Leitsatz

1. Der Leistungsbezug aus einer vom Erblasser zur Befreiung von der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung unterliegt nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG der Erbschaftsteuer.

2. Die familienrechtliche Pflicht des Erblassers, für die Alterssicherung des überlebenden Ehegatten zu sorgen, schließt die Unentgeltlichkeit der Zuwendung im Valutaverhältnis zu diesem nicht aus.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

 

Sachverhalt

Der Erblasser hatte als Angestellter von 1966 bis 1990 mehrere Lebensversicherungen abgeschlossen. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hatte ihn von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Die Ehefrau und Alleinerbin erhielt als Bezugsberechtigte die Versicherungssummen ausgezahlt.

Das FA besteuerte die Beträge gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Die Klage hatte Erfolg. Dagegen richtete sich die Revision des FA.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision statt. Anders als bei den Versorgungsansprüchen der Hinterbliebenen von Beamten, Richtern und Soldaten bzw. bei den Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung mit Zwangsmitgliedschaft beruht die Auszahlung der Versicherungssummen im Streitfall auf den zwischen dem Erblasser und den Versicherern abgeschlossenen Versicherungsverträgen. Sie unterscheiden sich in nichts von jedem anderen unter § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG fallenden Lebensversicherungsvertrag. Auch der Versicherungsnehmer einer befreienden Lebensversicherung kann – anders als der in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherte – den Versicherungsvertrag kündigen, den Rückkaufswert beanspruchen, die Ansprüche beleihen, die Einsetzung der Hinterbliebenen als Bezugsberechtigte ändern oder den Versicherungsschutz durch Nichterfüllung seiner Vertragspflichten aufs Spiel setzen, ohne dass dies an seiner Befreiung etwas ändert.

Die Ehefrau hatte keinen familienrechtlichen Anspruch auf die Zuwendung der Versicherungssummen. Zwar besteht für den erwerbstätigen Ehegatten nach den §§ 1360, 1360a BGB eine Verpflichtung, nicht nur für den gegenwärtigen, sondern auch für die Sicherung des künftigen Unterhalts des anderen Ehegatten zu sorgen; daraus ergibt sich jedoch kein konkreter Anspruch auf Leistung aus einer bestimmten Lebensversicherung.

 

Hinweis

Obwohl auch bei einer befreienden Lebensversicherung üblicherweise die Beiträge vom Arbeitgeber bezuschusst werden, sind Zahlungen aus einer derartigen Versicherung nicht mit Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung vergleichbar. Der Zuschuss des Arbeitgebers zur befreienden Lebensversicherung macht diese nicht zu einer betrieblichen Altersversorgung, da der Versicherungsnehmer/Arbeitnehmer die volle Dispositionsbefugnis über den Versicherungsvertrag behält.

Die Steuerpflicht der Zahlungen aus der befreienden Lebensversicherung hat zur positiven Folge, dass sie den Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 1 ErbStG nicht mindern können.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.10.2001, II R 10/00

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