Rz. 54
Die zur Buchführung verpflichtete Person ist der Kaufmann, der auch die Verantwortung für eine den GoB entsprechende Erledigung dieser Pflicht trägt. Es handelt sich nicht um eine höchstpersönliche Pflicht, weshalb der Kfm. für die Erledigung seiner Pflicht auch Hilfspersonen bzw. Dritte einsetzen darf bzw. innerhalb des Kreises der verpflichteten Personen die Pflicht einzelnen Personen zuweisen darf (bspw. Finanzvorstand).
Rz. 55
Der Kfm. hat beim Einsatz von Hilfspersonen oder von Dritten Folgendes zu beachten:
- Der Kfm. muss sich bei der Zusammenstellung des Kreises der Verpflichteten bzw. bei der Auswahl von Hilfspersonen oder Dritten von deren persönlicher Eignung überzeugen. Eine Person ist i. d. S. geeignet, wenn an ihrer Zuverlässigkeit, Gesetzestreue und Verschwiegenheit kein Zweifel besteht.
- Der Kfm. muss sich von der fachlichen Eignung der mit der Buchführung beauftragten Person überzeugen. Dazu gehört, dass er sich von der Fachkompetenz und – bei der Übertragung von Leitungsaufgaben – auch von den Führungsqualitäten der beauftragten Person überzeugt. Erworbene Berufsabschlüsse (bspw. Bilanzbuchhalter) zusammen mit entsprechender Berufserfahrung können ein Hinweis für eine ausreichende fachliche Eignung sein. Mit der Digitalisierung und Automatisierung der Buchführung erlangen EDV-Kenntnisse sowie die Fähigkeit zum Umgang und Verständnis von Buchführungsprogrammen eine zentrale Bedeutung.
- Er muss sich davon überzeugen, dass ein sachgerecht aufgebautes und funktionsfähiges internes Kontrollsystem eingerichtet ist, das die Einhaltung der GoB und die Aufbewahrung der Buchführung sicherstellt. Dies gilt auch bei einer Auslagerung der Buchführung auf Dritte. Dazu gehören mit Bezug auf Hilfspersonen insb. eine sachgerechte Organisation der Arbeitsabläufe und die Erteilung von Arbeitsanweisungen sowie die Einrichtung von Kontrollen. Soweit Kontrollprozesse digital abgebildet werden oder automatisch erfolgen, muss der EDV-Einsatz umfassend durchgesetzt werden und die Anwender entsprechend geschult werden. Für die Überwachung digital abgebildeter interner Kontrollsysteme gilt, dass i. R. e. Softwareprüfung die Ordnungsmäßigkeit der Prozesse untersucht und ggf. eine Verfahrensdokumentation (§ 239 Rz 42 f.) erstellt werden muss.
- Der Kfm. muss seinen Aufsichtspflichten nachkommen. Dazu sind uneingeschränkte Kontrollrechte erforderlich; der Kfm. muss sich stets das uneingeschränkte Weisungsrecht vorbehalten. Dies gilt insb. auch, wenn er die Buchführung auf Dritte auslagert. Weiter muss er in angemessenem Umfang eigene Kontrollen vornehmen. Dazu gehören zumindest eine regelmäßige Durchsicht auf Plausibilität und die Nachverfolgung und Beseitigung festgestellter Fehler. Für die Kontrolltätigkeit können auch automatische systeminterne Kontrollen oder externe Kontrollen (bspw. Massendatenanalysen) herangezogen werden. Bzgl. weiterer Besonderheiten bei der Auslagerung der Buchführung wird auf RS FAIT 5 verwiesen.
Rz. 56
Bei StB, vBp und WP kann die persönliche Eignung wegen entsprechender Berufspflichten vorausgesetzt werden, ebenso die fachliche Eignung. Weiter ist davon auszugehen, dass durch eine adäquate Kanzleiorganisation ein sachgerecht aufgebautes und funktionierendes buchführungsbezogenes IKS gegeben ist.
Rz. 57
Moderne Buchführungssysteme nutzen künstliche Intelligenz zur Buchung von Geschäftsvorfällen. Es wird auch von Buchungsautomaten gesprochen. Tw. werden sog. Dunkelbuchungen vorgenommen, also Buchungen, die alleine von der Software ohne menschliches Zutun vorgenommen werden. Hierbei gilt stets, dass der Kfm. in vollem Umfang die Verantwortung für solche Dunkelbuchungen und die künstliche Intelligenz trägt. Der Kfm. hat ein funktionsfähiges internes Kontrollsystem aufzubauen, das die künstliche Intelligenz in wirksamer Weise "beaufsichtigt".
Künstliche Intelligenz funktioniert über die Mustererkennung der eingespeisten oder über Schrifterkennung ausgelesenen Daten und einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung, die die Daten bestimmten Geschäftsvorfällen und damit entsprechenden Buchungssätzen zuordnet. Die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung wird durch Lerndateien unterstützt, über die auf vergangene Buchungen bzw. deren manuelle Berichtigung zurückgegriffen werden kann. Z. T. verbreitete Vorstellungen, die künstliche Intelligenz könne sich irgendwann über das Menschliche hinaus entwickeln, ist Science Fiction und nicht wissenschaftlich basiert. Künstliche Intelligenz ist lediglich die technische und automatisierte Fähigkeit, menschengemachte Muster zu erkennen und in "übermenschlicher" Geschwindigkeit einzuordnen und zu verarbeiten. Damit ist die Grenze der künstlichen Intelligenz klar vorgezeichnet: Rechtsänderungen, neue Sachverhalte, Grenzfälle oder schwer erkennbare Fehler können von einer künstlichen Intelligenz nicht (sicher) beurteilt werden und bedürfen weiterhin einer fachkundigen, menschlichen Begutachtung. Soweit die künstliche Intelligenz gut programmiert ist, wird sie sich bei unklaren oder ...