Leitsatz
Die für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in Anspruch genommenen Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb auf eine Personengesellschaft verschmolzen wird.
Sachverhalt
V übertrug 1998 Geschäftsanteile an der B-GmbH sowie seine Beteiligung an der B-KG unentgeltlich auf seinen Sohn S. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Festsetzung der Schenkungsteuer den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG und den verminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG. Im Jahr 2000 übertrug die B-GmbH ihr Vermögen als Ganzes auf die KG im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gegen Gewährung eines höheren Kommanditanteils an die Gesellschafter der GmbH. Ein Abfindungsangebot gemäß § 29 UmwG entfiel wegen der übereinstimmenden Beteiligungsverhältnisse in beiden Gesellschaften. Das Finanzamt nahm an, aufgrund der Verschmelzung sei der verminderte Wertansatz für den Erwerb der Anteile an der B-GmbH nach § 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG für die Vergangenheit weggefallen, und erhöhte die Schenkungsteuer entsprechend. Der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG war durch die Übertragung der KG-Beteiligung bereits ausgeschöpft und spielte insoweit keine Rolle.
Entscheidung
Der Freibetrag(santeil) nach § 13a Abs. 1 ErbStG und der verminderte Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG fallen bei einem nach § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG begünstigten Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 1 Hs. 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit u.a. dann weg, wenn Vermögen der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft, eine natürliche Person oder eine andere Körperschaft nach den §§ 3 bis 16 UmwStG übertragen wird. Diese Nachversteuerungsregelung erfasst u.a. die hier vorliegende Verschmelzung einer GmbH unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Aufnahme durch Übertragung von deren Vermögen als Ganzes auf eine bestehende Personengesellschaft.
Der Anwendungsbereich des § 13a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 Alt. 3 ErbStG lässt sich nicht auf Fälle beschränken, in denen ein Anteilsinhaber der übertragenden Kapitalgesellschaft von einem Abfindungsangebot nach § 29 UmwG Gebrauch macht. Die Vorschrift knüpft allein daran an, dass das Vermögen der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft, eine natürliche Person oder eine andere Körperschaft übertragen wird. Die Erforderlichkeit einer – unmittelbaren oder mittelbaren – Verteilung des Vermögens der Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter, etwa durch Barabfindung, als tatbestandsmäßige Voraussetzung ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.
Praxishinweis
Anders ist der umgekehrte Fall der Verschmelzung einer Personen- auf eine Kapitalgesellschaft zu beurteilen. Nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG führt nämlich eine Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 UmwStG aus dem Betriebsvermögen i.S. des § 13a Abs. 4 ErbStG in eine Kapitalgesellschaft, worunter auch die Verschmelzung einer Personen- auf eine Kapitalgesellschaft zu verstehen ist, allein noch nicht zur Nachversteuerung; vielmehr setzt diese zusätzlich eine Veräußerung der durch die Sacheinlage erworbenen Anteile an der Kapitalgesellschaft innerhalb der Behaltensfrist von fünf Jahren nach dem begünstigten Erwerb der Beteiligung an der Personengesellschaft voraus.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 10.5.2006, II R 71/04