Rz. 6

Für aktive Steuerlatenzen nach § 274 Abs. 1 HGB ist zu berücksichtigen, dass sie schwerpunktmäßig dann entstehen, wenn eine Differenz zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen der Vermögensgegenstände und Schulden und deren steuerlichen Wertansätzen besteht und sich diese Differenz in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich umkehrt und in Folge zu einer Steuerentlastung führt.

Sollen latente Steuern auf Verlustvorträge aktiviert werden, so ist für die Gesamtbeurteilung zu beachten, dass steuerliche Verlustvorträge nur in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung berücksichtigt werden dürfen. Mit anderen Worten: Es besteht bei der Berechnung von aktiven latenten Steuern eine Berücksichtigungspflicht des Vorteils aus steuerlichen Verlustvorträgen, wenn der Ausgleich mit Gewinnen in den nächsten fünf Jahren überwiegend wahrscheinlich ist. Es stellt sich die Frage, ob etwaig aus der Handelsbilanz für Zwecke der Aufstellung eines Überschuldungsstatus übernommene aktive Steuerlatenzen zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung stehen und ihnen eine selbstständige Verkehrsfähigkeit zukommt. Die Berücksichtigung aktivierter latenter Steuern im Überschuldungsstatus sollte nicht von vornherein abgelehnt werden. Allerdings steht die Wahrscheinlichkeit der Nutzung der Steuervorteile in Anbetracht der bevorstehenden Liqudation durchaus in Frage (v. a. im Zusammenhang mit steuerlichen Verlustvorträgen), so dass dann eine Wertberichtigung der aktiven latenten Steuern in Betracht zu ziehen ist.[1]

Gem. § 248 Abs. 1 HGB unterliegen folgende Sachverhalte einem Aktivierungsverbot:

  • Aufwendungen für die Gründung eines Unternehmens,
  • Aufwendungen für die Beschaffung des Eigenkapitals,
  • Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen.

Auch die Aktivierung im Rahmen der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz ist nicht zulässig. Nach Auffassung von Mock sind Kosten für die laufende Neu- und Weiterentwicklung von Produkten und Produktionsverfahren ebenfalls unzulässig.[2] Für die Aufstellung der Handelsbilanz findet durch § 255 HGB eine Differenzierung nach Forschungs- und Entwicklungskosten im Rahmen der Bemessung von Herstellungskosten statt. Durch eine Konkretisierung in § 255 Abs. 2a HGB wird deutlich, dass speziell Entwicklungskosten aktivierungsfähig sind, wohingegen Forschungsaufwendungen weiterhin nicht aktiviert werden dürfen.[3] Nach der hier vertretenen Auffassung könnte eine solche Differenzierung in Forschungs- und Entwicklungskosten auch im Rahmen der Aufnahme bzw. Berücksichtigung innerhalb der Überschuldungsbilanz Berücksichtigung finden. Zumindest ist ein generelles Ansatzverbot für Kosten der Produktentwicklung bzw. für die Entwicklung von Produktionsverfahren für die Überschuldungsbilanz abzulehnen. M.E. kann sogar in Sonderfällen auch der Ansatz von Forschungskosten möglich sein. Für die Statusrechnung ist immer entscheidend, ob ein Käufer den infrage stehenden Positionen nachweislich über den eigentlichen Substanzwert des Unternehmens hinaus einen eigenen Wert beimisst. Dies ist für angefallenen Entwicklungsaufwand durchaus in Einzelfällen vorstellbar.[4]

[1] IDW S 11, Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen, Rz. 82.
[2] Mock, in Uhlenbruck, InsO, 2019, § 19 Rz. 126 ff.

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