Sofern die Einkünfte i. S. d. § 20 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben, ist die Einkommensteuerschuld des Anlegers abgegolten.[1] Sie muss daher nicht mehr in der privaten Steuererklärung aufgenommen werden. Ist der persönliche Steuersatz niedriger als der Satz der Abgeltungssteuer, kann die Günstigerprüfung beantragt werden.[2] Diese Prüfung führt das Finanzamt durch und dazu muss die Anlage KAP bei der Jahressteuererklärung vollständig ausgefüllt werden. Werden Ehepartner/eingetragene Lebenspartner gemeinsam veranlagt, müssen beide Eheleute/Lebenspartner diese Anlage ausfüllen.

Die Festsetzung der Steuer in einem Änderungsbescheid nach Eintritt der Bestandskraft, die aufgrund der im Änderungsbescheid berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen erstmals eine erfolgreiche Antragstellung gem. § 32d Abs. 6 ermöglicht, ist ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, das einen korrekturbedürftigen Zustand auslöst.[3]

Ein erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung gestellter Antrag auf Günstigerprüfung von Kapitalerträgen führt nicht zu einer nachträglichen rückwirkenden Anlaufhemmung, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Antragstellung bereits vor Eintritt der Festsetzungsverjährung vorgelegen haben.[4]

In den Vergleich, ob die nachträglich bekannt gewordene Tatsache der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen zu einer höheren[5] oder einer niedrigeren[6] Steuer führt, ist im Rahmen der Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG nicht nur die festgesetzte Einkommensteuer, sondern auch die durch den Abzug vom Kapitalertrag abgegoltene Einkommensteuer einzubeziehen.[7]

Die Abgeltungswirkung des § 43 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 EStG tritt auch ein, wenn die Kapitalertragsteuer nur zum Schein einbehalten worden ist. Eine tatsächliche Anmeldung und Abführung der Kapitalertragsteuer ist für die Abgeltungswirkung nicht erforderlich.[8]

Für nach dem 31.12.2014 zugeflossene Kapitalerträge gilt bezüglich der Kirchensteuer für Kapitalerträge das automatisierte Abzugsverfahren.

Die Kreditinstitute müssen seit 2015 unter Angabe der Identifikationsnummern ihrer Kunden einmal jährlich im Zeitraum vom 1.8. bis 30.9. beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)[9] anfragen, ob die Kunden zum 31.7. des Jahres kirchensteuerpflichtig waren. (= sog. "automatisiertes Kirchensteuerabzugsverfahren" gem. § 51a Abs. 2c Satz 1 Nr. 3 Satz 1 EStG).[10]

Auf Basis der den Abzugsverpflichteten vom BZSt bereitgestellten Informationen wird dann die auf die Abgeltungsteuer entfallende Kirchensteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.

Werden Zinseinnahmen zunächst nach dem regulären Einkommensteuertarif besteuert, löst eine spätere Anwendung der Abgeltungsteuer gem. § 32d Abs. 1 EStG eine Herabsetzung der als Zuschlag zur tariflichen Einkommensteuer festgesetzten Kirchensteuer aus. Die hiermit verbundene Minderung des Sonderausgabenabzugs für gezahlte Kirchensteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 1 EStG ist in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die insoweit geänderte Einkommen- und Kirchensteuerfestsetzung wirksam wird.[11]

 
Praxis-Tipp

Zinsen bei Darlehensverträgen mit nahen Angehörigen: Fremdvergleich

Darlehensverträge mit nahen Angehörigen unterliegen der strengen Prüfung des Fremdvergleichs.[12]

Wird der Darlehensvertrag mit einem Angehörigen steuerlich nicht anerkannt, kann der Darlehensnehmer die gezahlten Zinsen nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten absetzen. Der Angehörige, der sie tatsächlich vereinnahmt hat, muss sie aber dennoch versteuern. Zinserträge aus Ehegattendarlehen unterliegen gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG nicht dem Abgeltungssteuersatz.[13]

Die vom BFH aufgestellten Grundsätze zum Näheverhältnis i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG bei Kapitalgesellschaften finden auf Personengesellschaften entsprechende Anwendung.[14]

Dieser Auffassung ist auch der BFH.[15]

Sind Anteilseignerin und Schuldnerin der Kapitalerträge jeweils Kapitalgesellschaften, kann der Steuerpflichtige als Gläubiger der Kapitalerträge jedenfalls dann eine der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft nahe stehende Person i. S. d. § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG sein, wenn er aufgrund seiner Beteiligung über die Mehrheit der Stimmrechte in deren Gesellschafterversammlung verfügt.[16]

Ein Antrag nach § 32d Abs. 2 EStG kann auch noch nach Abgabe der Steuererklärung gestellt werden, wenn sich erst zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit erklärte Aufwendungen den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen sind.[17]

Zinsen aus einem Darlehen des Steuerpflichtigen an eine niederländische Kapitalgesellschaft, an der er mittelbar (über eine weitere niederländische Kapitalgesellschaft) zu mehr als 10 % beteiligt ist, waren nach der vor dem Inkrafttreten des JStG 2020 geltenden Rechtslage (§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a. F.) von der Abgeltungsteuer ausgeschlossen.[18]

Besonderheiten bei der Abgeltungsteuer für Verträge mit Angehörigen

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