeber in den letzten Jahren normiert hat, ist dies – auch bei der Finanzverwaltung – durchaus etwas in Vergessenheit geraten.  

Inanspruchnahme des Wahlrechts für Rückstellungen in Handels- und Steuerbilanz

Die Klägerin betrieb Deponien. Für zukünftigen Aufwand (insb. aufgrund von Rekultivierungs- und Abdichtungskosten) bildete sie Rückstellungen, so auch in der Handels- und Steuerbilanz zum 31.12.2010. Im Anhang wies sie darauf hin, dass sie von dem Wahlrecht nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB Gebrauch machte, die Regelungen des BilMoG nicht anzuwenden, sondern weiterhin Rückstellungen nach den alten Grundsätzen zu bilden. Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, in der Steuerbilanz seien die Bestimmungen des BilMoG zwingend anzuwenden. Aufgrund dieser Regelungen ergaben sich niedrigere Rückstellungen. Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB sei auf die Steuerbilanz nicht anzuwenden. Das Finanzgericht teilte die Auffassung des Finanzamts. Die Klägerin wandte sich deshalb im Wege der Revision an den BFH.

Entscheidung des BFH: Verpflichtung zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten

Der BFH hob die Entscheidung des FG Münster auf, da die Revision begründet ist. Es ist unstrittig, dass grundsätzlich die Verpflichtung der Klägerin zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten besteht. Dies hat das FG auch zutreffend so erkannt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die Rückstellung aber nicht unter Anwendung der handelsbilanziellen Grundsätze nach dem BilMoG zu bilden, sondern – da die Klägerin das Wahlrecht nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB in Anspruch genommen hat – nach den Grundsätzen, die vorher galten. Diese handelsrechtlichen Grundsätze gelten auch für das Steuerrecht. Insbesondere gilt Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB auch im Steuerrecht, wie der BFH ausführlich darlegt. Insofern war die Entscheidung des FG Münster aufzuheben, allerdings war zur genaueren Berechnung der Rückstellung an dieses zurückzuverweisen. 

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