Diese sog. Mindestbesteuerung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht[1], solange der Verlustausgleich nicht versagt, also nicht endgültig ausgeschlossen ist, sondern lediglich zeitlich gestreckt wird. Eine Verlagerung des Verlustausgleichs auf spätere VZ ist im Hinblick darauf nicht zu beanstanden, dass das Grundrecht seine Wirkung grundsätzlich VZ-übergreifend entfaltet. Es genügt, wenn die Verluste überhaupt, sei es auch in einem anderen VZ, steuerlich berücksichtigt werden.[2] Die abstrakte Möglichkeit, dass in späteren VZ Ereignisse eintreten, die im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung der Regelungen zur sog. Mindestbesteuerung auf den VZ zurückwirken könnten, führt nicht zu einer Ungewissheit i. S. d. § 165 Abs. 1 Satz 1 AO darüber, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer in diesem VZ überhaupt eingetreten sind.[3] Ein allgemeiner Vorläufigkeitsvermerk ist daher nicht möglich. So kann die Regelung auch nicht in eine Allgemeinverfügung der Finanzverwaltung aufgenommen werden.[4] Ggf. muss ein betroffener Steuerpflichtiger den jeweiligen Steuer- bzw. Feststellungsbescheid selbst anfechten. Die Finanzverwaltung gewährt in einschlägigen Fällen Aussetzung der Vollziehung.[5]

 
Hinweis

Mindestbesteuerung bei Insolvenz

Beim BFH ist die Frage anhängig, ob nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten des gesamten Liquidationszeitraums ohne die Anwendung der Mindestbesteuerungsregelung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG zu erfolgen hat. Es geht in dem Fall um ein mehrjähriges Insolvenzverfahren und die Frage der Auswirkung des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals des Definitiveffekts.[6]

 
Hinweis

Beschränkung der Verlustverrechnung

Die Begrenzung der Höhe nach gilt durch die Verweise auf § 10d EStG in § 2b EStG a. F., § 15 Abs. 4 EStG, § 20 Abs. 6 EStG, § 22 Nr. 2 EStG i. V. m. § 23 Abs. 3 Sätze 7 und 8 EStG, § 22 Nr. 3 Satz 4 EStG auch für die Einkunftsarten, die besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen unterliegen. Sie sind daher in die Höchstbetragsberechnung mit einzubeziehen.[7]

Negative EInkünfte i. S. d. § 2a EStG dürfen nach § 10d EStG gar nicht abgezogen werden.[8] Verluste bei beschränkter Haftung i. S. d. § 15a EStG dürfen, soweit ein negatives Kapitalkonto entsteht, ebenfalls nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.[9]

[1] BFH, Beschluss v. 14.3.2008, IX B 247/07, BFH/NV 2008 S. 1147; BFH, Beschluss v. 9.4.2010, IX B 191/09, BFH/NV 2010 S. 1270. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG, Beschluss v. 13.4.2014, 2 BvR 1175/10.
[2] BFH, Urteil v. 22.8.2012, I R 9/11, BStBl 2013 II S. 512, Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az beim BVerfG 2 BvR 2998/12,

s. Einspruchsmuster: Verluste: Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung.

[4] Zuletzt BMF, Schreiben v. 10.1.2019, IV A 3 – S 0338/07/10007, BStBl 2019 I S. 2; dieses Schreiben ist zwischenzeitlich nicht mehr anzuwenden, BMF, Schreiben v. 11.3.2022, IV A 2 – O 2000/21/10005 :001, Anlage 2 Nr. 11, BStBl 2022 I S. 366.
[6] FG Düsseldorf, Urteil v. 18.9.2018, 6 K 454/15 K, EFG 2018 S. 2058, Rev. eingelegt, Az beim BFH I R 36/18. Das Verfahren wurde durch Beschluss v. 18.5.2021 bis zum Abschluss des beim BVerfG anhängigen Verfahrens 2 BvL 19/14 ausgesetzt.
[8] § 2a Abs. 1 Satz 1 am Ende EStG.

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