Leitsatz
- Der IV. Senat des BFH stimmt der Auffassung des IX. Senats zu, wonach die Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (Obergesellschaft) aus der Beteiligung an einer anderen, gewerblich tätigen Personengesellschaft (Untergesellschaft) nicht zur Gewerblichkeit der gesamten Einkünfte der Obergesellschaft führen (Antwort auf den Anfragebeschluss vom 22.7.2003, IX R 53/01).
- Mit dieser Zustimmung gibt der IV. Senat des BFH seine bisherige Rechtsprechung nicht auf, wonach die Beteiligung einer betrieblichen, im Urteilsfall landwirtschaftlichen Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer gewerblich tätigen anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) zur Folge hat, dass die gesamten Einkünfte der Obergesellschaft zu Einkünften aus Gewerbebetrieb werden (BFH-Urteil vom 8.12.1994, IV R 7/92, BStBl II 1996, S. 264 = INF 1995, S. 444).
Sachverhalt
Eine KG verpachtete ihren früheren, Kunststoff verarbeitenden Betrieb an eine GmbH, verkaufte ihr später das gesamte Anlagevermögen und vermietete ihr nur noch das Grundstück. In den Streitjahren war sie überdies als Kommanditistin mit einer Einlage von 100000 DM an der gewerblich tätigen A-KG beteiligt. Der IX. Senat des BFH hat im 2. Rechtszug entschieden, dass die Beteiligung der KG an der gewerblich tätigen Gesellschaft allein nicht auf ihre Vermietungseinkünfte abfärbt. Wegen der Abweichung vom BFH-Urteil vom 8.12.1994 hatte er zuvor bei dem IV. Senat angefragt, ob er der Abweichung zustimmt.
Entscheidung
Der IV. Senat stimmt der Abweichung insoweit zu, als eine vermögensverwaltende Personengesellschaft außer ihren originären Einkünften auch gewerbliche Beteiligungseinkünfte erzielen und diese ohne Auswirkung auf ihre übrigen Einkünfte an ihre Gesellschafter weiterleiten kann, weil eine Abfärbung nach dem Gesetzeswortlaut nicht in Betracht kommt, wenn die Personengesellschaft lediglich Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt.
Die frühere abweichende Auffassung des IV. Senats beruhte auf dem Beschluss des Großen Senats vom 25.2.1991 und der ihm seinerzeit entnommenen Meinung, auch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft sei schon kraft ihrer Beteiligung an einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft mitunternehmerisch und damit gewerblich tätig. Daran hält der Senat indessen nicht mehr fest, weil nur eine als Mitunternehmerin anzusehende Gesellschaft von der Entscheidung des Großen Senats erfasst werden sollte und zu diesen vermögensverwaltende Gesellschaften nicht gehören. Insbesondere hat der BFH bisher der Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden GbR keine Sperrwirkung zuerkannt. Vielmehr deutet die Rechtsprechung auf den möglichen Durchgriff durch die vermögensverwaltende GbR hin.
Praxishinweis
Der IV. Senat hält ungeachtet seiner Zustimmung zur Abweichung an der Entscheidung vom 8.12.1994 fest, soweit sie die Beteiligung einer mitunternehmerischen, landwirtschaftlich tätigen Personengesellschaft an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft betrifft. In jenem Fall führt die gewerbliche Prägung der land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte zwar zu einer Gewerbesteuerbelastung der bisherigen landwirtschaftlichen Erträge, nicht aber zu einer neuen Buchführungspflicht oder zu einer Steuerverstrickung der Wirtschaftsgüter der Obergesellschaft, wie dies bei einer vermögensverwaltenden Personen-(ober-)gesellschaft der Fall wäre; die Wirtschaftsgüter der Obergesellschaft gehören auch ohne die Beteiligung bereits zum Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Unternehmers. Wollte man in diesen Fällen die Abfärbewirkung bei der Obergesellschaft verneinen, könnten sich Schwierigkeiten ergeben, wenn die Obergesellschaft ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG oder § 13a EStG ermittelt. Für eine unterschiedliche Behandlung vermögensverwaltender Obergesellschaften einerseits und Obergesellschaften mit Gewinneinkünften andererseits spricht nach Auffassung des IV. Senats auch die Entstehungsgeschichte des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 06.11.2003, IV ER -S- 3/03