Inländischer Wohnsitz für im Ausland Studierende

Wer länger als ein Jahr außerhalb Europas studiert, sollte regelmäßige Besuche im Elternhaus einplanen. Ansonsten geht der Kindergeldanspruch verloren.

Ob auf Weltreise, als Au-Pair oder für das Studium – viele junge Menschen zieht es nach dem Abitur erst einmal eine Weile ins Ausland. Häufig ist diese Entscheidung mit hohen Kosten verbunden. Für die Eltern stellt sich dann die Frage nach dem Kindergeld. Denn dabei spielt der Wohnsitz des Kindes eine entscheidende Rolle. Bei Auslandsaufenthalten außerhalb Europas kann dies leicht zur Herausforderung werden. Dies gilt vor allem bei einer Aufenthaltsdauer von mehr als einem Jahr. Was bei der Feststellung zum Wohnort alles zu beachten ist, zeigt der Fall einer Studentin, über den der Bundesfinanzhof (BFH Urteil vom 21.06.2023 - III R 11/21) zuletzt entschieden hat.

Mehrjähriger Studienaufenthalt in Australien

Während der Schulzeit und einem Freiwilligen Sozialen Jahr hatte die Mutter Kindergeld für ihre Tochter bezogen. Danach zog diese für ein Auslandsstudium nach Australien. Angelegt war dies zunächst für ein Jahr. In dieser Zeit blieb die Studentin durchgängig dort und erhielt in der vorlesungsfreien Zeit Besuch von ihrer Mutter. Nach Ablauf des ersten Jahres entschloss die junge Frau sich zur Verlängerung. Innerhalb von insgesamt vier Jahren Auslandsstudium war sie zweimal in Deutschland. Der erste Aufenthalt fand im zweiten Studienjahr statt und dauerte 60 Tage, wovon sie eine Woche im Krankenhaus war. Im dritten Jahr hielt sie sich noch kurz von Dezember bis Januar im Inland auf.

Ab August des dritten Studienjahres stellte die Familienkasse die Zahlungen des Kindergelds ein. Außerdem hob sie die Kindergeldfestsetzung ab dem ersten Jahr auf und forderte das gezahlte Geld von der Mutter zurück. Dabei ging die Familienkasse davon aus, dass die junge Frau ab Beginn ihres Auslandsstudiums ihren Wohnsitz nach Australien verlegt hatte. Gegen diese Entscheidung klagte die Mutter vor dem Niedersächsischen Finanzgericht und erzielte einen Teilerfolg. Dabei unterstellten die Richter, dass die Tochter zunächst einen Studienaufenthalt von einem Jahr plante. Entsprechend zählte der inländische Wohnsitz auch ohne Heimatbesuch.

In der anschließenden Revision ging der BFH sogar davon aus, dass die Studentin ihren Inlandswohnsitz im dritten Jahr aufgegeben hat. Denn erst zu diesem Zeitpunkt fiel die Entscheidung, die ausbildungsfreie Zeit nicht dauerhaft in der elterlichen Wohnung zu verbringen. Entsprechend entfiel der Anspruch auf Kindergeld erst ab Januar des vierten Jahres, als die junge Frau nach ihrem Besuch in Deutschland erneut in Richtung Australien aufbrach.

Anspruch auf Kindergeld bei Auslandsstudium

Kindergeld erhalten Eltern grundsätzlich nur dann, wenn Kinder ihren Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthaltsort

  • in Deutschland,
  • einem Land der Europäischen Union oder
  • einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums

haben. Bei Auslandsaufenthalten im Rahmen der Ausbildung muss in der elterlichen Wohnung ein Raum zur Verfügung stehen, der sich zum dauerhaften Bewohnen eignet. Eine weitere Voraussetzung ist, dass das Kind die Elternwohnung weiterhin als sein Zuhause ansieht und sich dort in regelmäßigen Abständen aufhält. Wie oft es dabei vor Ort sein muss, hängt von der Dauer des Auslandsaufenthalts ab.

Lebt ein Kind zu Ausbildungszwecken oder während eines Schul- oder Studienaufenthaltes bis zu ein Jahr im Ausland, lässt sich nicht automatisch auf die Aufgabe des den inländischen Wohnsitz schließen, nur weil der Besuch zuhause ausgefallen ist. Dauert der Auslandsaufenthalt länger als ein Jahr, werden die Anforderungen jedoch strenger. Dann bleibt der Wohnsitz in der elterlichen Wohnung nur bestehen, wenn das Kind sich in der ausbildungsfreien Zeit überwiegend dort aufhält. Besuche von bis zu drei Wochen zählen dabei nicht. Kurze Unterbrechungen wie für einen Krankenhausaufenthalt sind aber unerheblich.

Ändert sich die ursprüngliche Planung und ein Kind bleibt länger im Ausland, gelten die Kriterien für einen mehrjährigen Aufenthalt erst ab dem Zeitpunkt, an dem die Entscheidung zur Verlängerung fällt. Bei der Bewertung kommt es dabei auf den Gesamtüberblick an. So verliert das Kind nicht rückwirkend seinen Anspruch auf Kindergeld, wenn Besuche im Elternhaus mit zunehmender Studiendauer seltener werden.

Praxis-Tipp: Kindergeld nur bei Ausbildungsaufenthalt im Ausland

Neben Studienaufenthalten ist bei vielen jungen Menschen auch "Work & Travel" sehr beliebt. Kindergeld gibt es für die Eltern in dieser Zeit jedoch nur, wenn das Programm mit Ausbildungsinhalten verknüpft wird oder es in einer maximal viermonatigen Übergangszeit zwischen Schule und weiterer Ausbildung liegt.


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Schlagworte zum Thema:  Kindergeld, Studium, Auslandsaufenthalt