Handelsrechtlich sind Rückstellungen mit ihrem notwendigen Erfüllungsbetrag anzusetzen. Hierbei handelt es sich um den nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung voraussichtlich aufzubringenden Betrag, in Form des bereits abgezinsten Nominalbetrages der Verpflichtung.[1]

Ungewisse Geldleistungsverpflichtungen sind mit dem voraussichtlich notwendigen Erfüllungsbetrag zu bemessen. Die Höhe des Verpflichtungsumfangs ist entsprechend der betriebsindividuellen Planungen zu schätzen, es sei denn, dass von einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit nicht auszugehen ist.[2]

Bei Sachleistungsverpflichtungen bemisst sich der Erfüllungsbetrag nach dem Wertverzehr für das Bewirken der geschuldeten Leistung. Das sind die der Erfüllungshandlung direkt oder im Weg einer Schlüsselung zurechenbaren Vollkosten. Bei Ermittlung der Vollkosten können handelsrechtlich auch Fixkosten einzubeziehen sein, wie z. B. die planmäßigen Abschreibungen einer Halle im Bereich der Rückstellungen für Gewährleistungen. Abschreibungen des Verwaltungsgebäudes oder vermeidbare Unterbeschäftigungskosten (sog. Leerkosten) sind nicht zu berücksichtigen.[3]

Der Schätzungsmaßstab erfordert eine nachvollziehbare, vernünftige kaufmännische Beurteilung aus Sicht des Abschlussstichtags, die vorliegende Tatsachen und wertaufhellende Entwicklungen berücksichtigt.

 
Achtung

Berücksichtigung künftiger Wertverhältnisse

In der Handelsbilanz sind nach aktuellem Recht zukünftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Erforderlich ist, dass am Abschlussstichtag bereits ausreichende objektive Hinweise für den Eintritt künftiger Preis- und Kostensteigerungen vorliegen. In der Steuerbilanz sind für die Rückstellungsbildung weiterhin zwingend die Wertverhältnisse des Bilanzstichtags maßgebend.

Der notwendige Erfüllungsbetrag kann sofort in voller Höhe oder ratierlich in Form einer Ansammlungsrückstellung zu passivieren sein. Ansammlungsrückstellungen können z. B. im Fall einer Ausbeutung eines Kiesgrundstücks bei Rekultivierungsverpflichtungen zu bilden sein.

[1] Vgl. Bertram/Heusinger-Lange/Kessler, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 13. Auflage 2022, § 253 Rz. 33.
[2] Vgl. Bertram/Heusinger-Lange/Kessler, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 13. Auflage 2022, § 253 Rz. 45.
[3] Vgl. Bertram/Heusinger-Lange/Kessler, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 13. Auflage 2022, § 253 Rz. 46-48.

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