Rz. 57

Stellt der Kaufmann seinen Jahresabschluss streng nach den vorstehend dargestellten Maximen auf, insbesondere denen der Richtigkeit und der zutreffenden Periodenabgrenzung, so werden Arbeitsanfall, Zeitaufwand und Kosten für die Aufstellung des Jahresabschlusses erheblich sein. Sie können damit nicht mehr im Verhältnis zum Zweck stehen, der mit dem Jahresabschluss verfolgt wird. Es kann sogar der Zweck verfehlt werden, weil der Jahresabschluss wegen des zu großen Arbeitsaufwands nicht mehr zeitnah aufgestellt werden kann und damit keine aktuellen Informationen mehr liefert. Deshalb soll der Jahresabschluss nur wesentliche Informationen liefern. Diesem Grundsatz der Wesentlichkeit entspricht der angelsächsische Grundsatz der materiality.

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zielt darauf ab, dass der Aufwand für die Darstellung der Jahresabschlussinformationen nicht höher sein soll als der damit verbundene Informationsnutzen für die Adressaten. Da der Informationsnutzen von den Abschlussadressaten unterschiedlich bewertet wird, kann die Wirtschaftlichkeit des Jahresabschlusses nicht objektiv nachgeprüft werden.[1]

Es dürfen nur wesentliche Tatbestände im Jahresabschluss dargestellt werden. Andererseits dürfen wesentliche Tatbestände nicht vernachlässigt werden. Wesentlich sind hierbei alle Tatbestände, die auf die Entscheidungen der Bilanzempfänger Einfluss haben können. Sie können ihrer Art nach oder wegen ihrer Größe oder sonstigen Bedeutung wesentlich sein. Tatsachen, die für sich unwesentlich sind, können in ihrer Zusammenfassung mit anderen Tatsachen wesentlich sein.[2]

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit wird durch ein genormtes Kriterium der Wesentlichkeit ersetzt. Es gibt aber keine gesetzliche Normierung der Wesentlichkeit, sodass vom Bilanzierenden eine eher qualitative Beurteilung vorzunehmen ist, ob und wieweit die anderen Grundsätze sowie Rechnungslegungsvorschriften beachtet werden müssen. Der Grundsatz der Wesentlichkeit kommt auch in Einzelvorschriften zum Ausdruck. Beispiele hierfür sind: Festwertbildung bei nachrangiger Bedeutung des Gesamtwerts der zusammengefassten Vermögensgegenstände für das Unternehmen (§ 240 Abs. 3 HGB), Angabe des Bewertungsunterschiedsbetrags bei erheblichem Unterschied bei Anwendung von Bewertungsvereinfachungsverfahren (§§ 256, 284 Abs. 2 Nr. 4 HGB). Als ein Beispiel für die Übernahme steuerlicher Regelungen in die GoB kann in diesem Zusammenhang auch die Bestimmung der Geringwertigen Wirtschaftsgüter (GWG) in § 6 Abs. 2 bzw. Abs. 2a EStG angesehen werden.[3]

[1] Vgl. Beatge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 17. Aufl. 2023, S. 127.
[2] Vgl. Leffson, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 7. Aufl. 1987, S. 180 ff.

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