BetrVG: Betriebsrat muss Zugang zum Büro haben

Jedes Betriebsratsmitglied muss Zugang zum Betriebsratsbüro und den dort vorhandenen Unterlagen haben. Daraus kann im Einzelfall für ein Betriebsratsmitglied auch ein Anspruch auf Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro sowie Zugang zum E-Mail-Postfach des Betriebsrates folgen.

Das Thüringer Landesarbeitsgericht (LAG) hatte kürzlich im Eilverfahren über die Verpflichtung eines Betriebsrates zu entscheiden, einem nachgerückten Betriebsratsmitglied durch das Zurverfügungstellen von Schlüsseln Zugang zum Betriebsratsbüro sowie auch Zugang zu dem vom Betriebsrat genutzten E-Mail-Postfach zu gewähren.

Antragstellerin war in Betriebsrat nachgerückt

Die Antragstellerin war bis zu Neuwahlen des Betriebsrates in 2020 Vorsitzende des vorherigen Betriebsrates und nach den Neuwahlen zunächst nicht im Betriebsrat vertreten. Nach dem Ausscheiden eines Kollegen, der das Unternehmen verlassen hatte, rückte die Antragstellerin in den Betriebsrat nach, war allerdings befristet bis zum 30. Juni 2021 voll erwerbsgemindert und jedenfalls bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Anhörung am 29. Juni 2021 nicht für das Unternehmen tätig.

Antragstellerin verlangte Schlüssel für Bürotür, Betriebsratsschränke und -schreibtisch sowie Zugang zum E-Mail-Postfach

Die Antragstellerin verlangte vom Betriebsrat, ihr einen Schlüssel zur Bürotür des Betriebsratsbüros und je einen Schlüssel zu den sich im Betriebsratsbüro befindlichen zwei Schränken und dem dort befindlichen Schreibtisch auszuhändigen. Darüber hinaus verlangte sie die Zugangsdaten zu dem vom Betriebsrat genutzten E-Mail-Postfach.

Antragstellerin: Anspruch ergibt sich aus § 34 Abs. 3 BetrVG

Die Antragstellerin vertrat die Auffassung, ihr Anspruch ergebe sich aus § 34 Abs. 3 BetrVG. Danach sei allen Betriebsratsmitgliedern jederzeit das Einsichtsrecht in alle Unterlagen zu gewähren. Entsprechendes gelte für den Zugang zu einem vom Betriebsrat genutzten E-Mail-Postfach. Ohne Schlüssel und Zugangsdaten sei es ihr nicht möglich, die Unterlagen einzusehen.

Das Arbeitsgericht Suhl wies die Anträge der Antragstellerin erstinstanzlich ab.

LAG: Antragstellerin hat Anspruch auf Schlüssel für Bürotür, Betriebsratsschränke und Zugang zum E-Mail-Postfach

Mit ihrer Beschwerde vor dem LAG verfolgte die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Das LAG hielt die Beschwerde der Antragstellerin sodann für überwiegend begründet. Die Antragstellerin könne, so das LAG, im einstweiligen Rechtsschutz bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Zugang zu den Betriebsratsunterlagen mittels Zurverfügungstellung des Schlüssels zur Bürotür sowie auch die Zugangsdaten zum E-Mail-Postfach des Betriebsrates verlangen. Zudem habe sie einen Anspruch auf Zugänglichmachung des verschlossenen Schreibtischs sowie der verschlossenen Aktenschränke. Allerdings könne sie für letzteres nicht die Aushändigung eines Schlüssels verlangen.

Anspruch ergibt sich aus § 34 Abs. 3 BetrVG

Dies, so das LAG, ergebe sich aus § 34 Abs. 3 BetrVG, wonach die Mitglieder des Betriebsrates das Recht hätten, die Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse jederzeit einzusehen.

Jederzeitige Zugangsberechtigung nicht auf eigentliches Einsichtsrecht in Unterlagen beschränkt

Die jederzeitige Zugangsberechtigung zu den Unterlagen des Betriebsrates beschränke sich nicht nur auf das eigentliche Einsichtsrecht in Unterlagen. Vielmehr könne aus § 34 Abs. 3 BetrVG für ein Betriebsratsmitglied ein Anspruch auf Überlassung auch eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro folgen, wenn dem Betriebsrat eine solche Überlassung tatsächlich möglich und zumutbar sei und anderenfalls ein jederzeitiges Einsichtsrecht des Betriebsratsmitglieds nicht gewährleistet werden könne.

Die Aushändigung des Schlüssels für die Bürotür sei dem Betriebsrat ohne weiteres möglich und zumutbar. Entsprechendes gelte für den Zugang zum E-Mail-Postfach. Auf Schlüssel für Aktenschrank und Schreibtisch im Betriebsratsbüro habe die Antragstellerin hingegen keinen Anspruch, da der Betriebsrat diese nicht in einer für alle Betriebsratsmitglieder ausreichenden Anzahl vorhalte. Insoweit habe der Betriebsrat aber anderweitig Zugang zu Schreibtisch und Aktenschrank zu gewähren.

Fehlende Eingliederung und volle Erwerbsminderung ist unerheblich

Die fehlende Eingliederung der Antragstellerin auf Grund der befristeten vollen Erwerbsminderung ändere nach Auffassung des LAG daran nichts, da nach wie vor eine Rückkehr in den Betrieb vorgesehen sei.

Der Beschluss des LAG ist unanfechtbar (Thüringer LAG v. 29.06.2021, 1 TaBVGa 1/21).


Weitere News zum Thema:

Kann ein Betriebsrat Datenschutzbeauftragter sein?

Wie weit darf sich der Arbeitgeber in die Betriebsratswahl einmischen?

DSGVO zwingt Betriebsräte zur Überarbeitung ihrer Betriebsvereinbarungen