2.2.1 Grundsatz Einzelbewertung

 

Rz. 20

§ 252 HGB enthält die für alle Kaufleute geltenden Bewertungsgrundsätze. Nach § 252 Abs. 1 Ziff. 3 HGB sind die Vermögensgegenstände (und Schulden) – d. h. auch die Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens, einzeln zu bewerten.

"Enthält das Vorratsvermögen am Bilanzstichtag Wirtschaftsgüter, die im Verkehr nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt werden (vertretbare Wirtschaftsgüter) und bei denen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten wegen Schwankungen der Einstandspreise im Laufe des Wirtschaftsjahres im Einzelnen nicht mehr einwandfrei feststellbar sind, ist der Wert dieser Wirtschaftsgüter zu schätzen. 3 In diesen Fällen stellt die Durchschnittsbewertung (Bewertung nach dem gewogenen Mittel der im Laufe des Wirtschaftsjahres erworbenen und gegebenenfalls zu Beginn des Wirtschaftsjahres vorhandenen Wirtschaftsgüter) ein zweckentsprechendes Schätzungsverfahren dar."[1]

 

Rz. 21

Von vorstehenden Grundsätzen darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Die zulässigen Abweichungen ergeben sich aus § 256 HGB und zwar: Fifo- oder Lifo-Verfahren (§ 256 Satz 1 HGB), Festbewertung (§ 256 Satz 2 HGB i. V. m. § 240 Abs. 3 HGB), Gruppenbewertung (§ 256 Satz 2 HGB i. V. m. § 240 Abs. 4 HGB). Nachstehendes Schaubild[2] verdeutlicht die

 
Verfahren

Lifo/Fifo

Verbrauchsfolgeverfahren
Festbewertung Gruppenbewertung
Rechtsgrundlage

§ 256 Satz 1 HGB

(vgl. nur Lifo: § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG, R 6.9 EStR)

§ 256 Satz 2 i. V. m. § 240 Abs. 3 HGB

(vgl. auch H 6.8 EStH)

§ 256 Satz 2 i. V. m. § 240 Abs. 4 HGB

(vgl. auch R 6.8 Abs. 4 EStR)
Wertansatz Wert gem. Fifo- oder Lifo-Verfahren Festwert Gewogener Durchschnittswert
Anwendungsbereich Vorratsvermögen Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens RHB-Stoffe, sofern regelmäßig ersetzt und von nachrangiger Bedeutung, geringe Änderungen bzgl. Größe, Wert, Zusammensetzung Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens
Ergänzender Anwendungsbereich   Sachanlagen, sofern regelmäßig ersetzt und von nachrangiger Bedeutung, geringe Änderungen bzgl. Größe, Wert, Zusammensetzung Andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden
[2] Kihm, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, § 256 HGB Rz. 8.

2.2.2 Bewertungsvereinfachungsverfahren

 

Rz. 22

Die Bewertungsvereinfachungsverfahren gem. §§ 256 und 240 Abs. 3 und 4 HGB stellen eine Abweichung vom Einzelbewertungsgrundsatz des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB dar, wobei der Bilanzierende nach der Wahl der Bewertungsmethode durch das Stetigkeitsgebot des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB gebunden ist; Abweichungen sind gem. § 252 Abs. 2 HGB nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig.[1]

 

Rz. 23

Zu unterscheiden sind

(a) unterstellte Verbrauchsfolgeverfahren

Nach § 256 Satz 1 HGB kann – soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht – für den Wertansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens unterstellt werden, dass die zuerst oder dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst verbraucht oder veräußert worden sind. Macht der Steuerpflichtige glaubhaft, dass in seinem Betrieb in der Regel die zuletzt beschafften Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert werden – das kann sich z. B. aus der Art der Lagerung ergeben –, kann diese Tatsache bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten berücksichtigt werden.[2] § 256 Abs. 1 HGB beschränkt die auf eine Verbrauchs- oder Preisfolge zielenden Bewertungsvereinfachungsverfahren auf LiFo ("last in – first out") und FiFo ("first in – first out"); die Verbrauchsfolgewertverfahren HiFo ("highest in – first out") und LoFo ("lowest in – first out") sind von der Anwendung ausgeschlossen; anzusetzen ist der gewogene Durchschnittswert (§ 256 Satz 2 HGB i. V. m. § 240 Abs. 4 HGB).

Andere Bewertungsverfahren mit unterstellter Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge als die in § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG genannte Lifo-Methode sind steuerrechtlich nicht zulässig. Die Anwendung der Lifo-Methode setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter auch in der Handelsbilanz nach dieser Methode bewertet. Eine Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter in der Handelsbilanz steht der Anwendung der Lifo-Methode nicht entgegen. Bei einer Abweichung von der Handelsbilanz sind die Wirtschaftsgüter in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen (§ 5 Abs. 12 Satz 2 EStG).[3]

 

Rz. 24

(b) Festbewertung

§ 240 Abs. 3 HGB bestimmt, dass Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert (Festwert) angesetzt werden, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist und sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Jedoch ist i. d. R. alle 3 Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen.[4] Die Vorschrift des § 240 Abs. 3 HGB gilt nach ihrem klaren Wortlaut lediglich für Sachanlagevermögen sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, nicht ab...

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