Die praktische Ermittlung der Herstellungskosten von Vorratsgütern vollzieht sich in mehreren Schritten:

  1. Entscheidung über den Umfang der zu aktivierenden Herstellungskosten (Herstellungskostenuntergrenze, Vollkosten, Zwischenwert),
  2. Festlegung des Verfahrens zur Bestimmung der Herstellungskosten (Einzelbewertung, Bewertungsvereinfachungsverfahren),
  3. Ableitung der bilanziellen Herstellungskosten aus der Kostenrechnung.

Die einzelnen Schritte unterliegen dem Gebot der Bewertungsmethodenstetigkeit.[1] D. h., die Entscheidung für eine bestimmte Abgrenzung der bilanziellen Herstellungskosten, für das Verfahren ihrer Ermittlung und ihre praktische Ableitung aus der Kostenrechnung ist für alle gleichen oder gleichartigen Vorratsgüter bindend, soweit kein begründeter Ausnahmefall i. S. d. § 252 Abs. 2 HGB vorliegt.

Als Alternativen zur Einzelbewertung kommen das Festwertverfahren, die Gruppenbewertung, die Durchschnittsmethode sowie die Bewertungsvereinfachungsverfahren gem. § 256 HGB in Betracht.

Mit Ausnahme der Festbewertung erfordern alle Verfahren der Herstellungskostenermittlung eine nachvollziehbare Aufwandserfassung und -zurechnung auf die einzelnen Bewertungsobjekte. Die Finanzbuchhaltung vermag das regelmäßig nicht zu leisten, da sie die Aufwendungen der Periode lediglich gegliedert nach einzelnen Aufwandsarten erfasst. Die weitergehenden Informationen für die bilanzielle Bestandsbewertung und für die Verbrauchserfassung muss daher die Kostenrechnung bereitstellen.

Da die Kostenrechnung andere Ziele verfolgt als die Finanzbuchhaltung, können ihre Daten nicht unmittelbar für die Bestands- und Verbrauchsbewertung herangezogen werden. Vielmehr sind Anpassungen erforderlich, um

  1. die Einhaltung des pagatorischen Prinzips sicherzustellen (Eliminierung rein kalkulatorischer Kosten);
  2. eine zutreffende Abgrenzung der dem Herstellungsvorgang sachlich zurechenbaren Kosten zu gewährleisten (Ausgrenzung solcher Kosten, die ihrer Art oder der Höhe nach keine Herstellungskosten i. S. v. § 255 Abs. 2, 3 HGB darstellen);
  3. die dem Herstellungsvorgang zeitlich zurechenbaren Kosten ordnungsgemäß abzugrenzen (Ausgrenzung der nicht auf den Zeitraum der Herstellung entfallenden Kosten).[2]

Art und Umfang der notwendigen Anpassungen richten sich zum einen nach der Abgrenzung der bilanziellen Herstellungskosten, zum anderen nach der Ausgestaltung der Kostenrechnung. Allgemein unterscheidet man folgende Kostenrechnungssysteme:

  1. Nach dem Zeitbezug:

    • die Istkostenrechnung verrechnet als Vergangenheitsrechnung alle tatsächlich angefallenen Kosten auf die jeweiligen Kostenträger;
    • die Normalkostenrechnung rechnet mit durchschnittlichen Istkosten vergangener Perioden (vergangenheitsorientierte Normalkosten);
    • die Plankostenrechnung verwendet geplante Kosten, die auf detaillierten Berechnungen und Messungen hinsichtlich des künftigen Mengen- und/oder Zeitgerüsts basieren.
  2. Nach dem Umfang der verrechneten Kosten:

    • die Vollkostenrechnung verrechnet alle angefallenen (Einzel- und Gemein-)Kosten auf die jeweiligen Kostenträger;
    • die Teilkostenrechnung rechnet nur einen Teil der angefallenen oder geplanten Kosten den Kostenträgern zu (z. B. Einzelkosten, variable Kosten), während der übrige Teil das Betriebsergebnis belastet.

Um die insgesamt aktivierungsfähigen bilanziellen Herstellungskosten zu ermitteln, eignet sich am ehesten die Istkostenrechnung in der Ausprägung als Vollkostenrechnung. Zu beachten sind jedoch die erwähnten Restriktionen für die Aktivierung von Gemeinkosten. Sollen nur Teile der Herstellungskosten angesetzt werden, sind Nebenrechnungen erforderlich. Dabei ist die eindeutige und vollständige Erfassung der aktivierungspflichtigen Bestandteile der Herstellungskosten sicherzustellen. Gleiches gilt beim Einsatz von Teilkostenrechnungssystemen.

Gegen die Verwendung von Normalkosten zur Ermittlung der bilanziellen Herstellungskosten ist grundsätzlich nichts einzuwenden, solange der als Normalbeschäftigung zugrunde gelegte Beschäftigungsgrad im Einklang mit dem Angemessenheitsprinzip des § 255 Abs. 2 Satz 2, 3 HGB steht.[3] Außerdem dürfen auf diese Weise maximal die tatsächlich angefallenen Kosten verrechnet werden. Unter den gleichen Voraussetzungen kommt eine Plankostenrechnung zur Berechnung der Herstellungskosten in Betracht.[4]

Die praktische Umsetzung dieser Vorgaben ist abhängig von der angewandten Kostenrechnungsmethode [(Stufen-) Divisionskalkulation, Äquivalenzziffernkalkulation, Zuschlagskalkulation, Kuppelkalkulation)].[5]

[1] Vgl. IDW RS HFA 38.
[4] Vgl. Schubert/Hutzler, in Beck Bil-Komm., 12. Aufl. 2020, § 255 HGB, Rn. 417.

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