8.1 Grundsätzliches zur Bewertung

8.1.1 Bezugnahme auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 1. Halbsatz EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen.[1] Die Bewertung erfolgt also prinzipiell mit den Anschaffungskosten bzw. wahlweise mit dem insoweit höheren Teilwert. Für den Fall, dass mit einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu rechnen oder eine Einrede der Verjährung möglich ist, kommt ein Ausweis in der Bilanz nicht mehr bzw. nur mit dem niedrigeren Teilwert von 0 EUR in Betracht.[2]

Höherer Teilwert

Auf der Passivseite verwandelt sich das Niederstwertprinzip in ein Höchstwertprinzip. Verbindlichkeiten "können" danach mit dem höheren Teilwert angesetzt werden, wenn dieser von Dauer ist.

Bei Geldschulden entsprechen die Anschaffungskosten grundsätzlich dem Nennbetrag.[3] Verbindlichkeiten sind daher im Zeitpunkt der Entstehung mit ihrem Erfüllungsbetrag[4] anzusetzen.[5]

8.2 Fremdwährungsverbindlichkeiten

8.2.1 Zugangsbewertung

Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten sind mangels besonderer Regelungen die allgemeinen Bewertungsgrundsätze des § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzuwenden. Ist die Höhe der Zahlungsverpflichtung im Fall einer Fremdwährungsverbindlichkeit von einem bestimmten Kurswert abhängig, ist grundsätzlich der Wert zum Zeitpunkt des Entstehens der Verbindlichkeit maßgebend (bei Fremdwährungsverbindlichkeiten der entsprechende Wechselkurs).[1] In der Steuerbilanz sind Fremdwährungsverbindlichkeiten im Zeitpunkt ihrer Entstehung mit dem Erfüllungsbetrag (Rückzahlungsbetrag) anzusetzen.[2] Der Erfüllungsbetrag ist der Betrag, der zur Erfüllung der Verbindlichkeit aufgebracht werden muss. Bei Geldschulden ist der Erfüllungsbetrag mit dem Rückzahlungsbetrag identisch, bei Sachwertverpflichtungen ist der im Erfüllungszeitpunkt voraussichtlich aufzuwendende Geldbetrag maßgebend.[3] Zum Zeitpunkt der Entstehung der Fremdwährungsverbindlichkeit ist diese mit dem stichtagsbezogenen Devisenkassamittelkurs oder mit dem vom BMF veröffentlichten Durchschnittskurs umzurechnen und zu passivieren.[4]

[3] BT-Drucksache 16/10067 v. 30.7.2008 S. 62.
[4] Goy, BBK 2016 S. 527 zu II. 1.

8.2.2 Folgebewertung

Die Fremdwährungsverbindlichkeit, d.  h. der Erfüllungsbetrag, ist zum auf die Entstehung der Schuld folgenden Bilanzstichtag mit dem Devisenkassamittelkurs umzurechnen.[1] Bei der Bewertung ist das Anschaffungskostenprinzip zu beachten, wonach der Zugangswert der Fremdwährungsverbindlichkeit nicht unterschritten werden darf.[2] Ist der in EUR umgerechnete Wert niedriger als der Zugangswert, bleibt es also beim Ansatz des Zugangswerts. Ein Währungsgewinn ist erst auszuweisen, wenn er sich durch Zahlung realisiert hat. Liegt der in EUR umgerechnete über dem Zugangswert, "kann" der höhere Teilwert nur angesetzt werden, wenn eine voraussichtlich dauernde Werterhöhung vorliegt.[3]

Nur unter der Voraussetzung einer voraussichtlich dauernden Erhöhung des Kurswerts kann an den nachfolgenden Bilanzstichtagen der höhere Wert angesetzt werden.[4]

Der höhere Teilwert kommt bei Fremwährungsverbindlichkeiten in Betracht, bei denen sich der Devisenkurs am Bilanzstichtag zuungunsten des Steuerpflichtigen entwickelt hat. Man spricht hier wie erwähnt von einer sog. Teilwerterhöhung, da es um Passiva geht.[5] Der Teilwert von Verbindlichkeiten zeigt sich in dem Betrag, den der Erwerber mehr bezahlen würde, wenn die Verbindlichkeiten nicht beständen oder wenn er sie vom Veräußerer nicht zu übernehmen brauchte.[6]

[7]

Eine voraussichtlich dauernde Erhöhung des Kurswerts einer Verbindlichkeit liegt nur bei einer nachhaltigen Erhöhung des Wechselkurses gegenüber dem Kurs bei Entstehung der Verbindlichkeit vor. Ein höherer Wertansatz der Verbindlichkeit, z.  B. aufgrund von Wechselkursschwankungen, ist steuerrechtlich nur dann zulässig, wenn diese Werterhöhung der Verbindlichkeit voraussichtlich von Dauer ist und dies der Steuerpflichtige darüber hinaus nachweist. Das BMF unterscheidet bei dieser Betrachtung zwischen Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs und solchen, die das Betriebskapital auf Dauer verstärken.[8] Letztere sind wie Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu bewerten, sodass eine negative Teilwertabschreibung bei lediglich üblichen Wechselkursschwankungen nicht in Betracht kommt. Hingegen können Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs höher bewertet werden, da sie nur kurzfristig dem Unternehmen dienen und sich deshalb Kursveränderungen – anders als bei langfristigen Verbindlichkeiten – prinzipiell nicht mehr im Laufe der Jahre ausgleichen könne...

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