Zusammenfassung

 
Überblick

Das Working Capital umfasst das durch die operative Geschäftstätigkeit gebundene Umlaufvermögen. Es wird als gebundenes, nicht zinsbringendes oder "totes" Kapital betrachtet, das sowohl die Liquidität als auch die Kapitalrendite eines Unternehmens reduziert. Das Working Capital sollte daher so gering wie möglich sein.

Ziel dieses Leitfadens ist es, die erfolgreiche und nachhaltige Optimierung des Working Capitals zu unterstützen. Dabei werden konkrete Empfehlungen für die drei Kernelemente Vorräte, Forderungen und Verbindlichkeiten gegeben.

Da Prozessbeherrschung der Schlüssel guten Working Capital Managements ist und die relevanten Prozesse die wesentlichen Funktionsbereiche eines Unternehmens durchaus konfliktträchtig berühren, sind Prozessmanagement und mögliche Konfliktfelder Schwerpunkte dieser Publikation.

1 Grundlagen des Working Capital Managements

1.1 Zielsetzung

Der Begriff des Working Capital Managements beinhaltet die Planung, Steuerung und Optimierung des Working Capital als Saldogröße kurzfristigen Vermögens abzüglich kurzfristiger Verbindlichkeiten. Die damit verbundenen Ziele, Prozesse und Aktivitäten können dabei von 2 sehr unterschiedlichen Standpunkten aus definiert werden:

  1. Working Capital Management als Liquiditätssicherung
  2. Working Capital Management als Liquiditätsfreisetzung

Aus dem Blickwinkel der Liquiditätssicherung ist das Working Capital ein Gradmesser für die kurzfristige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens und dessen fristenkongruente Finanzierung. Ein positives Working Capital bedeutet, dass die kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten durch Vermögensteile gedeckt sind, die im gleichen Zeitraum in Liquidität umgewandelt werden können. Je höher das Working Capital ist, desto wahrscheinlicher kann ein Unternehmen seinen kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Daraus leitet sich die fristenkongruente Finanzierung als Kernaufgabe des Working Capital Managements ab.

Aus Sicht des 2. Standpunktes wird das Working Capital als das durch die operative Geschäftstätigkeit gebundene Umlaufvermögen betrachtet, das durch verzinsliches Kapital zu finanzieren ist. Dabei wird es als gebundenes, nicht zinsbringendes oder "totes" Kapital gewertet, das sowohl die verfügbare Liquidität als auch die Kapitalrendite eines Unternehmens reduziert. Das Working Capital sollte daher so gering wie möglich, wenn nicht idealerweise sogar negativ sein. Ein negatives Working Capital ergibt sich, sofern das in Vorräten und Forderungen gebundene Kapital durch die Lieferanten finanziert wird, d. h., dass die Lieferverbindlichkeiten höher sind als die Summe der Vorräte und der Forderungen gegenüber Kunden. In diesem Verständnis beinhaltet das Working Capital Management 3 Kernaufgaben:

  • die Reduzierung der Vorrats-Position,
  • die Reduzierung der Forderungs-Position sowie
  • die Erhöhung der Verbindlichkeiten-Position.

Working Capital Management zur Freisetzung nicht zinsbringenden Kapitals

Das nachfolgend skizzierte Working Capital Management folgt primär der Perspektive der Liquiditätsfreisetzung. Es wird jedoch in einen breiteren Kontext des Wertsteigerungsmanagements eingebunden, um Fehlsteuerungen einer isolierten Working Capital Sicht zu vermeiden. Der Optimierung/Reduktion des Working Capital sind nämlich dahingehend Grenzen gesetzt, wenn sie zu Lasten der Liquiditäts- und Versorgungssicherheit oder des Unternehmenserfolgs gehen. So lassen sich z. B. Kundenforderungen und damit das Working Capital durch Factoring, Gewährung von Skonti oder die forcierte Abwertung überfälliger Forderungen zu Lasten des Unternehmensgewinns relativ einfach reduzieren. Derartige trade-offs sind mit Sicht auf die angestrebte Wertsteigerung des Unternehmens jedoch nur positiv, wenn sie ganzheitlich sinnvoll sind.

1.2 Definition und Berechnung

Unterschiedliche Berechnungen in der Praxis angewendet

Die konkrete Definition und Berechnung des Working Capital werden in der Praxis von unternehmensindividuellen Faktoren, wie der Zielsetzung des Working Capital Managements, der Branche, dem Geschäftsmodell oder dem Rechnungslegungsstandard bestimmt. Die Bandbreite reicht dabei vom "all-inclusive"-Ansatz der Liquiditätssicherung bis zur ganz engen, operativen Definition des Working Capital Managements, bestehend aus Vorräten, Kundenforderungen und Lieferantenverbindlichkeiten (s. Abb. 1).

Der Fachkreis Working Capital Management erhebt nicht den Anspruch, einen bis ins Detail geregelten, allgemeingültigen Working Capital-Standard zu definieren, sondern vielmehr einen Orientierungsrahmen zu geben. Für den vorliegenden Leitfaden wird das Working Capital definiert als

  • das durch die operative Geschäftstätigkeit gebundene Umlaufvermögen,
  • dessen Positionen nicht zinstragend sind und
  • daher durch verzinsliches Kapital zu finanzieren ist.

Abb. 1: Bandbreite des Working Capital-Umfangs[1]

Dieser Definition folgend, reduziert sich das Working Capital auf die operativen und nicht zinstragenden Komponenten der kurzfristigen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten. Zinstragende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten wie z. B. Wertpapi...

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