Energiesparen im Betrieb: Diese Grenzen setzt der Arbeitsschutz

Zwei neue Verordnungen der Bundesregierung zwingen die Unternehmen des öffentlichen Sektors zum Energiesparen, haben aber auch Auswirkungen auf die privaten Betriebe. Müssen die Beschäftigten im kommenden Winter daher an ihren Arbeitsplätzen frieren? Was bedeuten die neuen Regelwerke für die Luft- und Wassertemperaturen in den Arbeitsstätten? Und welche Schranken setzen die Arbeitsschutzbestimmungen für das Energiesparen in den Unternehmen?

In Folge des Ukraine-Kriegs hat sich die Energieversorgung für Deutschlands Unternehmen drastisch verschärft. Daher hat die Bundesregierung die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) sowie die Verordnung zur Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) erlassen. Erstere ist nur für ein halbes Jahr gültig, während die zweite Verordnung voraussichtlich bis 30. September 2024 gilt. In ihnen sind unter anderem Energieeinsparmaßnahmen in öffentlichen Einrichtungen und bei öffentlichen Arbeitgebern geregelt. Aber auch für die Privatwirtschaft gibt es neue Vorgaben, die den Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben direkt betreffen.

Regelungen für Lufttemperaturen

Von besonderer Bedeutung ist hier die Änderung der Anforderungen an die Mindestlufttemperatur in den Räumen der Unternehmen, denn es gelten für die kommenden Monate niedrigere Mindesttemperaturen. An diese Werte müssen sich die Arbeitgeber zwar nicht unbedingt halten, allerdings dürfen sie die bislang in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) festgelegten Raumtemperaturen für ihre Arbeitsstätten in diesem Winter unterschreiten.

Es gelten folgende neue Mindesttemperaturen für folgende Tätigkeiten:

Sitzen bei leichter Arbeitsschwere:

19 Grad Celsius

Sitzen bei mittlerer Arbeitsschwere:

18 Grad Celsius

Stehen, Gehen bei leichter Arbeitsschwere:

19 Grad Celsius

Stehen, Gehen bei mittlerer Arbeitsschwere:

16 Grad Celsius

Stehen, Gehen bei schwerer Arbeitsschwere:

12 Grad Celsius

Grenzen des Energiesparens im Betrieb durch Arbeitsschutz

Der Senkung der Lufttemperatur in den Räumlichkeiten der Betriebe und den damit verbundenen Energieeinsparungen werden allerdings durch die Arbeitsschutzgesetzgebung enge Grenzen gesetzt. Zunächst beziehen sich die neuen Mindesttemperaturen der Verordnung lediglich auf Arbeitsräume. Für andere Räume, etwa Wasch- und Duschräume, Toiletten oder Pausenräumen gelten hingegen weiterhin die bisherigen Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und der ASR. Weiterhin dürfen Unternehmen, die in den neuen Verordnungen vorgegebenen Werte aus betriebswirtschaftlichen und produktionstechnischen Gründen nicht noch weiter unterschreiten – auch wenn sie unbedingt Energie einsparen müssten, um ihre Existenz zu sichern oder ihre Produktion aufrechtzuerhalten. Zwar können die Unternehmen die Lufttemperaturen außerhalb der Arbeitszeiten zu Zwecken der Energieeinsparung beliebig senken, zum Beispiel in der Nacht oder während des Wochenendes. Allerdings muss auch dann stets sichergestellt sein, dass pünktlich zum Arbeitsbeginn die von der ASR festgelegten Mindesttemperaturen an den Arbeitsplätzen wieder erreicht sind.

Wassertemperaturen

Wesentlich unproblematischer dagegen ist das Einsparen von Energie für Unternehmen bei den Wassertemperaturen. In Toilettenräumen genügt laut ArbStättV kaltes Wasser. Warmwasser ist nur bei Bedarf zur Verfügung zu stellen, so etwa beim Umgang mit Lebensmitteln. Nur im Gesundheitswesen muss aus hygienischen Gründen genügend Warmwasser bereitgestellt werden. Wasch- und Duschplätze dagegen müssen die Betriebe generell nicht für ihre Angestellten eingerichtet haben. Daher könnten diese, falls doch vorhanden, auch vollständig stillgelegt werden. Erforderlich sind Wasch- und Duschplätze nur bei bestimmten betrieblichen Einrichtungen, so etwa Erste-Hilfe-Räumen. Allerdings gibt kein arbeitsschutzfachliches Regelwerk konkret vor, wie warm „warmes Wasser“ zu sein hat. Als „Warmwasser“ gilt aber laut Trinkwasserverordnung allgemein eine Wassertemperatur von mindestens 55 Grad im Leitungssystem sowie mindestens 60 Grad am Austritt des Trinkwasserwärmers von Großanlagen (beispielsweise in Unternehmen). Zu Zwecken der Legionellenprophylaxe können auch höhere Temperaturen erforderlich sein.