Aus steuerlicher Sicht werden Verrechnungspreise als Preise und Konditionen für grenzüberschreitende[1] Geschäftsbeziehungen[2] zwischen verbundenen Unternehmen sowie zwischen Stammhaus und Betriebsstätte definiert. In Deutschland gelten Konzerngesellschaften dann als „verbundene Unternehmen/nahestehende Person” im Sinne der VP-Regelungen, wenn mittelbare oder unmittelbare Beteiligungsquoten von mindestens 25% bestehen[3]. In anderen Ländern kann dies abweichend definiert sein. Aufgrund der relativ niedrigen deutschen Beteiligungsquote ergeben sich in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten mit „konzerninternen” Transaktionen zu Joint-Venture-Gesellschaften, an denen der Konzern z. B. zu 49% oder 50% beteiligt ist. Häufig können konzernweit einheitlich angewandte VP-Strukturen nicht auf Joint-Venture-Gesellschaften übertragen werden, weil das Joint Venture nur unter den im Joint-Venture-Vertrag speziell zwischen beiden unabhängigen Partnern ausgehandelten Bedingungen überhaupt zustande kam. Sowohl die Tatsache, dass hier eine Vereinbarung zwischen Konzernfremden geschlossen wurde als auch die zu Grunde liegenden Konditionen und Preise sollten ausführlich in der VP-Dokumentation dokumentiert werden. Dies ist in der Praxis oftmals schwieriger als es scheint.

Steuerliche VP dienen ausschließlich der wertschöpfungsadäquaten Allokation des Konzernergebnisses. Bildlich gesprochen geht es hierbei lediglich um die „Verteilung des Kuchens” (also Konzerngewinn und somit Steuersubstrat) auf die Staaten, während VP aus Controlling-Sicht letztlich das Ziel der „Vergrößerung des Kuchens”, d. h. der Maximierung des Konzerngewinns verfolgen.

Steuerliche VP bieten gleichermaßen Risiken und Chancen. Im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung ist zu empfehlen, zunächst zu überprüfen, ob VP-Risiken bestehen, diese dann zu reduzieren oder gar zu beseitigen, um erst in einem zweiten Schritt zu analysieren, welche Chancen und Mehrwerte sich für das Unternehmen mittels steuerlicher VP realisieren lassen könnten.

Welche steuerlichen Risiken könnten bei unangemessenen VP entstehen?

  • Doppelbesteuerungen, ggfs. mehr als 100% Steuersatz: vgl. Teil B, Kapitel 5.1.1
  • Zinsnachzahlungen: vgl. Teil B, Kapitel 5.1.2
  • Strafzuschläge: vgl. Teil B, Kapitel 5.1.3
  • Strafrechtliche Verfahren: vgl. Teil B, Kapitel 5.1.4

Welche steuerlichen Chancen könnten sich durch eine seriöse VP-Planung ergeben?

  • Berücksichtigung des internationalen Steuergefälles und Senkung der Konzernsteuerquote durch z. B. folgende Sachverhalte: vgl. Teil B, Kapitel 5.2

Genauere Aussteuerung von Brutto- oder Nettomargen von Routine-Vertriebs- oder Routine-Produktionsgesellschaften

Nutzung von steuerlichen Verlustvorträgen

Ansiedlung neuer Funktionen/Abteilungen auch nach steuerlichen Gesichtspunkten

Quellensteuerreduzierung

Standortwahl und Gestaltung von Finanzierungstransaktionen

Standortwahl und Gestaltung von Know-how-Entwicklung und -Überlassung auch unter Berücksichtigung von Patentboxen und R&D Förderregimen

Dieses Praktiker-Handbuch richtet sich hauptsächlich an nicht-steuerlich vorgebildete VP-Anwender. Daher wird zugunsten der besseren Lesbarkeit größtenteils sowohl auf akademische und zu steuerrechtliche Ausführungen als auch auf umfangreiche Literaturrecherchen verzichtet. Allerdings findet der interessierte Leser die wesentlichen Zitate der steuerlichen Vorschriften und die Textziffern der verwendeten Rechtsgrundlagen in den Fußnoten. Zudem sind der Vollständigkeit halber in Teil B, Kapitel 15 wichtige und aktuelle praxisrelevante nationale und internationale Rechtsgrundlagen mit einer Kurzbeschreibung aufgelistet.

[1] Nach deutschem Steuerrecht sind ausschließlich grenzüberschreitende Transaktionen zu dokumentieren und unterliegen bei Unangemessenheit verschärften Sanktionen. In vielen anderen Ländern wie z. B. Belgien, Bulgarien, China, Dänemark, Finnland, Griechenland, Hongkong, Indien, Irland, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Russland, Spanien, Tschechien, Türkei, UK, Ungarn, USA u. v. m. gelten die VP-Vorschriften jedoch auch für intranationale Transaktionen. Vgl. PwC, „International Transfer Pricing 2014/2015”.
[2] Weitere Erläuterungen zur Definition einer „Geschäftsbeziehung” finden sich im Teil B, Kapitel 6.3.3.
[3] Vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG. Ein „Nahestehen” ist auch bei „beherrschendem Einfluss” und in den Fällen des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AStG gegeben.

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