Als eine Gruppe von Controllern Ende 2018 die Idee diskutierte, CO2-Fußabdrücke automatisiert für alle Produkte zu berechnen, um mit den Kunden darüber zu sprechen, lag folgende Ausgangssituation vor: Im Rahmen des jährlichen BASF-Berichts wird die Gesamt-Emissionsmenge der BASF für eigene Anlagen (Scope 1) und zugekaufter Energien (Scope 2) berichtet. Hierfür gibt es eine globale Emissionsdatenbank, in die alle weltweiten Standorte der BASF-Gruppe jährlich ihre ermittelten Emissionsmengen eingeben oder übermitteln. Die effektiven Produkt-Stücklisten hingegen, sowie Rohstoff- und Energieverbräuche lagen im BASF ERP-System für alle Standorte auf detaillierterer Ebene vor – zentralisiert in einer SAP R/3 Instanz bzw. zentralen Business Warehouse Datenbanken.

Für die Kunden ist ein sogenannter cradle-to-gate Ansatz (von der Wiege bis zum Werkstor) relevant. Also die Nachverfolgbarkeit der Emissionen vom eingekauften Rohstoff bis zum Zeitpunkt, wenn das Produkt BASF verlässt. Neben den BASF-eigenen Emissionen (Scope 1) und den Emissionen zugekaufter Energien (Scope 2) müssen auch die Emissionen der Rohstoffe (Scope 3) über alle vorgelagerten Vorstufen hinweg ergänzt werden. Die eingesetzten Rohstoffe je Produktrezeptur liegen vor. Da andere Firmen und damit auch Lieferanten von BASF über keine PCF-Kalkulationslösung verfügten, existierten keine Lieferanten-spezifischen Rohstoff-PCFs. Hingegen liegen qualifizierte Durchschnittswerte, die einzelne spezialisierte Beratungshäuser in Datenbanken kommerziell anbieten vor, die den Rohstoffen zugeordnet werden können. Gleiches gilt für Transport-relevante Emissionen.

Wenn diese drei Kategorien von Emissionsdaten über das aus Stücklisten zusammengestellte globale Mengengerüst – ähnlich wie bei der Produktherstellkosten-Kalkulation – auf die Verkaufsprodukte durchgerechnet werden, entsteht der CO2-Fußabdruck. Im Fall des BASF-Portfolios umfasst dies 45.000 Verkaufsprodukte. Es war von Beginn an klar, dass hierfür eine voll automatisierte Lösung angestrebt werden muss.

BASF kann auf zentrale Datenbanken und eine hoch performante, eigenentwickelte Wertschöpfungskalkulationssoftware zur Berechnung von globalen Herstellkosten zurückgreifen. Dennoch bot der ehrgeizige Plan einer vollautomatisierten PCF-Berechnung in einem chemischen Großkonzern einige Herausforderungen:

  • Automatisierte Verarbeitung der Emissionsdaten aus dem weltweiten Produktionsnetzwerk von BASF über alle 700 Standorte und BASF-Gesellschaften hinweg sowie für mehr als 10 TWh zugekaufter Energien und für über 20.000 zugekaufte Rohstoffe aus Drittanbieterdatenbanken.
  • Die chemische Produktion umfasst typischerweise Kuppelproduktionen mit mehreren Nebenprodukten. Im Gegensatz zur Produktkalkulation, wo z. B. über die Restwertmethode zur Vereinfachung den Nebenausbeuten Festwerte zugeordnet werden können, müssen nach ISO-Norm auch auf jedes Nebenprodukt über geeignete Methoden effektive Emissionen allokiert werden.
  • Manuelle Eingriffe während der Kalkulation sind ausgeschlossen. Daher sind nachvollziehbare, automatisch abgeleitete Algorithmen zur Emissionsallokation notwendig.
  • Integration der Energienutzung sowie Zyklen zur Nutzung der Nebenausbeuten und Energie- (Dampf-) Überschüsse in anderen, vorgelagerten Produktionsprozessen.
  • Berechnung der Emissionsbeiträge entlang der Wertschöpfungsketten, die oft mehr als zehn Produktionsschritte und verschiedene BASF- Gruppengesellschaften umfassen, weswegen neben der Berechnung auch eine Visualisierung der Ergebnisse angeraten ist, um die Treiber der Emissionen zu analysieren und Verbesserungspotenziale zu erkennen.
  • Notwendigkeit, für 45.000 Verkaufsprodukte die Berechnung performant in einem überschaubaren Zeitraum automatisiert ablaufen zu lassen.

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