Wenn man nicht weiß, mit wem man es als Verhandlungspartner zu tun hat, bleibt das spätere Verhandlungsergebnis dem Zufall überlassen – meist zum eigenen Nachteil.

Zuerst ist der Verhandlungsgegenstand abzuklären. Handelt es sich um den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen, um eine erste Kontaktaufnahme oder um ein mehr informelles Gespräch? Davon abgesehen kann der Charakter der Verhandlung je nach Bekanntheitsgrad zwischen privat und dienstlich oftmals fließend sein.

Angenommen, das Ziel der Verhandlung ist der Einkauf bzw. Verkauf von Produkten, so ist auch hier die Anfertigung einer standardisierten Checkliste sinnvoll. Diese Checkliste sollte ständig verbessert und aktualisiert werden. Bei der Einkaufsverhandlung einzelner Produkte wie z.B. einer Fräsmaschine ist ein zusätzliches technisches Datenblatt anzufertigen, welches die Spezifikationen der Maschine genau beschreibt. Bei der Beschaffung eines EDV-Systems mit zusätzlicher Software sind Lasten- und Pflichtenhefte zu erstellen, welche die Anforderungen an die Software genau definieren. Die Checkliste für die Beurteilung des Unternehmens des Verhandlungspartners kann folgendermaßen aussehen (s. Tab. 1):

 
Checkliste Stärken-Schwächen-Analyse
Unternehmen Ist-Analyse
Über welche Marktstellung verfügt das Unternehmen?
  • Marktführer
  • einziger Anbieter
  • viele Wettbewerber
Welches sind die Wettbewerber des Unternehmens? Unternehmen bzw. Lieferanten im In- und Ausland
Derzeitige Situation der Branche
  • Maschinenauslastung
  • Überkapazitäten
  • Preisdruck
Finanzieller Stand
  • Kredite
  • Eigenkapitalquote
  • Umsatz
  • Rendite
  • Aktienkurs
  • Eigentümer
  • Neuinvestitionen
Klassifizierung als Lieferant
  • Systemlieferant
  • A-Lieferant
  • B-Lieferant
  • C-Lieferant
Strategische Bedeutung für unser Unternehmen große, mittlere oder geringe Bedeutung
Referenzen
  • Kunden
  • Bankauskünfte
  • Schufa
  • IHK
  • Außenhandelskammer
  • Internet
Technologischer Stand
  • Technologiegrad
  • Mitarbeiterqualifikation
  • Auszeichnungen
Unternehmensphilosophie
  • Vertriebswege
  • Service
  • Führungsstil
Unternehmensgröße
  • Umsatz
  • Mitarbeiteranzahl
  • Niederlassungen
Qualitätsstandards

Z.B. nach

  • Qualitätsmanagementnorm ISO 9001:2015
  • ISO/TS 16949 (Automobilindustrie)
  • Umweltmanagementnorm ISO 14001:2015
zertifiziert?

Diese Checkliste bezieht sich hauptsächlich auf inländische Lieferanten bzw. Kunden. Bei Einkaufs- und Verkaufsverhandlungen mit ausländischen Partnern sind zusätzliche Kriterien vorab abzuklären. Folgende Punkte haben sich in der Praxis als wichtig erwiesen:

  • Zahlungsweise (Bank, Bürgschaft, Akkreditiv);
  • Zollvorschriften;
  • Gesetze, Verordnungen, Versicherungen;
  • Währung, Devisenbeschränkung;
  • Verhandlungssprache, Mentalität, Kultur;
  • Lieferbedingungen, Incoterms (Lieferung ab Werk etc.).

Welche Probleme im Ausland auftreten können, zeigt folgendes Praxisbeispiel.

 
Praxis-Beispiel

Schadenshöchstbegrenzung

Ein Mittelbetrieb lieferte eine Maschine im Wert von 250.000 EUR in ein asiatisches Land. Die Maschine wurde während des Transports im Empfängerland schwer beschädigt und das Unternehmen hoffte auf die Entschädigung durch die Versicherung des ausländischen Transporteurs. Wie sich herausstellte, zahlte die Versicherung aber nur einen Teil der Schadenssumme, weil es allgemeine Schadenshöchstbegrenzungen gab. Der Mittelbetrieb musste für den Großteil des Schadens selbst aufkommen.

Neben den rein sachlichen Fragen können für den Verhandlungserfolg oftmals die "Soft-Facts" den Ausschlag geben. Die Erzielung von dafür notwendigen Informationen verlangt oft ein gut funktionierendes Informationsnetzwerk, sowie Fingerspitzengefühl und Diplomatie. Auch hier erweist sich die Erstellung einer standardisierten Checkliste von Vorteil. Die Beantwortung folgender Fragen steht hier im Vordergrund (s. Tab. 2):

 
Checkliste Soft Facts
Fragenkatalog Ausprägung
Wer führt die Verhandlung?
  • Geschlecht
  • Name
  • Titel
  • beruflicher Werdegang
Machtposition innerhalb des Unternehmens?
  • Entscheider
  • "Graue Eminenz"
  • Sachbearbeiter
Wie dringend braucht er den Auftrag?
  • freie Kapazitäten
  • Prestigeauftrag
  • will gar keinen Auftrag sondern nur Markt sondieren?
Was weiß er schon über unser Unternehmen?
  • Prospekte
  • ehemaliger Mitarbeiter
  • frühere Kontakte
Was sind seine besonderen Interessen?
  • Produkte
  • Verfahren
  • Know-how
Kommunikativer oder verschlossener Mensch?
  • redet er gerne
  • guter Zuhörer

Tab. 2: Checkliste "Soft Facts"

 
Hinweis

Positive Neugier

Trotz der oft umfangreichen Vorarbeiten sollte man eine positiv gestimmte Neugier auf den Verhandlungspartner haben – ein wohlmeinendes positives Interesse erleichtert jede Vorbereitung und Verhandlung!

Eine negative Einstellung würde das Gegenüber über kurz oder lang an bewussten oder unbewussten Gesten, Mimiken und Bemerkungen erkennen. Damit wäre die Grundlage für eine erfolgreiche Verhandlung aber unnötigerweise gestört.

Sicher hat mancher Verhandlungsprofi in seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit Kunden und Partner gehabt, dessen Outfit und Benehmen vielleicht nicht immer den eigenen Vorstellungen entsprochen haben. Der Verhandlungspartner wirkte ungepflegt...

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