Rz. 28

Die ergänzenden Vorschriften der §§ 264 ff. HGB gelten grundsätzlich für alle Kapitalgesellschaften und denen gleichgestellte Personengesellschaften, mit Ausnahme der nach § 264 Abs. 3 HGB bzw. § 264b HGB befreiten konzernangehörigen Gesellschaften (vgl. Rz. 22, 27).

Da aber die §§ 264 ff. HGB einen verhältnismäßig starren Rahmen bilden und ihre Erfüllung auch einen erheblichen Aufwand erfordert, werden für bestimmte Kapitalgesellschaften Erleichterungen von diesen Vorschriften gewährt. Grund dafür ist das als geringer eingestufte Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, sodass diesen bestimmten Kapitalgesellschaften bei der Aufstellung, Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses größere Flexibilität gewährt wird. Die Größenklassen und die damit verbundenen Erleichterungen für Kleinst-, kleine und mittelgroße Unternehmen gelten auch für die unter § 264a HGB fallenden offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften.

 

Rz. 29

Für die Gewährung dieser Erleichterungen werden die Kapitalgesellschaften zunächst nach § 267 HGB in 3 Kategorien eingeteilt: große, mittelgroße und kleine Kapitalgesellschaften. Zudem wurden mit § 267a HGB zusätzlich innerhalb der kleinen Kapitalgesellschaften noch die Kleinstkapitalgesellschaften bestimmt.[1] Dabei sind jeweils 3 Größenmerkmale zu berücksichtigen: Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Zahl der Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.[2]

 

Rz. 30

Bilanzsumme ist die Summe der Aktiva (einschließlich Bilanzierungshilfen) der auf den betreffenden Abschlussstichtag aufgestellten Bilanz. Die Bilanzsumme wird nach § 267 Abs. 4a HGB durch einen auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrag nach § 268 Abs. 3 HGB – nicht aber durch Bilanzvermerke – vermindert.

Umsatzerlöse sind die Umsatzerlöse i. S. d. § 277 Abs. 1 HGB.[3] Maßgebend sind die Umsatzerlöse der letzten 12 Monate vor dem Bilanzstichtag. Hat das Geschäftsjahr nicht 12 Monate umfasst, z. B. bei einem Rumpfgeschäftsjahr, hat eine Einbeziehung so vieler der letzten Monate des vorangegangenen Geschäftsjahres zu erfolgen, bis die Zahl von 12 Monaten erreicht ist.

Die durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer (im arbeitsrechtlichen Sinne verstanden) wird dadurch gebildet, dass jeweils 1/4 der zum 31.3., 30.6., 30.9. und 31.12. beschäftigten Arbeitnehmer addiert wird. Für Rumpfgeschäftsjahre ist wie bei den Umsatzerlösen zu verfahren. Im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer, Heimarbeiter, Arbeitnehmerinnen im Mutterschaftsurlaub, krankgeschriebene Arbeitnehmer, streikende oder kurzarbeitende Arbeitnehmer, Teilzeit- und Aushilfskräfte sind einzubeziehen, gesetzliche Vertreter, Personen in Elternzeit, in der Ausbildung, die per Werkvertrag beschäftigt werden, in Vorruhestand sowie auf Leiharbeitnehmerbasis beschäftigte ohne arbeitsrechtliche Zuordnung zur Gesellschaft dagegen nicht. Teilzeitkräfte sind voll, nicht nur pro rata der Arbeitszeit, zu zählen.[4]

Nachdem die EU-Kommission am 21.12.2023 im EU-Amtsblatt (Reihe L) die Delegierte Richtlinie (EU) 2023/2775 mit einer Anhebung der Schwellenwerte für die monetären Größenmerkmale Bilanzsumme und Nettoumsatzerlöse um grundsätzlich 25 % bekannt gemacht hat, konnte der deutsche Gesetzgeber dies nun in das HGB integrieren. Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften[5] wurden die von der EU erlaubten Erhöhungen der monetären Schwellenwerte in den §§ 267, 267a und 293 HGB in vollem Umfang vorgenommen und auch das Wahlrecht zur zeitlichen Anwendung wurde voll genutzt. Die hierdurch geänderten Schwellenwerte sind für nach dem 31.12.2023 beginnende Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden, per Wahlrecht darf aber auch bereits eine Anwendung für nach dem 31.12.2022 beginnende Geschäftsjahre erfolgen (Art. 92 Abs. 2 EGHGB). Tabelle 1 verdeutlicht die Schwellenwerte.

 
  Größenklasse
  Kleinst Klein Mittel Groß
Bilanzsumme in Mio. EUR

(≤ 0,35)

≤ 0,45

(> 0,35 – 6,00)

> 0,45 – 7,50

(> 6,00 – 20,00)

> 7,50 – 25,00

(> 20,00)

> 25,00
Umsatz in Mio. EUR

(≤ 0,70)

≤ 0,90

(> 0,70 – 12,00)

> 0,90 – 15,00

(> 12,00 – 40,00)

> 15,00 –50,00

(> 40,00)

> 50,00
Mitarbeiter ≤ 10

> 10

≤ 50

> 50

≤ 250
> 250
Die Klammerwerte stellen die in § 267 HGB bzw. § 293 HGB bestimmten Schwellenwerte vor der aktuellen Anpassung 2024dar.

Tab. 1: Aktuelle Schwellenwerte in den §§ 267 und 267a HGB sowie die bis 2023 (mit Wahlrecht zur Anwendung nur bis 2022) gültigen Werte

 

Rz. 31

Maßgebend sind jeweils 2 der 3 Merkmale: Die Kapitalgesellschaft wird in diejenige Größenklasse eingeordnet, für die sie mindestens 2 der 3 Merkmale an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinander folgenden (vollen oder Rumpf-) Geschäftsjahren erfüllt hat (§ 267 Abs. 4 HGB).

Bei der Anwendung der gesetzlichen Regelung, dass an zwei aufeinanderfolgenden Stichtagen jeweils mind. zwei der drei Schwellenwerte überschritten sein müssen, um in der jeweiligen Klasse zu sein, gilt für die erhöhten Werte Folgendes: Die angehobenen monetären Schwellenwerte sind bereits zurückbezogen anzuwenden, d. h. die für den Stichtag...

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