Rz. 66

Leasing- und Mietkaufverträge können je nach konkreter Ausgestaltung entweder als (begünstigte) Lieferung oder als (nicht begünstigte) sonstige Leistung anzusehen sein. Maßgeblich für die Abgrenzung sind die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien. Hierzu verweist Abschn. 12.18 Abs. 1 S. 10 UStAE auf die allgemeinen Grundsätze in Abschn. 3.5 Abs. 5 UStAE. Danach liegt eine Lieferung vor, wenn

  1. der Vertrag ausdrücklich eine Klausel zum Übergang des Eigentums an diesem Gegenstand vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer enthält und
  2. aus den – zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung und objektiv zu beurteilenden – Vertragsbedingungen deutlich hervorgeht, dass das Eigentum am Gegenstand automatisch auf den Leasingnehmer übergehen soll, wenn der Vertrag bis zum Vertragsablauf planmäßig ausgeführt wird.

Zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei Leasing- und Mietkaufverträgen sind weiterhin Laufzeit des Vertrags, Zahlungsbedingungen und mögliche Kombination mit anderen Leistungselementen u.ä. zu berücksichtigen.[1]

 

Rz. 67

Die Annahme einer Lieferung der Fotovoltaikanlage nach den vorstehenden Grundsätzen setzt voraus, dass die Verfügungsmacht bei dem Unternehmer liegt, der die Fotovoltaikanlage überlässt. In den Fällen, in denen der Überlassung der Fotovoltaikanlage eine zivilrechtliche Eigentumsübertragung vom späteren Nutzenden (Mieter, Leasingnehmer) an den überlassenden Unternehmer (Vermieter, Leasinggeber) vorausgeht, ist daher zu prüfen, ob die Verfügungsmacht an der Fotovoltaikanlage sowohl im Rahmen der Eigentumsübertragung als auch im Rahmen der nachfolgenden Nutzungsübertragung jeweils tatsächlich übertragen wird. Insbesondere beim sog. "sale-and-lease-back" ist zu untersuchen, ob eine Hin- und Rücklieferung stattfindet oder, ob dem der Nutzung vorangehenden Übergang des zivilrechtlichen Eigentums an der Fotovoltaikanlage vielmehr eine bloße Sicherungs- und Finanzierungsfunktion zukommt, sodass insgesamt eine Kreditgewährung vorliegt.[2]

 

Rz. 68

Die Prüfung, ob bei "sale-and-lease-back" oder vergleichbaren Modellen eine tatsächliche Hin- und Rücklieferung stattfindet, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Entscheidend sind die konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren jeweilige tatsächliche Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten. Von einem Finanzierungsgeschäft (nicht begünstigte sonstige Leistung) ist insbesondere auszugehen, wenn die Vereinbarungen über die Eigentumsübertragung und über das Leasingverhältnis bzw. über die Rückvermietung in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen und eine Ratenkauf- oder Mietkaufvereinbarung geschlossen wird, aufgrund derer das zivilrechtliche Eigentum mit Ablauf der Vertragslaufzeit wieder auf den Nutzenden zurückfällt und den Überlassenden zur Rückübertragung des Eigentums verpflichtet. Daher ist bei einer als Lieferung zu qualifizierenden Nutzungsüberlassung (Rz. 66) mit vorangehender Eigentumsübertragung auf den Überlassenden (sog. "sale-and-Mietkauf-back") ein Finanzierungsgeschäft anzunehmen.[3]

 

Rz. 69

Ist im Unternehmerbereich ein sale-and-lease-back-Geschäft maßgeblich darauf gerichtet, dem Verkäufer und Leasingnehmer eine vorteilhafte bilanzielle Gestaltung zu ermöglichen und hat dieser die Anschaffung der Fotovoltaikanlage durch den Käufer und Leasinggeber überwiegend mitfinanziert, stellt das Geschäft weder eine Lieferung mit nachfolgender Eigentumsübertragung noch eine Kreditgewährung dar. Es handelt sich vielmehr um eine steuerpflichtige sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 S. 1 UStG, die in der Mitwirkung des Käufers und Leasinggebers an einer bilanziellen Gestaltung des Verkäufers und Leasingnehmers besteht.[4]

 

Rz. 70

Handelt es sich nach den vorstehenden Abgrenzungskriterien bei Leasing oder Mietkauf um sonstige Leistungen, unterliegen diese in voller Höhe dem Regelsteuersatz. Handelt es sich nach den Abgrenzungskriterien dagegen um die Lieferung einer Fotovoltaikanlage, unterliegt diese Lieferung grundsätzlich unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG dem Nullsteuersatz.

Allerdings findet der Nullsteuersatz keine Anwendung auf den Teil des Entgelts (Leasing- oder Mietkaufrate), der auf eigenständige Serviceleistungen entfällt wie z. B. Wartungsarbeiten, die Einholung von behördlichen Genehmigungen oder die Versicherung der Fotovoltaikanlage mit einer Haftpflicht- und Vermögensschadens-Versicherung. Ein einheitlicher Mietbetrag (Leasing- oder Mietkaufrate) ist nach der einfachsten möglichen Methode aufzuteilen.[5]

Nach einer Übergangsregelung im BMF-Einführungsschreiben[6] beanstandet es die Verwaltung nicht, wenn die Ausführungen im damaligen Abschn. 12.18 Abs. 1 S. 11 und 12 UStAE erst ab 1.4.2023 angewendet werden (Rz. 125). Durch das weitere BMF-Schreiben v. 30.11.2023 (a. a. O.) handelt es sich nun um die Ausführungen zu Abschn. 12.18 Abs. 1 S. 12 und 13 UStAE, die erst ab 1.4.2023 angewendet werden können.

Die Verwaltung ...

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