Wer aus einem Vertrag zur Erbringung einer Leistung verpflichtet ist, vertraut darauf, dafür die vereinbarte Gegenleistung zu erhalten. Wird dieses Vertrauen nach Vertragsschluss, jedoch vor dessen Erfüllung zerstört, stellt sich für die zur Vorleistung verpflichtete Partei die Frage, ob sie "sehenden Auges" leisten muss, obwohl ihre Aussichten auf Erhalt der Gegenleistungen schlecht oder gar aussichtslos sind.

 

Beispiel 1

Ein Fachbetrieb für Heizung und Lüftung schuldet werkvertraglich den Einbau von 120 Flachheizkörpern in ein Bürogebäude. Nach Vertragsschluss und vor Beginn der Einbauarbeiten erfährt der Inhaber, dass der Bauherr bereits mehrere andere Bauhandwerker nicht mehr bezahlen konnte und deren Beitreibungsversuche erfolglos geblieben sind. Gleichwohl besteht der Bauherr auf termintreue Ausführung der Arbeiten.

In derartigen Fällen greift die Regelung in § 321 BGB ("Unsicherheitseinrede"); danach gilt Folgendes:

  • Der vorleistungspflichtige Teil kann die eigene Leistung zurückhalten, wenn"erkennbar"wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet ist. Dadurch wird vermieden, dass bei absehbarer, aber noch nicht eingetretener Vermögensverschlechterung "sehenden Auges" vorgeleistet werden muss, obwohl die Gegenleistung unsicher ist.
  • § 321 Abs. 2 BGB gibt dem Vorleistungspflichtigen in den Fällen des Abs. 1 die Möglichkeit, dem anderen Teil eine Frist zu bestimmen, in welcher dieser "Zug um Zug gegen die Leistung nach seiner Wahl die Gegenleistung zu bewirken oder Sicherheit zu leisten hat." Nach erfolglosem Ablauf dieser Frist kann er vom Vertrag zurücktreten. Damit wird vermieden, dass die Vertragsabwicklung wegen bestehender oder drohender Leistungsunfähigkeit des anderen Teils in einen zeitlich offenen Schwebezustand gerät.
 

Beispiel 2

In Beispiel 1 kann der Heizungsinstallateur zunächst die Leistung verweigern, weil bereits erkennbar ist, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet ist.

Der Bauherr kann dieses Leistungsverweigerungsrecht überwinden, indem er die vereinbarte Gegenleistung bewirkt, also den Werklohn überweist, oder aber eine Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Tut er dies, entfällt das Leistungsverweigerungsrecht des Installateurs: er muss die Heizkörper einbauen, weil sein Werklohnanspruch nicht mehr gefährdet ist.

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