Die nachstehenden Ausführungen gelten nur für Gebäude, die aufgrund eines Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts vor dem 1.1.2011 angeschafft worden sind oder mit deren Herstellung vor dem 1.1.2011 begonnen wurde. Als Beginn der Herstellung gilt bei Gebäuden mit erforderlicher Baugenehmigung der Zeitpunkt der Stellung des Bauantrags, bei baugenehmigungsfreien Gebäuden, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt der Einreichung der Bauunterlagen.[1]

Nach der sog. Seeling-Rechtsprechung[2] war die private Mitbenutzung des dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zugeordneten Gebäudes steuerpflichtig, sodass der Unternehmer insoweit den Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt der Anschaffung/Herstellung bzw. Erhaltungsmaßnahme erhielt. Voraussetzung hierfür war allerdings, dass der Unternehmer den nicht unternehmerisch genutzten Wohnteil seinem umsatzsteuerlichen Unternehmen zugeordnet hatte. Beim dem sog. "Seeling-Modell" erhielt der Unternehmer auch den Vorsteuerabzug aus den anteilig auf die privat genutzten Räume entfallenden laufenden Ausgaben (Strom, Wasser, Gas, Reparaturen etc.); in gleicher Höhe und im gleichen Jahr fiel jedoch Umsatzsteuer auf die Privatnutzung an (die vorgenannten Kosten gehören zur Bemessungsgrundlage der Privatnutzung).

Neben den vorgenannten laufenden Ausgaben sind in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer auf die Privatnutzung/Wertabgabe auch die anteilig auf die Privaträume entfallenden Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten einzubeziehen, soweit diese zum Vorsteuerabzug berechtigten. Nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG sind die anteilig auf die Privaträume entfallenden vorsteuerbelasteten Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten auf 10 Jahre zu verteilen.[3]

 
Wichtig

Vorsteuerabzug für Wohnung nur bei rechtzeitiger Zuordnung zum Unternehmen

Wollte der Unternehmer aus einem bis zum 31.12.2010 angeschafften/hergestellten gemischt genutzten Gebäude mit mindestens 10 %iger unternehmerischer Nutzung den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs-/Herstellungskosten geltend machen, musste er neben den unternehmerisch genutzten Räumen auch die nichtunternehmerisch genutzten Räume dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zuordnen (Wahlrecht des Unternehmers), z. B. durch Geltendmachung des vollen Vorsteuerabzugs auch für die nichtunternehmerisch genutzten Räume. Diese Zuordnung war spätestens bis zum 31.5. des auf die Anschaffung bzw. den Beginn der Herstellung folgenden Jahres durch "Anzeige" beim Finanzamt vorzunehmen.[4] Andernfalls galt der nichtunternehmerisch genutzte Gebäudeteil als nicht dem Unternehmen zugeordnet; aus einer späteren Einlage war dann keine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG möglich.

Bei der Prüfung der mindestens 10 %igen Nutzung sind lt. Verwaltung als selbstständige, unabhängig vom Gebäude gesondert zu prüfende Wirtschaftsgüter zu sehen[5]:

  • bei einem gemischt-genutzten Gebäude ein späterer Anbau oder innerhalb der Wohnung ein Umbau oder eine Erweiterung,
  • Garagen, Swimmingpools, Gartenhäuser,
  • Fotovoltaikanlage auf dem Dach, unabhängig davon, ob sie nur montiert wird oder das Dach ersetzen soll oder ob die Dachflächen zum Betrieb einer Anlage verpachtet werden.

Entnahme oder Verkauf des Gebäudes vor Ablauf des 10-jährigen Vorsteuerberichtigungszeitraums: Will der Gebäudeeigentümer die spätere anteilige Rückzahlung der erhaltenen Vorsteuer aus der privat genutzten Wohnung an das Finanzamt (= Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG) vermeiden, muss die privat genutzte Wohnung mindestens 10 Jahre nach der erstmaligen Verwendung im umsatzsteuerlichen Unternehmen bleiben und steuerpflichtig genutzt werden.

 
Praxis-Tipp

Vorsteuerberichtigung vermeiden

  • Die Wohnung sollte daher in diesem Zeitraum nicht entnommen werden (z. B. durch 100 %ige Privatnutzung). Die Entnahme ist steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG und löst ggf. eine anteilige Vorsteuerrückzahlung aus den Bau- oder Anschaffungskosten an das Finanzamt aus (Vorsteuerberichtigung).
  • Wird das Gebäude verkauft, sollte es an einen Unternehmer für dessen Unternehmen verkauft werden. Die dann evtl. gegebene Geschäftsveräußerung löst beim Veräußerer keine Vorsteuerberichtigung aus.[6] Sollte keine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben sein, ist bei einem Verkauf an einen Unternehmer für dessen Unternehmen der Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG zulässig (Option zur Umsatzsteuer); der Käufer wird dann nach § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG zum Steuerschuldner (Reverse-Charge-Verfahren). Dagegen ist der Verkauf des Gebäudes an einen Nichtunternehmer steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG und löst eine Vorsteuerrückzahlung nach § 15a UStG an das Finanzamt aus.
  • Wird die Wohnung im 10-jährigen Vorsteuerberichtigungszeitraum fremdvermietet, sollte die Vermietung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgen (z. B. zu Bürozwecken), da dann auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG verzichtet werden kann.[7] Schädlich wäre eine zwingend steuerfreie Vermietung zu Wohnzwecken oder zu Bürozwecken an nicht v...

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