Rz. 13

Mit der Überschrift zu § 255 HGB "Bewertungsmaßstäbe"bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck,[1] dass die Bewertungsmaßstäbe des Handelsrechts Anschaffungskosten, Herstellungskosten und beizulegender Zeitwert sind und zugleich den zulässigen Höchstwert der Vorräte bilden.[2]

[1] Siehe Begründung des Regierungsentwurfs Nr. 11 zu § 255 HGB, abgedruckt u. a. bei Petersen/Zwirner, BilMoG – Gesetze, Materialien, Erläuterungen, 2009, S. 211.
[2] Eine Ausnahme hiervon ist die Zeitbewertung bei Kreditinstituten nach § 340e Abs. 3 HGB; hier sind Finanzinstrumente des Handelsbestands zum beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags zu bewerten. Dieser Themenkreis wird in diesem Beitrag nicht weiter verfolgt.

2.1.1 Anschaffungskosten

 

Rz. 14

Nach § 255 Abs. 1 HGB sind Anschaffungskosten[1] die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Anschaffungskosten sind also die gesamten Aufwendungen für den Erwerb der Gegenstände. Zu den Anschaffungskosten gehören also nicht nur der eigentliche Kaufpreis, sondern auch die Nebenkosten, die für den Erwerb aufgewendet werden. Solche Nebenkosten sind u. a. die Kosten für den Transport, z. B. Frachtkosten, Rollgelder, Transportversicherungskosten die Einfuhrzölle, etwaige Vermittlungs- und Vertragskosten. Ebenso gehört die nicht abzugsfähige Vorsteuer zu den Anschaffungskosten.

Preisnachlässe wie Rabatte, Skonti und Boni mindern die Anschaffungskosten. Finanzierungskosten (Geldbeschaffungskosten) stellen weder einen Teil des Kaufpreises dar, noch zählen sie zu den Nebenkosten der Anschaffung. So gehören auch Wechseldiskont und Wechselspesen als Geldbeschaffungskosten nicht zu den Anschaffungskosten.

[1] Zu Einzelheiten siehe "Anschaffungskosten nach HGB und EStG".

2.1.2 Herstellungskosten

 

Rz. 15

Die Herstellungskosten[1] werden in § 255 Abs. 2 HGB wie folgt definiert:

"(1) Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. (2) Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung sowie Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist. (3) Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessenen Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. (4) Forschungs- und Vertriebskosten dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden". § 255 Abs. 3 HGB ergänzt: Zinsen für Fremdkapital gehören im Allgemeinen nicht zu den Herstellungskosten.[2]

 

Rz. 16

Nach der Gesetzesbegründung[3] ist § 252 Abs. 2 Satz 2 HGB dahingehend zu interpretieren, dass unmittelbar zurechenbar solche Aufwendungen sind, die in Abhängigkeit von der Erzeugnismenge variieren. Dazu gehören die Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie der Werteverzehr des Anlagevermögens, soweit er durch die Fertigung veranlasst ist; es handelt sich um produktionsbezogene (variable) Gemeinkosten. Die Aktivierungspflicht dieser Gemeinkosten ist der Kernpunkt des § 255 Abs. 2 HGB und führt zur Festlegung der handelsrechtlichen Herstellungskostenuntergrenze.[4]

Das Aktivierungswahlrecht des § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB führt zur Herstellungskostenobergrenze; hierzu aus der Gesetzesbegründung:[5] § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB "eröffnet den Unternehmen das Wahlrecht, in die Herstellungskosten solche Aufwendungen, die unabhängig von der Erzeugnismenge anfallen, einzurechnen, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Danach dürfen angemessene Teile der dem einzelnen Erzeugnis nur mittelbar zurechenbaren Kosten, welche auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, den Herstellungskosten hinzugerechnet werden. Dazu zählen die Kosten der allgemeinen Verwaltung, Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs sowie Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen und die betriebliche Altersversorgung. Nicht angemessene Kosten bleiben auch weiterhin unbeachtlich."

 

Rz. 17

Damit stellt sich der Umfang der Herstellungskosten[6] wie folgt dar:

Einzelkosten

  • Materialeinzelkosten
  • Fertigungseinzelkosten
  • Sondereinzelkosten der Fertigung

Produktionsbezogene Gemeinkosten (angemessene Teile)

  • Materialgemeinkosten
  • Fertigungsgemeinkosten
  • Abschreibungen

    ––––––––––––––––––––––––––––

= Herstellungskostenuntergrenze

Bestimmte nicht produktionsbezogene Gemeinkosten (angemessene Teile)

  • Allgemeine Verwaltungskosten
  • Aufwendungen für soziale Einrichtungen
  • Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen
  • Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung

    ––––––––––––––––––––––––––––––...

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