Der Umfang der Handlungsvollmacht ist im Innenverhältnis, genau wie bei anderen Vollmachten, frei bestimmbar. Dies schränkt die Vollmacht im Außenverhältnis aber nur selten ein. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit der Vertragspartner auf das Bestehen der Vollmacht vertrauen durfte. Dies ist im Fall der Handlungsvollmacht zum Teil durch das Gesetz vorgegeben. Das Gesetz beschränkt die Handlungsvollmacht auf die Geschäfte, die mit dem Handelsgewerbe unmittelbar zusammenhängen. Der Vertragspartner kann sich folglich grundsätzlich darauf verlassen, dass die Vollmacht alle Geschäfte umfasst, die im Rahmen des Handelsbetriebs üblich sind.

Eine Handlungsvollmacht erstreckt sich grundsätzlich nicht auf folgende Geschäfte:

  • Einkauf und Verkauf von Sachen außerhalb des eigentlichen Unternehmensgegenstandes des Unternehmens,
  • Außergewöhnliche Geschäfte (z. B. Einkauf umfangreicher Mengen einer Ware in einem sehr kleinen Handelsbetrieb),
  • Außergewöhnliche, marktunübliche Erklärungen (z. B. Skonto i. H. v. 20 % oder Zahlungsziele von 6 Monaten),
  • Veräußerung oder Belastung von Grundstücken (z. B. Eintragung von Grundschulden),
  • Aufnahme von Wechselverbindlichkeiten,
  • Aufnahme von Darlehen,
  • Prozessführung (Klageerhebung, Mahnbescheid, gerichtlicher Vergleich, Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts).

Der Umfang der Bevollmächtigung wird im Außenverhältnis durch Auslegung ermittelt. Indizien hierzu sind das Vertragsverhältnis zwischen Vertretenem und Vertreter (z. B. Stellung im Betrieb, Bezeichnung der Position), aber auch alle anderen relevanten Verhaltensweisen der Parteien. Steht der Bevollmächtigte in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Vollmachtgeber (Direktor, Abteilungsleiter), so wird regelmäßig von einer umfangreichen Bevollmächtigung ausgegangen "Generalhandlungsvollmacht". Die Vollmacht eines "einfachen Angestellten" hat in der Regel nur sehr geringen Umfang und beschränkt sich auf den Geschäftsbereich seiner Abteilung (z. B. Lagerist hat Vollmacht für das Lager) "Arthandlungsvollmacht". Denkbar ist auch, dass der Bevollmächtigte nur für ein bestimmtes Rechtsgeschäft oder eine bestimmte Tätigkeit bevollmächtigt ist und darüber hinaus keine Vertretungsmacht besitzt "Spezialhandlungsvollmacht".

Kurz: Die Handlungsvollmacht hat gegenüber dem Vertragspartner (Dritten) immer den Umfang, den ein objektiver Betrachter unter Berücksichtigung aller Umstände annehmen kann und darf.

 
Praxis-Beispiel

Mitarbeiter ohne Leitungsfunktion übt leitende Aufgaben aus

Ein Mitarbeiter ohne Leitungsfunktion ist regelmäßig nicht zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen bevollmächtigt.

 
Praxis-Beispiel

Bediensteter in Ladengeschäft oder Werkstatt nimmt Geld entgegen

Ein Bediensteter im Ladengeschäft oder einer Werkstatt außerhalb des Kassenbereiches ist offensichtlich nicht zur Entgegennahme von Geldern bevollmächtigt.

Die Vollmacht kann auch die Befugnis umfassen, Untervollmachten zu erteilen. Im Rahmen eines Handelsbetriebs muss dieses Recht durch den Vollmachtgeber (Geschäftsführer/Prokuristen) ausdrücklich erklärt werden (§ 58 HGB).

 

Zurückhaltung geboten bei der Befugnis zur Unterbevollmächtigung

Es kann nur selten kontrolliert werden, wem der Bevollmächtigte in welchem Umfang das Recht erteilt, das Unternehmen zu vertreten. Wenn möglich sollten immer alle Vollmachten selbst und direkt erteilt werden. In den Fällen, in denen eine Befugnis zur Unterbevollmächtigung unbedingt notwendig ist (z. B. weil der Geschäftsführer lange Zeit ortsabwesend ist), sollte diese nach Möglichkeit sowohl im Umfang als auch in ihrer Zeitdauer eingeschränkt werden.

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