Prof. Dr. Gerd Waschbusch
Rz. 48
Die steuerbilanzielle Klassifizierung von mezzaninen Finanzinstrumenten als Eigen- oder Fremdkapital orientiert sich nicht unter Beachtung des Maßgeblichkeitsprinzips gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG an dem aus den Funktionen des Eigenkapitals abgeleiteten handelsrechtlichen Eigenkapitalbegriff. Vielmehr enthalten die Steuergesetze eigenständige und von den handelsrechtlichen Abgrenzungsmerkmalen unabhängige Kriterien. Allgemeine Richtschnur für die steuerbilanzielle Qualifizierung von mezzaninen Finanzinstrumenten als Eigen- bzw. Fremdkapital bildet für schuldrechtliche Vertragsverhältnisse der Spezialfall des Genussrechts und für kooperative Schuldverhältnisse der Referenzfall der stillen Gesellschaft.
Rz. 49
Bei mezzaninen Finanzinstrumenten, die schuldrechtliche Vertragsverhältnisse darstellen, kann für Kapitalnehmer zur Abgrenzung zwischen steuerbilanziellem Eigen- und Fremdkapital auf die Ausführungen des BMF zur ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital zurückgegriffen werden. Danach ist von fremden Dritten im Rahmen eines schuldrechtlichen Kapitalüberlassungsverhältnisses zugeführtes mezzanines Kapital steuerrechtlich stets als Fremdkapital zu klassifizieren, da in einem solchen Fall immer von einer wirtschaftlichen Rückzahlungsverpflichtung ausgegangen werden kann. Bei mezzaninem Kapital, welches von einem Anteilseigner im Rahmen eines schuldrechtlichen Kapitalüberlassungsverhältnisses zugeführt wird, ist dagegen zu prüfen, ob das Kapital dauerhaft und ohne die Absicht zur Rückzahlung überlassen wurde oder ob es sich um eine Kapitalüberlassung auf Zeit mit einer Rückzahlungsvereinbarung handelt. Im ersten Fall ist das mezzanine Kapital steuerrechtlich als Eigenkapital und im zweiten Fall als Fremdkapital einzustufen. Steuerrechtlich gesehen ist somit das entscheidende Kriterium für das Vorliegen von Fremdkapital eine bestehende, ernst gemeinte Rückzahlungsverpflichtung für das mezzanine Kapital.
Rz. 50
Sofern mezzanines Kapital steuerrechtlich als Fremdkapital eingestuft wird, hat dies zur Folge, dass es in der Steuerbilanz grundsätzlich als Verbindlichkeit zu passivieren ist (erfolgsneutraler Vorgang), da eine dem Inhalt und der Höhe nach bereits bestimmte Leistungspflicht vorliegt, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt. Lediglich bei Vorliegen zweier unabhängiger Sachverhalte kann es zu einem Passivierungsverbot des mezzaninen Kapitals als Verbindlichkeit kommen. So ist eine Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht bzw. nicht mehr zu passivieren, wenn sie keine wirtschaftliche Belastung am Abschlussstichtag darstellt. Dies ist vor allem dann gegeben, wenn bei einer Abwägung aller konkreten Umstände des Einzelfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht bzw. nicht mehr damit zu rechnen ist, dass der Gläubiger seine Forderung geltend machen wird. Allein die Vereinbarung einer Zinszahlungsverpflichtung steht dem nicht entgegen. Die Vereinbarung eines Nachrangs beim mezzaninen Kapital, verbunden mit einer Teilnahme an Verlusten, schließt hingegen dessen wirtschaftliche Belastung nicht aus. Auch aus der Dauer der Kapitalüberlassung können keine pauschalen Rückschlüsse auf eine fehlende wirtschaftliche Belastung des mezzaninen Kapitals gezogen werden. Ebenso wenig kann allein die Tatsache, dass der Schuldner die Verbindlichkeit mangels ausreichenden Vermögens nicht oder nur teilweise zurückzahlen kann, die Annahme einer fehlenden wirtschaftlichen Belastung des mezzaninen Kapitals begründen. Ferner dürfen Verpflichtungen aus der Aufnahme von mezzaninem Kapital, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, mangels einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung am Abschlussstichtag in der Bilanz nicht als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden (Passivierungsaufschub nach § 5 Abs. 2a EStG). Dies ist erst dann zulässig, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Sofern Verpflichtungen aus der Aufnahme von mezzaninem Kapital nicht nur aus künftigen Einnahmen oder Gewinnen, sondern auch aus einem eventuellen künftigen Liquidationsüberschuss zu bedienen sind, fehlt es ebenfalls an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung am Abschlussstichtag.
Rz. 50a
Bei einer fehlenden wirtschaftlichen Belastung des mezzaninen Kapitals am Abschlussstichtag bzw. beim Vorliegen eines Passivierungsaufschubs nach § 5 Abs. 2a EStG führt der Zugang des Kapitals oder der Wegfall der bisher in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit angesetzten Rückzahlungsverpflichtung steuerbilanziell zu einem Ertrag. Sofern der hierdurch ausgelöste Wegfallgewinn auf einem Gesellschaftsverhältnis beruht, ist der steuerbilanzielle Ertrag durch den Ansatz einer Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der betroffenen Forderungen zu neutralisieren. Sollte die Darlehensverbindlichkeit in der Zukunft wieder aufleben, so ist der aus diesem Vorgang resultierende Aufwand nur insoweit zu neutralisieren, als die vorherige ge...