Vorsteuern sind stets nur in dem EU-Mitgliedstaat erstattungsfähig, in dem sie angefallen sind. Maßgeblich sind dabei grundsätzlich die materiellen Vorschriften über den Vorsteuerabzug, die im Erstattungsland gelten.

 
Praxis-Beispiel

Keine Vergütung

  • Ein belgischer Arzt besucht 2022 einen Ärztekongress in Deutschland. Er nimmt mit Vorsteuern belastete Verpflegungsaufwendungen und Hotelleistungen in Anspruch. Hierfür hat er in Deutschland keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Vorsteuern, weil der Vorsteuerabzug mit Rücksicht auf die Steuerbefreiung für ärztliche Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG ausgeschlossen ist.
  • Ein deutscher Rechtsanwalt besucht 2022 einen Mandanten in Frankreich. Auch hier fallen Verpflegungsaufwendungen an. Der Rechtsanwalt hat in Frankreich keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Vorsteuern, weil für Reisekosten in Frankreich ein Vorsteuerabzug nicht gewährt wird.

Die Vorsteuervergütung ist in allen EU-Mitgliedstaaten beschränkt auf den Umfang, der für den Vorsteuerabzug nach dem jeweiligen nationalen Recht für die "normale" Umsatzsteuerveranlagung gilt. Vorsteuern auf bestimmte Kosten können nicht in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen geltend gemacht werden. Die meisten Staaten kennen sog. Vorsteuerausschlüsse. Das betrifft insbesondere den Bereich der Repräsentationskosten sowie Reisekosten und Aufwendungen für Unterbringung und Verpflegung. Aber auch im Bereich der Kfz-Aufwendungen existieren zum Teil weitreichende Vorsteuerausschlüsse.[1]

 
Wichtig

Erstattungsanspruch nur für tatsächlich steuerpflichtige Umsätze

Über die Höhe der Erstattung bestimmt nicht der Staat allein, in dem der Antrag gestellt wird.[2] Ein Unternehmer, der in seinem Sitzstaat nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, hat grundsätzlich Anspruch auf Rückerstattung von Vorsteuern, die in einem anderen (Erstattungs-)Staat angefallen sind. Auch Unternehmer, die mit ihren Umsätzen im Sitzstaat steuerpflichtig sind und im Erstattungsstaat steuerbefreit, haben Anspruch auf partielle Rückerstattung der im Erstattungsstaat angefallenen Vorsteuern.

Die Erstattung scheidet aus für in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge für Lieferungen (innergemeinschaftliche oder Ausfuhrlieferungen), die steuerfrei sind oder befreit werden können. Gleiches gilt für nach den Rechtsvorschriften des Erstattungsstaats fälschlich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuerbeträge. Damit scheidet – wie im normalen Besteuerungsverfahren – eine Erstattung aus für Steuern, die nur aufgrund eines unzutreffenden Steuerausweises, nicht aber aufgrund des Umsatzes geschuldet werden.

Um nicht Gefahr zu laufen, evtl. auf einer überhöht ausgewiesenen und bereits an den ausländischen Vertragspartner gezahlten Umsatzsteuer "sitzen zu bleiben", sollte sich der Unternehmer immer überzeugen, dass die ihm in Rechnung gestellte Steuer dem Grunde und der Höhe nach zutreffend ist. Das gilt insbesondere für den Steuersatz.[3]

Ein Unternehmer, der in seinem Sitzstaat gemischte (teils steuerpflichtige, teils steuerfreie) Umsätze bewirkt, hat grundsätzlich auch in einem solchen Fall Anspruch auf Erstattung von Vorsteuern eines anderen Mitgliedstaats.[4] Die Erstattung kann ihm nicht allein aufgrund dieser Tatsache verweigert werden, da der Unternehmer in seinem Sitzstaat ebenfalls zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Der Umfang des Erstattungsanspruchs wird komplex ermittelt: Zunächst muss der Erstattungsstaat feststellen, wie hoch der Pro-Rata-Satz des Vorsteuerabzugs im Sitzstaat des Antragstellers ist. Dieser Pro-Rata-Satz bestimmt das Höchstmaß des Erstattungsanspruchs im Sitzstaat (der Unternehmer ist im Sitzstaat bei gemischten Umsätzen nur anteilig zum Vorsteuerabzug berechtigt). In einem zweiten Berechnungsschritt muss der Erstattungsstaat prüfen, ob die im Sitzstaat steuerpflichtigen – zum Vorsteuerabzug berechtigenden – Umsätze auch im Erstattungsstaat zum Vorsteuerabzug berechtigen würden, wenn sie dort bewirkt worden wären. Ist dies nicht der Fall, muss der Pro-Rata-Satz des Sitzstaats entsprechend geändert werden. Dieser ggf. geänderte Pro-Rata-Satz stellt das Höchstmaß der anteilig zu erstattenden Steuerbeträge im Erstattungsstaat dar. In einem dritten Berechnungsschritt muss der Erstattungsstaat ermitteln, welche Ausgaben, für die der Antragsteller die Vorsteuererstattung beantragt, im Erstattungsstaat überhaupt zum Vorsteuerabzug berechtigen. Nur auf die Summe dieser Ausgaben kann der – zuvor ermittelte – Pro-Rata-Satz angewendet werden.

 
Praxis-Beispiel

Teils steuerpflichtige, teils steuerfreie Umsätze

Ein in Deutschland ansässiger Schriftsteller, der zu 70 % steuerpflichtige schriftstellerische Leistungen, 10 % steuerfreie Vermietungsleistungen und 20 % sonstige steuerpflichtige Leistungen (z. B. als Vortragender) erzielt, stellt 2022 in Lettland einen Antrag auf Erstattung von Vorsteuern, die auf die Kosten für die kurzfristige Miete eines Fahrzeugs in Lettland entfallen, das er für seine gesamte unternehmerische Tätigkeit nutzt.

D...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt ProFirma Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge