Ermäßigte Besteuerung bei Betriebsveräußerung

Bei Antrag auf ermäßigte Besteuerung des Veräußerungsgewinns kann die Entscheidung nur vor Bestandskraft des Steuerbescheids rückgängig gemacht werden.

Wer würde nicht gerne in die Zukunft schauen können, wenn wichtige Entscheidungen anstehen. Immerhin ließe sich auf diese Weise so manches verhindern, was sich durch eine spätere Entwicklung vielleicht als nachteilig erweist. Das gilt gerade auch in finanziellen Angelegenheiten. Umso ärgerlicher ist es schließlich, wenn diese sich später unerwartet als teure Fehlentscheidung entpuppen und nicht mehr zu ändern sind. Auch die Einkommensteuer hält in Bezug auf Wahlrechte ein paar Entscheidungshürden für Steuerpflichtige bereit – und zwar erst recht, wenn eine Außenprüfung die Grundlagen ändert. Ob Anpassungen in solchen Fällen möglich sind, hatte aktuell der Bundesfinanzhof (BFH Urteil vom 20.04.2023 - III R 25/22) zu entscheiden.

Rücknahme eines Antrags bei geändertem Grundlagenbescheid

Im Jahr 2007 hatte ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb veräußert. Im Folgejahr stellte er den Antrag auf ermäßigte Besteuerung des erzielten Veräußerungsgewinns, den das zuständige Finanzamt auch annahm. Zu einem späteren Zeitpunkt kam es dann jedoch noch zu einer Außenprüfung, die zu einem geänderten Grundlagenbescheid führte. Aus dem darin festgestellten niedrigeren Veräußerungsgewinn ergab sich außerdem eine geringere Einkommensteuer.

In Folge der geänderten Ausgangssituation teilte der Unternehmer dem zuständigen Finanzamt innerhalb der Einspruchsfrist gegen den Änderungsbescheid mit, dass er seinen Antrag auf ermäßigte Besteuerung für diesen Fall zurücknehmen wolle. Stattdessen stellte er ihn nun in Zusammenhang mit der Veräußerung einer anderen Gesellschaft im Jahr 2014. Denn dabei war ein höherer Gewinn entstanden, sodass die ermäßigte Besteuerung in diesem Fall für ihn vorteilhafter gewesen wäre. Diesem Wunsch des Steuerpflichtigen kam das Finanzamt jedoch nicht nach. Auch die anschließende Klage vor dem Finanzgericht Köln brachte keinen Erfolg.

Keine Änderung bei Bestandskraft

In seiner aktuellen Entscheidung kam der Bundesfinanzhof zu demselben Ergebnis wie die Vorinstanz. Dabei stellten die Richter zwar grundsätzlich fest, dass der Antrag frei widerruflich und dabei nicht an eine Frist gebunden ist. Dabei kann er jedoch nur so lange geändert werden, wie der Steuerbescheid nicht bestandskräftig ist. Kommt es nachträglich zu einer Änderung des Steuerbescheids, sind Anpassungen lediglich im Rahmen der geänderten Punkte möglich. In allen Übrigen bleibt die Bestandskraft bestehen. Für den Unternehmer ergibt sich daraus, dass er seinen Antrag auf ermäßigte Besteuerung nicht mehr rückgängig machen kann.

Möglich wäre eine Änderung lediglich unter zwei Voraussetzungen: ein Folgebescheid müsste an den Grundlagenbescheid angepasst werden oder ein rückwirkendes Ereignis würde eine Anpassung erfordern. Da das Wahlrecht als solches jedoch nicht Gegenstand des Grundlagenbescheids ist, entfällt diese Möglichkeit. Außerdem handelt es sich bei der gewünschten Rücknahme des Antrags nicht um ein steuerliches Ereignis mit Rückwirkung auf die Vergangenheit.

Praxis-Tipp: Antrag auf ermäßigten Steuersatz bei Betriebsveräußerung

Verkaufen Unternehmer ihren erfolgreichen Betrieb an einen Nachfolger, können sie sich in den meisten Fällen über einen beträchtlichen Veräußerungsgewinn freuen. In Bezug auf die zu zahlende Einkommensteuer folgt daraus jedoch: Ihre Steuerlast fällt im Verkaufsjahr deutlich höher aus, als sie dies aus den gewöhnlichen Geschäftsjahren gewohnt sind. Deshalb räumt der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit ein, die Besteuerung mit einem ermäßigten Steuersatz zu wählen. In Anspruch nehmen können dies Steuerpflichtige, die das 55. Lebensjahr vollendet haben oder dauerhaft berufsunfähig nach den Vorgaben der Sozialversicherung sind.

Wer sich für die ermäßigte Besteuerung entscheidet, sollte allerdings unbedingt bedenken: Steuerpflichtige können den Antrag nur einmal im Leben stellen. Für alle diejenigen, die mehrere Unternehmen führen, gilt es daher abzuwägen, in welchem Fall sie ihr Wahlrecht ausüben sollten. Zu beachten ist außerdem, dass Unternehmer die Besteuerung zum ermäßigten Steuersatz aktiv beantragen müssen. Stellen sie den Antrag nicht, berechnet das Finanzamt die Einkommensteuer automatisch nach dem normalen Steuersatz. Eine nachträgliche Ausübung des Wahlrechts ist nur möglich, solange die Einspruchsfrist nach Erteilung des Steuerbescheids noch nicht abgelaufen ist. Danach entfällt die Möglichkeit auf Erhalt der Steuerermäßigung unwiderruflich.

Schlagworte zum Thema:  Veräußerungsgewinn, Einkommensteuer